Erzbistum Berlin streicht 400 Stellen

11. Juni 2003 in Deutschland


Kardinal Sterzinsky will bis 2005 das Haushaltsdefizit ausgleichen. Statt 207 Pfarren wird es nur mehr 106 geben, das Priesterseminar St. Petrus wird geschlossen.


Berlin (www.kath.net) Das mit 148 Millionen Euro hoch verschuldete Erzbistum Berlin wird 400 Stellen abbauen und die Zahl seiner Pfarrgemeinden halbieren. Damit soll innerhalb der nächsten drei Jahre die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit des Erzbistums wieder hergestellt werden, kündigte der Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Berlin an. "Spätestens 2008 werden wir nach dem jetzt vorliegenden Sparkonzept schuldenfrei sein", sagte der Kardinal bei der Präsentation des Sanierungsplans.

Dieser sieht unter anderem den Abbau von rund 400 der insgesamt ca. 2.700 Vollzeitstellen und eine Zusammenführung der jetzt 207 auf 106 Kirchengemeinden bis Mitte kommenden Jahres vor. „Katholische Schulen, Kindertagesstätten und der Religionsunterricht an staatlichen Schulen werden nach derzeitigem Stand beibehalten“, betonte Sterzinsky. Das Erzbistum will betriebsbedingte Kündigungen zum Ausgleich des Haushaltsdefizits vermeiden. Als „ultima ratio“ seien sie aber nicht ausgeschlossen, sagte der Kardinal. Das Erzbistum stehe derzeit mit der Mitarbeitervertretung in Verhandlungen über einen Sozialplan. Nach einer Einigung sollen noch im Juni bzw. Juli die ersten Gespräche mit den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geführt werden.

Bis Ende 2004 werden nach Angaben des Kardinals von den derzeit 207 Kirchengemeinden 29 unverändert bestehen bleiben, weil sie eine ausreichende Größe aufweisen bzw. bereits fusioniert sind. Die verbleibenden 178 Gemeinden werden in drei Wellen zu 77 Kirchengemeinden zusammengelegt. Insgesamt werde es letztlich 106 Kirchengemeinden geben. Die rechnerische Durchschnittsgemeinde werde 2004 über 4 statt bisher 6,4 Vollzeitstellen verfügen. Dies bedeute einen Abbau um etwa 255 (38%) von derzeit 680 Vollzeitstellen. Der Stellenabbau betreffe alle Berufsgruppen.

Kardinal Sterzinsky erklärte, die Organisation der Erzbischöflichen Kurie neu zu strukturieren. Neben der Zentralstelle werde es künftig vier statt bisher sechs Dezernate geben: Finanzen und Bau, Personal, Seelsorgeamt, sowie Schule. Von derzeit 160 Vollzeitstellen werden etwa 65 (40%) abgebaut. Aufgegeben werden u.a. die Tischlereiwerkstatt, das Institut für Lehrerfort- und Weiterbildung und die Arbeitsstelle für Zeitgeschichte. Weitere Einsparungen sollen nach Angaben des Kardinals die Neuorganisierung des Gebäudemanagements, eine Restrukturierung der Öffentlichkeitsarbeit, die Reduzierung der hauptamtlichen Diözesanrichter, sowie die Neuorganisation des Sekretariatsdienstes erbringen.

Die kategoriale Seelsorge werde für das Erzbistum Berlin auch weiterhin von zentraler Bedeutung sein, betonte Kardinal Sterzinsky. Die Sparmaßnahmen zielten u.a. auf die Beseitigung von Doppelstrukturen in der Verwaltung und die gemeinsame Nutzung von Sekretariaten. Insgesamt werden etwa 55 (35%) von derzeit 155 Vollzeitstellen abgebaut. Im Bereich Krankenhausseelsorge werde etwa ein Viertel der Vollzeitstellen wegfallen, die Versorgung der kleineren Krankenhäuser werde an die Gemeinden delegiert. Im Bereich Jugendseelsorge werde durch die räumliche Zusammenlegung von Erzbischöflichem Amt für Jugendseelsorge und Bund der Deutschen Katholischen Jugend ein Drittel der Stellen eingespart. Bei den fremdsprachlichen Gemeinden fällt jede zweite Stelle weg; die Integration mittlerer und kleinerer fremdsprachlicher Gemeinden in die Territorialgemeinden wird fortgesetzt.

Das Angebot an katholischen Schulen soll im bisherigen Umfang beibehalten werden. Das Erzbistum Berlin habe allerdings das Schuldezernat verpflichtet, Einsparungen vorzunehmen, sagte der Kardinal. Auch der Religionsunterricht an staatlichen Schulen werde im bisherigen Umfang aufrecht erhalten. Die Ausgaben würden allerdings auf dem aktuellen Niveau eingefroren. Als weitere Maßnahmen kündigte Kardinal Sterzinsky die Schließung des Priesterseminars St. Petrus und die damit verbundene Verlegung des Pastoralkurses an das Priesterseminar in Erfurt an. Das Priesterseminar Redemptoris Mater werde den Betrieb künftig ohne den Zuschuss des Erzbistums fortführen müssen. Gleichzeitig würden jedoch die Veranstaltungen der Katholischen Akademie in Berlin in vollem Umfang beibehalten. Insgesamt würden in diesen Einrichtungen 20 Vollzeitstellen wegfallen und Zuschüsse im Umfang von etwa eine Million Euro eingespart.

Zum Abbau der aufgelaufenen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt etwa 126 Millionen Euro werde sich das Erzbistum von einem Großteil seiner Immobilien trennen, kündigte Kardinal Sterzinsky an. Kirchlich genutzte Immobilien, insbesondere Kirchen, stünden aber nicht zum Verkauf. Gottesdienststandorte werden in aller Regel beibehalten. Sterzinsky dankte den deutschen Bistümern, die einen Solidaritätsbeitrag zur Entschuldung des Erzbistums Berlin in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro leisten werden.


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