Istanbul: Hagia Sophia wird während des Ramadans zur Moschee

9. Juni 2016 in Weltkirche


Täglich erschallt der Gebetsruf von der einst größten Kirche der Christenheit


Istanbul (kath.net/idea) Die ehemalige Kirche Hagia Sophia in Istanbul wird für die Dauer des islamischen Fastenmonats Ramadan zur Moschee. Seit dem 6. Juni erfolgt der Gebetsruf mit Sonnenaufgang von dem heutigen Museum. Bis zum Ende des Fastenmonats am 5. Juli wird er im staatlichen Islam-Rundfunk TRT-Diyanet landesweit ausgestrahlt. Die im 6. Jahrhundert errichtete Hagia Sophia war lange die größte Kirche der Christenheit. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die (islamischen) Osmanen im Jahre 1453 wurde sie in eine Moschee umgewandelt. Der Staatsgründer der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk (1881–1934), machte das Gebäude schließlich zum Museum. Religiöse Zeremonien und Zeichen waren dort bislang untersagt. Der türkische Abgeordnete Samil Tayyar von der konservativen Regierungspartei AKP des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die aktuelle Maßnahme auch als Reaktion auf die Entscheidung des Deutschen Bundestages, den Mord an den Armeniern durch die Türken Anfang des 20. Jahrhunderts offiziell als „Völkermord“ zu bezeichnen. Die westlichen Christen seien keine Freunde der Türken mehr; man brauche daher auf sie keine Rücksicht zu nehmen. Gegenüber der regierungsnahen Zeitung „Sabah“ forderte er sogar, die Hagia Sophia müsse auch über den Ramadan hinaus Moschee bleiben.

Stephanuskreis: Die Äußerungen sind erschreckend

International stieß die Entscheidung auf Kritik. Der Vorsitzende des Stephanuskreises der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Heribert Hirte, nannte sie problematisch. Besonders kritisch beurteilt er die Aussagen Tayyars: „Das Erschreckende an seinen christenfeindlichen Äußerungen ist, dass er seinen muslimischen Landsleuten damit die Absolution erteilt, Angehörige des christlichen Glaubens in der Türkei zu diskriminieren.“ Mit der Glaubensfreiheit, wie sie in der türkischen Verfassung steht, habe das nichts mehr zu tun. Wer sage, man habe auf die westlichen Christen keine Rücksicht mehr zu nehmen, überschreite gerade als Abgeordneter eines demokratischen Parlaments eine wichtige Grenze.

Hirte beobachtet nach eigenen Aussagen schon seit längerem kritisch, wie die Türkei mit ihren christlichen Landsleuten umgeht: „Während ich aus dem Landesinnern vermehrt von Verstaatlichungen und Enteignungen kirchlicher Gebäude und Ländereien gehört habe, schien das christliche Leben in Istanbul bisher noch unproblematisch zu sein.“ Dass sich dies nun ändere, beängstige ihn.

Auch in Griechenland sorgt das türkische Vorgehen für Empörung. Das Außenministerium sprach von „Respektlosigkeit gegenüber religiösen Denkmälern“. Es erinnerte daran, dass die Hagia Sophia „zeitloses Symbol der orthodoxen Kirche“ und „Weltkulturerbe“ sei.

Informative Arte Doku: Hagia Sophia (Denkmäler der Ewigkeit)


Phoenix Doku: Istanbuls Hagia Sophia - Kirche, Moschee, Museum


Georgisch-orthodoxer Gesang mit wunderschönen Bildern aus der Hagia Sophia




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