1. Jänner 2016 in Österreich
Küng: "Gut auf Flüchtlingsstrom reagiert" - Krautwaschl: "Welt ist nach 2015 eine andere" - Schwarz: Migration, Arbeitslosigkeit, Schutz des Lebens und Umweltschutz zentrale Herausforderungen für 2016
St.Pölten-Graz-Klagenfurt (kath.net/KAP) Gemischte Bilanzen zogen die österreichischen Bischöfe im Blick auf das zu Ende gehende Jahr 2015, das sich, wie es der St. Pöltner Bischof Klaus Küng in seiner Silvesterpredigt sagte - in vielerlei Hinsicht als "bewegtes Jahr" darstellte, und das - wie es der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl auf den Punkt brachte - "uns und unsere Welt anders hinterlassen" habe. Der Kärntner Bischof Alois Schwarz nannte in seiner Silvesterpredigt u.a. Migration, Arbeitslosigkeit, der Einsatz für den Schutz des Lebens sowie für den Umweltschutz als zentrale und bleibende Herausforderungen auch für das neue Jahr.
"Mehrmals haben uns Schreckensnachrichten aus anderen Ländern erreicht: von Terror und Krieg, auch von schrecklichen Christenverfolgungen. Und was uns alle beschäftigt hat: das ist der gewaltige Flüchtlingsstrom, der ein Ausmaß erreicht hat, das wir uns vor einem Jahr nicht hätten vorstellen können", so der St. Pöltner Diözesanbischof Klaus Küng in seiner Predigt bei der Jahresschlussandacht im St. Pöltner Dom.
Er wolle aber jedenfalls positiv bilanzieren, sagte Küng: "Insgesamt haben wir - so scheint mir - viele Gründe, Gott zu danken, weil wir trotz aller Kriegswolken am Horizont ein weiteres Jahr in Frieden leben durften, uns trotz mancher wirtschaftlicher Probleme eines beachtlichen Wohlstandes erfreuen und im Zusammenhang mit den Flüchtlingen gerade auch kirchlicherseits gut reagiert haben."
Anfangs sei die diesbezügliche Reaktion aus verschiedenen Gründen eher zögerlich gewesen, aber dann hätten sich Pfarren, Klöster, Gläubige in unterschiedlichen Konstellationen immer stärker dem Anliegen geöffnet und viel geleistet.
Die Flüchtlingsproblematik werde die Kirche sicher weiter fordern und auch unabhängig von den Entscheidungen der Politik "werden wir jenen, die in Not sind, weiterhelfen, ohne eine obere Grenze festzulegen", betonte Küng und weiter wörtlich: "Wir werden jene, die kommen, in ihren Glaubensüberzeugungen respektieren, prinzipiell immer offen sein für alle, wenn sie wirklich in Not sind. Aber wir werden ihnen doch auch deutlich machen, dass wir von ihnen den gleichen Respekt auch für unsere Kultur, unseren Glauben erwarten, wenn wir sie bei uns aufnehmen."
Das von Papst Franziskus ausgerufene "Jahr der Barmherzigkeit" scheine wie eine Fügung zu sein: "Einerseits sind wir aufgefordert, großzügig zu sein, gerade gegenüber Menschen in Not. Andererseits sind wir auch noch in einem anderen Sinn persönlich angesprochen", sagte Küng: "Gott spricht uns an, klopft an unsere Türen, ladet uns ein, weckt auch unser Verantwortungsbewusstsein."
Alle Gläubigen sollten das Heilige Jahr als Chance und Anliegen betrachten, "persönlich an den Abenden der Barmherzigkeit teilnehmen und andere dazu mitnehmen, die Jubiläumskirchen aufsuchen, uns besinnen und andere einladen, dasselbe zu tun", so der Bischof. Er erinnerte daran, dass Papst Franziskus die Bedeutung des Bußsakramentes für das persönliche Bemühen um ein echtes Christsein betont. Küng: "Gerade dann, wenn wir unser Herz öffnen und unsere Schwierigkeiten und Fehler aufrichtig aussprechen, werden wir Gottes Barmherzigkeit erfahren, erwacht neuer Mut, werden wir in unserem Bemühen bestärkt."
Es sei zu erwarten, dass Papst Franziskus im Laufe des kommenden Jahres - "es kann auch ein wenig länger dauern" - die Ergebnisse der vatikanischen Familiensynode konkretisiert und Anregungen und Impulse zum Thema Familie vermitteln werde. Dass die Familie für den Einzelnen, aber auch für Kirche und Gesellschaft, für jede Pfarre, jede apostolische Arbeit von größter Bedeutung ist, gehöre zu den wesentlichsten Ergebnissen der synodalen Beratungen, so der Bischof: "Daher liegen wir zweifelsohne richtig, wenn wir in der Pfarre, in den Gemeinschaften Initiativen zugunsten der Familie auf den Weg bringen, vorhandene weiterführen und verstärken, genauso wie es dringend nötig ist, sich all jenen zuzuwenden, deren Familien zerbrochen oder in irgendeiner Weise in Not sind", sagte Küng. Es gehe nicht nur um den Empfang der Heiligen Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene. Es gehe um mehr.
Krautwaschl warnt vor Spaltung der Gesellschaft
Der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl erinnerte in seiner Silvesterpredig u.a. an die Amokfahrt im Juni in Graz mit Toten und Verletzten und an die vielen Flüchtlinge, die Österreich durchquert hätten oder auch hier geblieben seien. Zig Millionen Menschen seien darüber hinaus weltweit auf der Flucht und suchten nach Obdach. Die Terroranschläge in Paris zu Jahresbeginn und vor einigen Wochen rüttelten weiters am Sicherheitsgefühl vieler Menschen. In den terroristischen Akten werde zudem auf abartige Weise sichtbar, "dass nicht mehr der Mensch in seiner Würde als unantastbar gesehen, sondern zum bloßen Mittel verzweckt wird, eigenen wahnwitzigen Ideen zum Durchbruch zu verhelfen".
Der Bischof beklagte weiters, dass die Wirtschaftskrise Österreich nach wie vor im Griff habe: "Die Zahl der Arbeitslosen will nicht sinken, das Wirtschaftswachstum ist gering."
Die Klimaveränderung und Naturkatastrophen machten zudem deutlich, "wie sehr die Welt eine andere ist". Vorsichtig optimistisch sieht der Bischof diesbezüglich die Ergebnisse der Weltklimakonferenz in Paris und er verweist auf Papst Franziskus, der mit einem flammenden Appell in seiner Enzyklika "Laudato si" eingeladen habe, die großen Zusammenhänge zwischen Mensch und Natur nicht außer Acht zu lassen.
Christen müssten nach wie vor in vielen Weltgegenden um ihr Leben zittern und würden verfolgt, so Krautwaschl weiter: "Der Nahe Osten, in dem unser Herr und Gott Mensch geworden ist, scheint immer mehr christenleer zu werden. Wie und wer kann helfen?"
Der steirische Bischof warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft und ortete auch eine Auseinanderetzung rund um den gesellschaftlichen Generationenvertrag; u.a. hinsichtlich des Schutzes des Lebens am Lebensende. Auch Ehe und Familie seien einem Wandel unterzogen.
Krautwaschl ging in seiner Predigt auf die vatikanische Familiensynode ein und sagte wörtlich: "Deutlich wurde, dass die grundlegende Gestalt, in der sich Menschsein ereignet, weltweit alles andere als eine einheitlich anerkannte und entsprechend gelebte Wirklichkeit ist. - Was wird aus der kleinsten Zelle, die unsere Gesellschaft aufbaut, in Zukunft noch werden?"
All diese Entwicklungen würden verständlicher Weise Unruhe und viele Fragen mit sich bringen, so der Bischof. Die grundlegende Frage sei aber: "Was ist der Mensch?" und: "Wer ist der Mensch?", und im Kleinen: "Wer bin ich? Und was ist der Sinn meines Daseins? Was gibt, was stiftet Identität - auch für mich?" Diese Unruhe könne sich als Angst zeigen. Sie könne sich aber auch als heilsam erweisen, "weil wir uns auf der Suche wissen, unterwegs zum endgültigen Sein, unterwegs Schritt für Schritt, Jahr für Jahr".
Schwarz: Gesellschaft kann Herausforderungen meistern
Migration, Arbeitslosigkeit, der Einsatz für den Schutz des Lebens am Beginn und dessen Ende sowie für den Umweltschutz sind für den Kärntner Bischof Alois Schwarz zentrale und bleibende Herausforderungen auch für das neue Jahr. "Unsere Gesellschaft hat das Potenzial und die Erfahrung, diese Herausforderungen gemeinsam zu meistern", sagte Schwarz in seiner Predigt bei der Jahresabschlussmesse im Klagenfurter Dom. Gefordert seien dafür ein "sachlicher und vorurteilsfreier Blick auf reale Lebenssituationen, überlegtes und kluges Vorgehen, Gottvertrauen, eine gesunde Portion Optimismus sowie entschiedenes und solidarisches Handeln".
Das von Papst Franziskus ausgerufene "Jahr der Barmherzigkeit" sei vor allem beim Einsatz für Schwache, an den Rand Gedrängte und für Menschen, die keine Lobby haben, "Richtschnur und Handlungsanleitung". Echte Barmherzigkeit kenne keine Gegenforderungen und schaffe keine Abhängigkeiten, "sondern muss auf Augenhöhe geschehen". Das "Jahr der Barmherzigkeit" sei "eine Einladung, sich wieder auf die Mitte des Glaubens zu bewegen und sich neu darauf zu besinnen, wer wir als Christen sind".
In diesem Zusammenhang appellierte Bischof Schwarz erneut für ein "tolerantes, aber zugleich auch erkennbar mutiges christliches Selbstbewusstsein". Mut zu Bekenntnis heiße immer auch Mut zum Zeugnis: "Wir müssen noch mehr und besser im konkreten Alltag darstellen, wer wir als Christen sind. Das sind wir letztlich auch jenen Menschen schuldig, die bei uns eine neue Heimat suchen."
Es gelte klar und deutlich zu leben und zeigen, dass der christliche Gott ein Gott der Barmherzigkeit und Liebe sei. Dies müsse sich im alltäglichen Handeln, im Umgang miteinander und der Sorge füreinander wieder spiegeln. Barmherzigkeit sei "eine hoffende, wahrnehmende und hörende Aufmerksamkeit füreinander", die "ein leidenschaftliches Interesse für andere voraussetzt".
Papst Franziskus habe, so Bischof Schwarz, "in einem Zeitalter der Heimatlosigkeit, der Verfolgung, der Naturkatastrophen, der Kriege, der Armut, der unzähligen Menschen auf Flucht" mit dem Ausrufen dieses weltweiten "Jahres der Barmherzigkeit" ein starkes Zeichen gesetzt.
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