9. April 2016 in Kultur
Er war fromm und verzweifelte an Gott. Das Deutsche Theater in Berlin bringt Hiob, den Roman des Österreichers Joseph Roth, auf die Bühne. Eine Rezension von idea-Reporter Karsten Huhn.
Berlin (kath.net/idea) Man muss sie einfach noch mal zitieren, die beiden ersten Sätze aus Joseph Roths Hiob, erschienen 1930, diesem Roman eines einfachen Mannes: Vor vielen Jahren lebte in Zuchnow ein Mann namens Mendel Singer. Er war fromm, gottesfürchtig und gewöhnlich, ein ganz alltäglicher Jude. Worte, schwer wie Ackerboden. Im russischen Schtetl Zuchnow lebt Anfang des 20. Jahrhunderts der jüdisch-orthodoxe Thora-Lehrer Mendel Singer mit seiner Frau Deborah und den vier Kindern Jonas, Schemarjah, Mirjam und Menuchim. Immer wieder wird er von Gott auf die Probe gestellt: Menuchim, der jüngste Sohn, sitzt regungslos auf der Bühne. Er leidet an Epilepsie. Das einzige Wort, das er spricht, heißt Mama. Die Tochter verliebt sich in einen Kosaken, und die beiden älteren Söhne sollen zum Wehrdienst eingezogen werden. Bernd Moss spielt Mendel Singer als mühselige und beladene Figur, in ewiger Sorge um seine Kinder. Ein grauer und hagerer Mann, mit schlichtem Gottvertrauen, fastend und betend, erdverbunden und himmelssehnsüchtig zugleich. Egal, was passiert: Gott kann helfen, sagt Mendel. Immer weißt du die falschen Sätze auswendig, klagt dagegen seine Frau Deborah.
Was hält, wenn nichts mehr bleibt
Vielleicht ist die Hiobsgeschichte die Mutter aller Theaterstücke. Sie handelt von unerfüllten Träumen, vom Älterwerden und Sterben und von der Frage, woran man noch festhalten kann, wenn nichts mehr bleibt. Die Schicksalsschläge prasseln auf Mendel ein: In der Not geht er ins Exil in die USA und lässt seinen kranken Sohn Menuchim zurück. Mendel fühlt sich verloren im fremden Land und er vermisst sein Kind. Der Erste Weltkrieg wütet, der eine Sohn ist verschollen, der andere stirbt, die Tochter kommt ins Irrenhaus, Mendels Frau rafft der Kummer dahin. Die Hiob-Inszenierung findet dafür starke Bilder: Als der eine Sohn im Krieg stirbt, steigt er aus seinen Schuhen aus und geht. So leert sich die Bühne, bis Hiob ganz allein dasteht.
Und Mendel? Er schreit seinen Kummer himmelwärts. Gott kann helfen immer wieder sagt er es. Weinend, lachend, wütend ruft er sein Glaubensbekenntnis, bis er heiser ist.
Dann geschieht das Wunder: Mendels Sohn Menuchim, der schwache und sprachlose, ist ein erfolgreicher Pianist geworden. Wie ein Erlöser sucht und findet er seinen Vater, tröstet und umsorgt ihn.
Nachrichten von Unglücken und Katastrophen nennt man oft Hiobsbotschaften. Doch Hiobs Botschaft ist eine andere: Gott kann helfen.
Hiob, nach dem Roman von Joseph Roth, Regie: Anne Lenk, Darsteller u.a.: Bernd Moss, Almut Zilcher, Edgar Ecker. Nächste Aufführungen am 9. und 24. April
Foto: Symbolbild Hiob
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