11. Februar 2016 in Weltkirche
Die Enzyklika sei aus einem guten Anliegen heraus entstanden und vertrete wichtige Prinzipien. Er vermisse aber ein profundes Verständnis der praktischen Zusammenhänge in Wirtschaft und Gesellschaft, schreibt Paul Anthony McGavin.
Rom (kath.net/jg)
Der Genius von Papst Franziskus liege in der zwischenmenschlichen Beziehung. Sein kultureller Hintergrund und seine Ausbildung würden ihn jedoch nicht unbedingt für abstrakte und systematische Untersuchungen prädestinieren, wie er es in der Enzyklika Laudato si versuche. Das Rundschreiben sei aus einer guten Absicht heraus entstanden, eine kürzere, fachlich profundere Veröffentlichung hätte dem Anliegen des Papstes aber besser gedient. Das schreibt Paul Anthony McGavin, katholischer Seelsorger an der Universität Canberra und emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften.
Die Enzyklika sei weder häretisch noch vollständig falsch. Die Sorge um die Welt sei ein fundamentales christliches Prinzip, das dem Menschen im Schöpfungsbericht der Genesis von Gott aufgetragen worden sei. Die Perspektive des Papstes sei aber statisch auf Bewahrung ausgerichtet. McGavin stellt dieser eine dynamische, auf nachhaltige und verantwortungsbewusste Nutzung der Ressourcen bedachte Perspektive (Stewardship) gegenüber.
Er wolle auch Franziskus Sorge um distributive Gerechtigkeit nicht in Frage stellen, fährt er fort. Das Problem mit Laudato si sei nicht die Forderung nach einer ganzheitlichen Entwicklung des Menschen sondern ein Mangel an Kenntnissen in den relevanten praktischen Fragen, schreibt McGavin.
Franziskus kritisiere die Wirtschaft und die Ökonomie ohne auf die ganz unterschiedlichen Ansätze einzugehen, die es in diesen Bereichen gebe. Der Enzyklika fehle weiters ein profundes Wissen über die Bedeutung von Institutionen, Organisationen und guter Führung in Politik und Wirtschaft. Er vermisse Themen wie Transparenz, Verantwortung und Kontrolle, die wesentlich für ein funktionierendes Gemeinwesen seien. Statt verfalle der Papst häufig ins Moralisieren, was er etwa in der Enzyklika Evangelii gaudium abgelehnt habe.
Link zum Artikel von Paul Anthony McGavin (englisch):
chiesa.espresso.repubblica.it
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