28. Mai 2016 in Deutschland
Der Katholikentag fragt: Wie steht es heute um Medien und Moral - zwischen Dieter Bohlen, Jan Böhmermann und Benedikt XVI.? Bischof Oster: Kirche immer schon Opfer von Angriffen gewesen. Von Gottfried Bohl (KNA)
Leipzig (kath.net/KNA) Wortspiele sind beliebt bei Katholikentagen - und wenn es dann auch noch um Medien geht, darf's auch schon mal ein bisschen mehr sein. Alliterationen zum Beispiel: «Verhöhnt, verhetzt, verdammt» ist die Diskussion überschrieben. Und es geht um «Menschenbild und Medienwirkung», wie der Untertitel weiter verrät. Dahinter verbirgt sich dann eine muntere und überaus gut besuchte Debatte mit ernsten Zwischentönen zwischen Bohlen, Böhmermann und Benedikt XVI.
Becker nicht zu vergessen. Jürgen Becker, seines Zeichens Kölner Kabarettist und Kirchenkenner. Der gibt - leider nur per Videobotschaft - den Startschuss mit einem Parforceritt durch die Satireskandale und Mediendebatten der letzten Monate und Jahre.
Natürlich geht es um Böhmermann und Erdogan, aber auch um das «Titanic»-Titelbild mit Benedikt XVI. und einer befleckten Soutane. Um «Charlie Hebdo», aber auch um das Bild des toten Flüchtlingskinds an der türkischen Küste. Und um diverse Shitstorms rechter Radaubrüder und -schwestern.
Beckers Botschaft: Satire macht vor nichts Halt, aber es gibt auch Grenzen - wobei die nicht zu eng gezogen werden dürfen. Und auch mit manchen Castingshows und dem dort verbreiteten Menschenbild geht der Kabarettist hart ins Gericht. Ins Jüngste Gericht sozusagen, wie Becker betont. Denn das sei ja die Mutter aller Casting-Shows: «Gott entscheidet, wer in den Himmel und wer in die Hölle kommt. Der Unterschied zu Dieter Bohlen: Gott weiß, dass er nicht Dieter Bohlen ist.»
Eine Steilvorlage, die die Podiumsgäste gerne aufgreifen: ZDF-Chefredakteur Peter Frey etwa wundert sich manchmal, «wozu Menschen bereit sind, wenn sie sich zumindest einen kurzen Ruhm versprechen». Und Talkshow-Moderatorin Maybrit Illner überlegt immer wieder, «wie man manche Teilnehmer von Castingshows besser vor sich selbst schützen kann».
Der Passauer Bischof Stefan Oster kennt «natürlich» Dieter Bohlen und seine Shows, auch wenn er alles andere als regelmäßiger Zuschauer oder gar Fan ist. Doch der gelernte Journalist und frühere Radiomoderator hat seine eigene Theorie für das Phänomen hinter so mancher Niedermachshow: «Wer sich nicht geliebt weiß, der sucht nach Anerkennung. Und wenn er die im persönlichen Umfeld nicht mehr findet, dann sucht er Likes auf Facebook oder Anerkennung in Castingshows - notfalls auch negative Anerkennung.»
Von der Castingshow zurück zur Satire: «Die muss stattfinden können», betont auch Medienanwalt Gernot Lehr. Und nicht etwa, damit er weiter prominente Mandanten wie Christian Wulff oder Benedikt XVI. vor Gericht vertreten kann: «Satire muss Missstände aufzeigen. Aber es gibt auch unsägliche Herabsetzungen - etwa bei Benedikt XVI. Denn persönliche Verunglimpfungen sind etwas Anderes als eine Kritik am Amt des Papstes.»
Die Kirche sei immer schon Opfer von Angriffen gewesen, ergänzt Bischof Oster: «Sie muss aber nicht immer zurückschlagen.» Und er wundert sich auch wenig darüber, dass Spötter und Satiriker gerne Gottes Bodenpersonal aufs Korn nehmen: «Unsere moralische Messlatte liegt hoch. Daran müssen wir uns messen lassen. Und auch Kritik aushalten - jedenfalls wenn sie berechtigt ist.»
Und zum Schluss geht er aufs Ganze - der Bischof, der schon auf Facebook und in einem eigenen Blog bewiesen hat, dass er keine Scheu vor Shitstorms hat: «Wir trauen uns als Bischöfe zu wenig in Talkshows», betont er unter großem Beifall des Publikums. Maybrit Illner nickt sofort - und sucht jetzt vielleicht schon nach einem passenden Titel. «Kirche - Krise - Charisma» - oder «Gott - Geld - Gewissen» wären beispielsweise noch frei.
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