27. April 2016 in Interview
Stichwahl bei der Österreichischen Bundespräsidentenwahl zwischen Alexander Van der Bellen (Grüne) und Norbert Hofer (FPÖ) am 22. Mai. Was denken die beiden Politiker über Gender, Abtreibung, Euthanasie, Flüchtlinge u.a. - kath.net hat nachgefragt
Wien (kath.net)
In Österreich findet am 22. Mai die Bundespräsidentenwahl statt. kath.net hat dazu bereits vor einigen Wochen mehrere Fragen an alle Kandidaten verschickt und veröffentlich heute nochmals die Antworten von Alexander Van der Bellen (GRÜNE) und jetzt auch die Antworten von Norbert Hofer (FPÖ). Diese haben uns nach dem 1. Wahlgang erreicht.
kath.net: Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Amtszeit als Bundespräsident setzen, wenn Sie gewählt werden?
Norbert Hofer: Mir ist der Ausbau der Direkten Demokratie nach dem Vorbild der Schweiz ein ganz großes Anliegen. Alles, was im Parlament entschieden wird, kann auch Inhalt eines Volksbegehrens sein. Mehr Direkte Demokratie gibt den Menschen die Möglichkeit, auch von sich aus tätig zu werden und Initiativen in Gang zu setzen. Und das braucht auch unser Land, um der viel vielzitierten Politik(er)verdrossenheit entgegenzuwirken. Ich möchte auch ein aktiver Präsident sein, der so oft als möglich den Nationalratssitzungen im Parlament beiwohnt und in engem Kontakt mit der Regierung steht, um wichtige Themen anzusprechen und einzumahnen. Außerdem möchte ich verstärkten Kontakt etwa über soziale Medien - mit der nächsten Generation pflegen.
Van der Bellen: Sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene wird derzeit zu viel gegeneinander und zu wenig miteinander gearbeitet. Als Bundespräsident werde ich die Regierung zu einer gemeinsamen, zielgerichteten aber kompromissbereiten Vorgangsweise in den großen Herausforderungen unserer Gesellschaft mahnen. Die beste Bildung für unsere Kinder, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der immer größer werdenden Schere zwischen arm und reich, Maßnahmen zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen gegen Klimawandel und Umweltzerstörung können wir nur gemeinsam lösen.
kath.net: Die Flüchtlingskrise beschäftigt Österreich spätestens seit dem letzten Sommer. Unser Land hat viele Menschen aus einem anderen Kulturkreis, mit teilweise stark divergierenden Wertvorstellungen zu Fragen wie Demokratie, Menschenrechte und Religionsfreiheit aufgenommen. Wie sehen Sie die Probleme, die sich für die Integration in Gesellschaft und Arbeitswelt ergeben und wie wollen Sie als Bundespräsident darauf reagieren?
Norbert Hofer: Die arbeitsrechtlichen Probleme sind derzeit besonders problematisch, da der österreichische Arbeitsmarkt ohnehin mit fast einer halben Million Arbeitslosen belastet ist. Ein noch größeres Problem sehe ich allerdings in der großen Menge an Asylanträgen in Österreich von muslimischen Männern (zwischen 70 und 80 Prozent), was auch offizielle Zahlen des BMI belegen. Diese haben eine völlig andere Wertvorstellung und sind einen anderen Umgang mit Frauen gewohnt. Während das Christentum geprägt ist von Humanität und Toleranz, werden im Islam Andersgläubige prinzipiell Ungläubige genannt. Hier prallen verschiedene Welten aufeinander. Falsch verstandene Toleranz führt dazu, dass viele dieser jungen Migranten keinen Grund sehen und auch keinen Antrieb haben, sich an unsere Gesetze und Lebensart anzupassen. Daher braucht es hier bei Integrationsverweigerung auch konsequentes Vorgehen, beginnend mit der Aberkennung von Sozialleistungen bis hin zur Abschiebung.
Van der Bellen: Österreich hat in seiner Geschichte immer geschafft, Menschen, die zu uns gekommen sind, aufzunehmen und zu integrieren. Die Herausforderungen sind im Moment besonders groß. Die Kriege und Krisen in vielen Regionen, die an Europa angrenzen, treiben Menschen in die Flucht. Ich werde mich auf europäischer Ebene um Lösungen in der Region bemühen, aber auch eine stärkere Solidarität in Europa einmahnen, weil auf Dauer Schweden, Deutschland und Österreich nicht die Arbeit der ganzen EU machen können.
kath.net: Die Gendertheorie hat Politik und Gesellschaft in den letzten Jahren stark beschäftigt. Sie postuliert die Unabhängigkeit des sozialen Geschlechts vom biologischen. Das hat Konsequenzen in vielen Bereichen wie Erziehung/Bildung, Ehe- und Familienrecht einschließlich gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und Adoption. Sollte Österreich die Gendertheorie in Zukunft noch mehr in seinen politischen Maßnahmen berücksichtigen?
Norbert Hofer:Ich halte nichts von der Gender-Theorie, das Geschlecht sei sozial anerzogen. Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur in ihren biologischen Merkmalen sondern auch in ihren Reaktionen und Verhaltensweisen. Weder eine Änderung des Textes der Bundeshymne noch das Binnen-I in helfen Frauen. Gute Frauenpolitik versucht nicht, die Geschlechter gegeneinander auszuspielen, sondern das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Wichtig sind in meinen Augen ordentliche Gehälter in den sogenannten Frauenbranchen, wie Einzelhandel oder auch in der Pflege. Hier wären die Sozialpartner dringend gefordert, endlich ordentliche Kollektivlöhne aus zu verhandeln. Auch die soziale Absicherung in der Karenzzeit oder im Alter sind wesentliche Punkte, die es gilt anzugehen.
Van der Bellen: Die gleichen Rechte von Menschen unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung sind mir ein natürliches und selbstverständlich gewordenes Anliegen. Die Erklärung der Menschenrechte, die im Artikel 1 die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit voranstellt, ist Grundlage für mein politisches Handeln .
kath.net: Ist generell die Regelungsdichte in Österreich zu hoch? Sind wirtschaftliche und persönliche Freiheit noch ausreichend gewährleistet? Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die zunehmenden Antidiskriminierungsgesetze?
Norbert Hofer: In den letzten Jahren wird in Österreich immer mehr und immer weiter geregelt, die Bewegungsfreiheit für den Einzelnen wird dabei immer weiter eingeschränkt. Vor allem für die Wirtschaft, die kleinen Unternehmen, führt diese überbordende Verwaltung oftmals dazu, dass die eigentlichen Tätigkeiten in den Hintergrund rücken. Österreich hat noch immer eine klein strukturierte Wirtschaft. 65 Prozent aller Arbeitsplätze werden von kleinen und mittleren Unternehmen geschaffen. Es muss daher eine große gemeinsame Kraftanstrengung unternommen werden, diese Regelungsdichte zu durchforsten und auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Antidiskriminierungsgesetze sind wohl notwendig, andererseits führen sie teilweise gerade eben zur Diskriminierung: Beispielsweise die Regelung, wonach bei der Bewerbung zweier gleich qualifizierter Personen stets der Frau der Vorzug gegeben werden muss. Ich halte das für diskriminierend gegenüber Männern. Mein Ansatzpunkt wäre hier, Menschen mit minderjährigen Kindern zu bevorzugen. Selbstverständlich sind aber auch Antidiskriminierungsgesetze in vielen Bereichen notwendig. So soll niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung, ethnischen Herkunft oder seines Religionsbekenntnisses diskriminiert werden.
Van der Bellen: Gleiche Rechte für alle Menschen bedeutet mitunter besonderen Schutz für Minderheiten oder Menschen, die Personengruppen Diskriminierung ausgesetzt sind. Das wird besonders deutlich, wenn wir den Blick über die Grenzen Europas in autoritäre oder diktatorische Regime wenden.
kath.net: Ist das Leben des Menschen in seinen schwächsten Phasen - zu Beginn (Abtreibung) und am Ende (Euthanasie) - ausreichend geschützt?
Norbert Hofer: Nein. Am Ende des Lebens bietet die Gesetzeslage in Österreich grundsätzlich einen guten Schutz. Am Anfang des Lebens ist es überhaupt nicht geschützt. Zum einen gibt es seit Mitte der Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts die Fristenlösung. Leider werden in Österreich bis heute keine Statistiken darüber geführt, wie viele Abtreibungen jährlich durchgeführt werden. Seit der Einführung waren es wohl einige hunderttausend. Noch dramatischer scheint mir die Situation für behinderte Kinder. Diese dürfen bis zum Tag der Geburt im Mutterleib getötet werden. Das bedeutet, lebensfähige Kinder dürfen getötet werden. Diese Vorstellung ist unerträglich, seit Jahren kämpfe ich dafür, dass der Eugenische Schwangerschaftsabbruch verboten wird.
Van der Bellen: Ich wünsche mir eine kinderfreundlichere und menschenfreundlichere Gesellschaft. Im Bereich der sozialen Unterstützung von Frauen in schwierigen Situationen gibt es sicher noch weiteren Ausbaubedarf. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Diskussion um die Deckelung von Mindestsicherungsleistungen sehr kritisch, da diese Maßnahme vor allem Familien mit mehreren Kindern treffen würde. Auch die Hospizbetreuung muss in Österreich stärker ausgebaut werden, damit Menschen an ihrem Lebensende durch professionelle medizinische Betreuung und gute Begleitung die Angst vor Schmerzen und Einsamkeit genommen werden kann und sie in Frieden Abschied nehmen können.
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