Nach Köln-Fiasko: Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau schützen!

8. Jänner 2016 in Interview


Integrationsexperte Ismail Tipi (CDU): Parallelgesellschaften haben „unsere Wertegemeinschaft als Ziel genommen“, es gibt „bereits Strukturen, die gegenüber den Frauen keine Achtung und keinen Respekt zeigen.“ kath.net-Interview von Petra Lorleberg


Wiesbaden (kath.net/pl) Der Gewaltausbruch am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht „war eine maßlose und in Deutschland bisher unbekannte Art und Weise, für eine allgemeine Verunsicherung der Gesellschaft zu sorgen.“ Das stellt Ismail Tipi, Abgeordneter im Hessischen Landtag und Integrationsexperte der CDU-Landtagsfraktion, im Interview mit kath.net fest. „Dass in mehreren Städten mit mehreren hundert Menschen gleichzeitig agiert wird, können nur in Deutschland fest strukturierte Organisationen bewältigen. Deswegen müssen wir nicht nur die Täter ermitteln, sondern auch nach Hintermännern und Mächten schauen, die das alles organisiert haben.“

In der Silvesternacht hatten in Köln im Bereich Hauptbahnhof und Domplatte offenbar viele junge Männer mit nordafrikanischem Aussehen Frauen eingekreist, sexuell stark belästigt und ausgeraubt. Inzwischen liegen von den Opfern über 150 Strafanzeigen vor, darunter offenbar zwei Anzeigen wegen Vergewaltigung. Inzwischen sind auch aus anderen Städten Übergriffe bekannt geworden. Die Vorgänge haben eine intensive Diskussion in der Gesellschaft ausgelöst.

kath.net: Herr Tipi, Wie stellt sich Ihnen das dar, was Bundesjustizminister Maas als „Gewaltexzesse“ in Köln bezeichnet?

Ismail Tipi: Es ist zweitrangig, wie man diese Vorkommnisse und sexuellen Übergriffe in Köln eigentlich bezeichnet. Das war eine maßlose und in Deutschland bisher unbekannte Art und Weise, für eine allgemeine Verunsicherung der Gesellschaft zu sorgen. Ob dies ein Gewaltexzess oder eine unverschämte Handlung von alkoholisierten Flüchtlingen oder Migranten war oder ein Akt der Kleinkriminellen, ist in der Gesamtfragestellung unbedeutend.

In Köln und in vielen anderen Städten in Deutschland kam es fast zeitgleich zu organisierten und strukturierten Gewalthandlungen, die den Verdacht nahelegen, dass es ein bewusster und organisierter Angriff auf unseren Staat war.

Deswegen müssen wir die Vorkommnisse in der Silvesternacht als ein Schuss in die Achillesferse verstehen und uns Gedanken machen, wer oder welche Mächte hinter dieser Aktion stecken.

kath.net: Unsere anfängliche Hoffnung, dass sich das Desaster in Köln als ein furchtbarer, aber doch vereinzelter Vorgang erweisen könnte, ist fehlgeschlagen. Ist es ein Zufall, dass nach Köln nun auch sehr verspätet Vorfälle aus anderen Städten bekannt werden?

Tipi: Dass es kein Zufall war, ist offensichtlich. Wenn man das glaubt, muss man sehr naiv sein. Bei diesen Vorfällen kann man deutlich sehen, dass fast militärisch organisierte Angriffe auf unsere Gesellschaft vorgeplant waren.

Soviel geplante Logistik kann kein Zufall sein. Dass in mehreren Städten mit mehreren hundert Menschen gleichzeitig agiert wird, können nur in Deutschland fest strukturierte Organisationen bewältigen.

Deswegen müssen wir nicht nur die Täter ermitteln, sondern auch nach Hintermännern und Mächten schauen, die das alles organisiert haben.

kath.net: In einem anderem Zusammenhang sagte Bundesinnenminister de Maizière neulich: „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.“ Haben wir möglicherweise auch aktuell in Köln und anderswo Vorgänge, deren genauere Hintergründe die Bevölkerung verunsichern könnte?

Tipi: Das ist genau das, was ich von Anfang gesagt habe. In Köln und in anderen Städten sind Übergriffe passiert, die bei mir den Verdacht eines waffenlosen Terrorakts hervorrufen.

Wenn heute die Politik manche Informationen zurückhält, mag das vielleicht dienlich sein, hilft aber der allgemeinen Verunsicherung und der Aufklärung der Bevölkerung nicht.

Bei mir entsteht der Verdacht, dass wir in Köln und in anderen Städten mit Demokratiefeinden zu tun haben, die das Ziel hatten, unsere friedliche Gesellschaft zu verunsichern, Angst zu schüren, einen Keil in die Gesellschaft zu bringen und unsere Werte anzugreifen.

kath.net: Sehen Sie ein Versagen der öffentlichen Medien? Wurden die Bürger zu spät und zu wenig umfassend informiert?

Tipi: Wenn das so wäre, ist das eine gefährliche Entwicklung. Gerade die freie Presse ist die vierte Gewalt in unserer Demokratie. Wenn die Medien sich selbst oder durch möglichen Druck zensieren, wäre das das Ende der freien Presse- und Meinungsbildung. Das ist genauso eine Gefahr für unsere Demokratie, denn ohne freie Presse gibt es auch keine freie Gesellschaft.

kath.net: In den sozialen Netzwerken ging im braun gefärbten Milieu die Ausländerhetze jetzt erst recht los. Das wollen wir in unserer Gesellschaft absolut nicht! Wie können wir über Vorgänge reden, bei denen Flüchtlinge/Immigranten unter Verdacht stehen, ohne dass wir den gefährlichen NPD-nahen Sumpf füttern?

Tipi: In unserer Gesellschaft dürfen wir nicht die drei Affen spielen. Wir müssen Probleme tabulos diagnostizieren. Bei der Diagnose können rassistische Tendenzen keinen Einfluss haben. Bei der Therapie des Problems können diese Tendenzen ihren Einfluss haben, aber ich glaube unsere Demokratie ist so stark, dass wir das nicht zulassen. Wir müssen alle extremistische Bestrebungen, linken, rechten oder religiösen Extremismus mit den uns zur Verfügung stehenden demokratischen und rechtstaatlichen Mitteln bekämpfen. Wir dürfen auf keinem Auge blind sein.

Wir müssen Klartext reden, Probleme beim Namen nennen und versuchen, diese in der Gesellschaft gemeinsam zu lösen.

Es hilft niemandem, unter falsch verstandener Toleranz und Multi-Kulti-Romantik Tatsachen zu verunglimpfen, kleinzureden oder unter den Tisch zu kehren. Wir sind eine Gesellschaft und haben eine gemeinsame Zukunft.

kath.net: Manche wiegeln nun ab: Es gehe doch nur um Taschendiebstahl mit etwas Ablenkung.

Tipi: Die ganzen Bemühungen, den Vorfall jetzt zu relativieren und kleinzureden, machen mich wütend. Das alles ist unerhört. Solche unverschämten Übergriffe dürfen wir nicht stillschweigend hinnehmen. Gerade jetzt müssen wir alle Klartext reden.

Ich verstehe es nicht, wenn man große Anstrengungen unternimmt, um einen Fall wie in Köln als einfache, kleinkriminelle Tatsache darzustellen.

Gerade dieses Verhalten wird unsere Gesellschaft spalten. Noch schlimmer, diese Kleinrederei wird ganz besonders das Wahlverhalten in unserer Gesellschaft verändern und das ist für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat sehr gefährlich.

kath.net: Frauen reagieren teilweise erheblich beunruhigt und verängstigt. Immerhin war es in Köln nicht einmal mehr möglich, dass Frauen unter den Augen der Polizei die öffentlichen Verkehrsmittel unter Wahrung ihrer körperlichen Integrität erreichen konnten. Ist unsere durch das Grundgesetz garantierte Vorstellung von Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in Gefahr?

Tipi: Deutschland hat die höchste Willkommenskultur. Diese wichtige Eigenschaft darf von niemandem missbraucht werden.

In Deutschland wurde unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit viel Unsinn zugelassen. Leider ist es auch so, dass die gesellschaftlichen aber auch religiösen Werte täglich von uns wegdriften.

In Zeiten wie diesen, wo Parallelgesellschaften unsere Wertegemeinschaft als Ziel genommen haben, ist auch sicherlich die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in Gefahr. Es gibt in Deutschland bereits Strukturen, die gegenüber den Frauen keine Achtung und keinen Respekt zeigen.

Freiheiten sind gut, Freiheiten können aber auch etwas ganz ätzendes sein, wenn man mit diesen nicht umgehen kann.

Deswegen ist es unsere Aufgabe in der Gesellschaft aber auch in der Politik, die im Grundgesetz und in der Verfassung garantierte Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu schützen. Der Staat und all seine Apparate müssen diese auch gewährleisten können.

Ich erinnere immer an einen Satz von meiner Mutter, der sinngemäß sagt: Das Paradies muss man nicht irgendwo im Himmel suchen, das Paradies liegt unter den Füßen der Frauen, denn sie sind unsere Geschwister, unsere Töchter und Mütter.

kath.net: Herr Tipi, wir wollen Flüchtlinge mit Bleibeperspektive integrieren. Was müssen wir dabei beachten? Müssen wir „robuster“ als bisher integrieren?

Tipi: Wir dürfen die Fehler, die wir in den letzten 50 Jahren Einwanderungsgeschichte gemacht haben, nicht wiederholen.

Wir müssen unsere Leitkultur fördern.

Wir müssen endlich erkennen, dass eine Multi-Kulti-Gesellschaft nie funktioniert hat. Wir müssen von der Kultur des Förderns und Forderns wegkommen zu einer Kultur des Forderns und Förderns.

Wir müssen unseren neuen Mitbürgern von Anfang an klar machen, dass sie hier willkommen sind, sobald sie unsere Verfassung, Grundgesetze und aber auch die gesellschaftlichen Werte anerkennen und sich zu Eigen machen.

Bei uns in Deutschland ist jeder willkommen, der hier eine neue Heimat finden will. Deutschland ist ein gastfreundliches, weltoffenes Land mit hervorragenden Lebensbedingungen.

Wir müssen diesen Menschen von Anfang an die deutsche Sprache beibringen, sie in unsere Wertegemeinschaft aufnehmen und sie in das Ehrenamt einführen.

In Deutschland kann es jeder zu etwas bringen, der bereit ist zu arbeiten, Leistung zu erbringen und Verantwortung zu übernehmen.

Wir müssen aber auch beachten, dass wenn jemand gegen unsere Werte und Demokratie agiert, er auch die Härte eines Rechtstaats spüren muss. Hier dürfen wir keine falsche Toleranz zeigen und keine Angst vor einer sehr oft geschwungenen Rassismus-Keule haben.

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