11. Juni 2016 in Österreich
50.000 Menschen allein im Wiener Stephansdom - Veranstalter freuen sich über deutliches Zeichen einer "offenen und missionarischen Kirche".
Wien (kath.net/ KAP)
3.000 Veranstaltungen, 800 teilnehmende Kirchen und 330.000 Besucher. Diese Bilanz zogen die Verantwortlichen der "Langen Nacht der Kirchen", die heuer bereits zum zwölften Mal stattfand. Die Besucherzahl sei angesichts der Fußballkonkurrenz - zeitgleich fand in Frankreich das Eröffnungsspiel der Fußballeuropameisterschaft statt - als großer Erfolg zu werten, hieß es Freitagnacht in einer Aussendung. Im Vorjahr hatten rund 350.000 Menschen an der Kirchennacht teilgenommen.
Beeindruckt von der "Langen Nacht der Kirchen" zeigte sich einmal mehr der Wiener Bischofsvikar Dariusz Schutzki. Er habe diese Nacht als ein deutliches Zeichen einer "offenen und missionarischen Kirche" erlebt, so Schutzki am Abend im "Kathpress"-Gespräch: "Es geht um eine Kirche, die einlädt und zugleich hinausgeht zu den Menschen."
Der Bischofsvikar war in zahlreichen Kirchen und Klöstern in der Stadt Wien unterwegs und hatte auch zum Auftakt der "Langen Nacht" am Schweigemarsch für verfolgte Christen teilgenommen. Die Kirchen seien hier als eine Solidargemeinschaft aufgetreten, zog Schutzki zufrieden Bilanz: "Wir haben gemeinsam unsere Stimme erhoben um jenen eine Stimme zu verleihen, die keine haben."
Besonderer Besucherandrang herrschte traditionell in der Wiener Innenstadt, wo sich beispielsweise hunderte Gäste mit 15 Stadtführern ("Austria Guides") auf die Spuren von Jesuiten begaben oder sich alte Sagen und Legenden der Wiener Kirchen und Klöster näherbringen ließen. Eine Ecke weiter, in der Deutschordenskirche sprach der Flüchtlings-Experte Kilian Kleinschmidt über seine Erfahrungen im weltweit zweitgrößten Flüchtlingslager Zaatari im Norden Jordaniens. Aber auch die Kirchen in den Außenbezirken waren gut besucht. Den Weg in die Otto-Wagner-Kirche auf der Baumgartner Höhe zu einer außergewöhnlichen Führung mit Clownin Gwendolin Grübel fanden um die 100 Besucher, die der Clownin auch mal auf die Kirchenbank zu steigen halfen, damit auch alle einen guten Blick auf Ihre Gastgeberin fanden.
Besuchermagnet Nummer eins war erneut der Stephansdom, der jedes Jahr in der "Langen Nacht" bis zu 50.000 Menschen anzieht. Dompfarrer Toni Faber sprach gegenüber "Kathpress" von tausenden Händen, die er geschüttelt habe, sowie von unzähligen bereichernden Begegnungen. Viele Besucher hätten den Dom in dieser Nacht auch ganz neu kennen gelernt, als sie dem "Longfield Gospel Chor" lauschten oder die mit Projektionen bespielten Wolkenkonstruktionen von Eva Petric bewunderten, so Faber.
Besucherrekord in St. Pölten
Mit einem Besucherrekord konnte die Diözese St. Pölten in der "Langen Nacht der Kirchen" aufwarten. Begegnungen und Gespräche, Kunstgenuss und Kulinarisches, Gottesdienste und Besinnung zogen an diesem warmen Sommerabend und in der lauen Nacht geschätzte 30.000 Besucher in die Kirchen und auf die Plätze.
Zum Start der Kirchennacht stand das Heilige Jahr der Barmherzigkeit im Mittelpunkt: Dompfarrer Norbert Burmettler und Bischofssekretär Fritz Brunthaler erklärten vor dem St. Pöltner Dom die Bedeutung des Heiligen Jahres und der Heiligen Pforten. Der tschechische Künstler Karel Rechlik gab in der Bischofskirche einen Einblick in seine Gestaltung der Pforte als textiles Kunstwerk.
Die Ökumenische Dimension der "Langen Nacht" wurde bei einem gemeinsamen Vespergottesdienst mit katholischen und orthodoxen Gläubigen in der Pfarrkirche von St. Pölten-Stattersdorf sichtbar. Auch interreligiöse Begegnungen standen auf dem Programm: Die Pfarre Ybbs lud zum sehr gut besuchten und fröhlichen Ramadan-Fastenbrechen nach Sonnenuntergang ein. Die Pfarre Waidhofen an der Ybbs lud Menschen unterschiedlicher Herkunft zu Begegnung, Gebet und Information ein, um "voneinander zu erfahren, für den Frieden zu beten und miteinander zu feiern".
Auch Fußball war an diesem Abend ein großes Thema. So lud die Pfarre Neumarkt an der Ybbs zu einem Sportler-Gottesdienst mit Segnung von Fußbällen.
Diözesanbischof Klaus Küng war in der "Langen Nacht" als Gast bei verschiedenen Veranstaltungen im und um den Dom unterwegs. Unter anderem unterhielt er sich mit den zahlreichen Gästen bei der humorvoll-informativen Weinverkostung mit "Weinpfarrer" Hans Denk in der Dompfarre. Das Highlight der Nacht im Dom selbst war - wie jedes Jahr - das Konzert des Jugendensembles der Dommusik.
16.000 Besucher in Salzburg
Rund 16.000 Besucher kamen zur "Langen Nacht der Kirchen" in der Erzdiözese Salzburg, wie die Diözese in einer Aussendung mitteilte. Unter dem Motto "fremd und schön" gab es auch dieses Jahr wieder ein ökumenisches, kulturelles, kulinarisches und spirituelles Programm für jedermann.
Mit Glockengeläut und einem ökumenischen Gottesdienst startete Salzburg in die diesjährige "Lange Nacht". Der Fokus lag auf den Themen "Flucht und Migration": Vertreter der christlichen Kirchen dachten im Zuge des ökumenischen Eröffnungsgottesdienstes in der Kollegienkirche über "das Schöne im Fremden" nach. An dem Gottesdienst nahmen u.a. der evangelische Superintendent Olivier Dantine, Charlotte Schwarz von der Evangelisch-Methodistischen Kirche, der altkatholische Pfarrer Martin Eisenbraun und Marius Viezianiu von der Rumänisch-Orthodoxen Kirche teil. Domkapitular Franz Padinger, Vorsitzender der Ökumene-Kommission der Erzdiözese Salzburg, wies in seiner Predigt auf die Bedeutung des diesjährigen Mottos hin: "Das Fremde übt einen Reiz aus, der neugierig macht."
Superintendent Dantine schloss an diesen Gedanken an: "Die Schönheit dieser Welt hat mit ihrer Vielfalt zu tun". Diese Vielfalt sei auch eine Einladung, sich immer wieder mit dem Fremden und Schönen zu befassen. Pfarrer Eisenbraun ergänzte: "Wir erfahren das Schöne des Fremden im Ungewohnten."
Neben den alljährlichen Highlights, wie dem Lichterlabyrinth im Dom und Fiaker-Fahrten zogen auch wieder experimentelle Programmpunkte Besucherströme an: So wurde in der Kollegienkirche der Kirchenraum zum verbindenden, spirituellen Gesamtkunstwerk: Lichterinstallation, bildende Kunst, "fremde und schöne" Texte, eingängige Jazz-, Pop- und Chormusik und afrikanische Tanzeinlagen erzeugten einzigartige Atmosphären.
Ein Treffpunkt der Kulturen bildete sich in der Salzburger Michaelskirche: Traditionelle Salzburger Gruppen gestalteten gemeinsam mit interkulturellen Vereinen das bunte Programm und zeigten Tänze, Musik und religiöse Bräuche aus unterschiedlichsten Kulturen. Ein Highlight in der vollbesetzten Michaelskirche waren die Texte von Karl Merkatz.
Im Salzburger Dom wurden die Besucher Zeugen der Performance von Agustin Castilla-Avila, die sich mit dem Thema "Grenzen" befasste. Sechs der zwölf Musiker der Performance-Gruppe waren Flüchtlinge und feierten damit eine besondere Lange-Nacht-der-Kirchen-Premiere. Ein buntes Programm wurde auch im Flach- und Pongau und im Tiroler Teil der Erzdiözese Salzburg geboten.
20.000 Besucher in Tirol
Rund 20.000 Besucher haben in der Diözese Innsbruck an der "Langen Nacht der Kirchen" teilgenommen. Sie konnten zwischen 60 offenen Kirchen und 180 bunten Angeboten wählen, wie die Diözese mitteilte. Die Eröffnung erfolgte mit einem Gebet am Innsbrucker Domplatz, umrahmt von Straßenmusikern. Anschließend strömten die Besucher in die Gotteshäuser von katholischer, evangelischer und serbisch-orthodoxer Kirche.
Diözesanadministrator Jakob Bürgler tauchte selbst in das Meer an Besuchern der "Langen Nacht" ein. Er besuchte unter anderem in der Hofkirche das ökumenische Gebet für das Ende aller Kriege. Eingeladen dazu hatten Pax Christi, die Fokolar-Bewegung und die Gemeinschaft Sant'Egidio. "Diese Stunde war sehr bewegend. Es zeigte sich, dass die 'Lange Nacht der Kirchen' Horizonte öffnet über alle Grenzen hinaus", sagte Bürgler: "Das gemeinsame Gebet ist für alle eine Stärkung." Begeistert zeigte sich der Diözesanadministrator auch über die Darbietung der Marianischen Kongregation mit ihrer Tanzperformance und einem Balanceakt in der Jesuitenkirche. Die Kirchen hätten sich an diesem Abend als sehr einladend präsentiert, so Bürglers Bilanz.
Eine eigene Jugendtour durch Kirchen in der Landeshauptstadt stellte die Dekanatsjugend Innsbruck zusammen. Selbst Fußballfreunde mussten nicht auf das Auftaktspiel der Europameisterschaft verzichten. Die Pfarre Petrus Canisius öffnete den Pfarrgarten für Public Viewing und Agape mit französischem Baguette.
26.500 Gäste in der Steiermark
26.500 Gäste besuchten das bunte Programm der "Langen Nacht der Kirchen" in 80 steirischen Kirchen, Kapellen und kirchlichen Einrichtungen. Diese Zahl gab die Diözese Graz-Seckau noch in der Nacht bekannt. "Wir haben heute selbst viel Neues gelernt", betonten Bischof Wilhelm Krautwaschl und Superintendent Hermann Miklas einhellig, nachdem sie gemeinsam mit zahlreichen Interessierten Grazer Kirchen und Einrichtungen besucht hatten.
Bei über 500 Stunden Programm gab es Außergewöhnliches zu erleben: von einem Umweltmusical für Kinder über Führungen in Schatzkammern und auf Kirchtürme, einem Public Viewing zur Fußball-EM, Reisen zwischen Orient und Okzident und einer "Ansprech.Bar" mit Geburtstagsüberraschung sowie Ökumenischem Segensgebet.
"Es ist unglaublich viel Bewegung", freute sich Stadtpfarrpropst Christian Leibnitz über den großen Andrang an Besuchern. "Mir ist besonders durch das Sportthema so bewusst geworden, dass durch Bewegung und Begegnung etwas ganz Wichtiges auch von Kirche sichtbar geworden ist: Das aufeinander Zugehen bewegt auch innerlich und das hat etwas mit Glauben zu tun", so Leibnitz.
"Jede Nacht ist ein Spiegelbild der jeweiligen Zeit", fasste Superintendent Miklas seine Eindrücke zusammen: "Heuer waren für mich zwei Momente besonders deutlich spürbar: einerseits natürlich das Thema Fußball, aber in besonderer Weise auch die Situation von Menschen, denen es nicht so gut geht. Und damit das Soziale, Karitative und Diakonische, das viele zutiefst angesprochen hat."
OÖ: 100 Kirchen boten buntes Programm
Mehr als 100 Kirchen boten in der Diözese Linz ein abwechslungsreiches Programm in der "Langen Nacht". Neun christliche Konfessionen luden zu insgesamt rund 430 Veranstaltungen. Im Linzer Mariendom begann die Lange Nacht der Kirchen mit einem ökumenischen Abendgebet mit Vertretern aller christlichen Kirchen in Oberösterreich, unter ihnen auch Diözesanbischof Manfred Scheuer.
In seiner Begrüßung betonte Dompfarrer Maximilian Strasser, die ökumenische Vesper sei ein sichtbares Zeichen des Miteinander in dieser "Langen Nacht". Bischof Scheuer, der erstmals die "Lange Nacht" in Linz erlebte, nahm in seiner Predigt die Atmosphäre von Kirchenräumen in den Blick. Beim Betreten eines Raums sei wahrnehmbar, "ob ein Raum heimelig ist oder distanziert wirkt, was in der Luft liegt, vielleicht auch, wie die Menschen miteinander umgegangen sind". Der "Wohlgeruch der liebenden Aufmerksamkeit" werde dabei ebenso spürbar wie der "Bleigeruch von Spannung, Streit und Aggression", die Last eines niederdrückenden Schweigens, das Gewicht bedrückender Einsamkeit oder gelöstes, beschwingtes Dasein. Es sei rasch zu erahnen, ob ein Raum "ein Vogelhaus, ein Treibhaus oder ein Bunker" sei, so Scheuer.
Wörtlich sagte der Bischof: "Räume verleiblichen unsere Seele, spiegeln Grundhaltungen dem Leben gegenüber wider. Räume sind gefüllt bzw. entleert von unseren Beziehungen. Sie drücken die Kultur oder auch die Verwahrlosung unseres Miteinanders aus." Dies gelte auch für die Kirche und für Kirchenräume. Wer ein Gotteshaus betrete, nehme wahr, ob Anbetung und Sammlung die Atmosphäre prägten oder ob die Kirche ein Museum sei, in dem der "Mief der Vergangenheit" überwiege. Die Atmosphäre einer Kirche sei "geladen von Lebensfreude, Zuversicht, Trost, Gebet oder auch von Geschäftigkeit, Geld, Formalität, von Moder, Ruß und Feuchtigkeit", betonte der Diözesanbischof.
Städte und Dörfer des Landes seien durch die Kirchen geprägt. In der Architektur einer Stadt werde deutlich, "wem die Dome der Wellness, die Tempel des Geldes und der Gourmets, die Kathedralen des Nahverkehrs, die Gotteshäuser des Konsums, die Kultorte der Kunst und Kultur geweiht sind". Es zeige sich klar, wer die "Hohenpriester" seien, wer bestimme, was wichtig sei, wer festlege, wie Beziehungen zu sein hätten, so Scheuer. Kirchenbauten und deren Schönheit seien wichtig, Kunst und Schönheit stelle keinen Verrat an den Armen dar, denn: "Unsere Kirchen sind Herberge für Flüchtende, Obdach für die Seele, Schonräume, Freiräume und Räume des Aufatmens."
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