Philosoph Josef Seifert kritisiert ‚Amoris laetitia’

15. Juni 2016 in Weltkirche


Wie können Christus oder Maria das Dokument lesen ohne zu weinen, fragt der katholische Philosoph Josef Seifert. Das Dokument stelle teilweise die Lehre der Kirche auf den Kopf, schreibt er.


Rom (kath.net/LSN/jg)
Josef Seifert, langjähriges Mitglied der Päptstlichen Akademie für das Leben, hat das Nachsynodale Päpstliche Rundschreiben „Amoris laetitia“ in einem Artikel für die Nachrichtenplattform Corrispondenza Romana kritisiert. Viele barmherzig klingende Passagen würden die Lehre der Kirche auf den Kopf stellen, fasst Seifert seine Kritik zusammen.

Es bestehe die Gefahr einer „Lawine von Konsequenzen, die für die Kirche und die Seelen der Menschen schädlich sein werden“, schreibt der Philosoph wörtlich. In seinem Artikel stellt er Passagen des Evangeliums den entsprechenden Absätzen von „Amoris laetitia“ gegenüber.

Wenn der Papst etwa das Gleichnis von der Ehebrecherin (Joh 8,1-11) zitiere, dann sei es für Paare in irregulären Situationen sicher tröstlich, wenn ihnen gesagt würde sie seien nicht exkommuniziert. Allerdings fehle der entscheidende letzte Satz des Gleichnisses: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr.“ Das Dokument verschweige das Herzstück: den Aufruf zur Konversion, schreibt der Philosoph.

Im Evangelium warne Jesus fünfzehn Mal vor der ewigen Verdammnis als Folge der schweren Sünde. In „Amoris laetitia“ suche man diese Warnung vergeblich. Ebenso enthalte das Dokument keinen Hinweis auf die Möglichkeit ein Sakrileg zu begehen, wenn man die Kommunion unwürdig empfange. Statt dessen sei darin zu lesen, dass sogar Ehebrecher und andere Personen in irregulären Verhältnissen unter bestimmten, individuell zu beurteilenden Umständen die Kommunion empfangen könnten ohne vorher ihr Leben ändern und ihre Sünden beichten zu müssen, kritisiert Seifert.

Papst Franziskus interpretiere die eindeutigen Gebote Christi als Ausdruck eines Ideals, das nur Wenige erreichen könnten. Er stelle sie als Vorschläge für diejenigen dar, die nach Vollkommenheit streben und nicht als Gebote die für alle gültig seien, fährt Seifert fort.

„Wie können Jesus und seine allerheiligste Mutter diese Worte lesen und mit denen von Jesus selbst und seiner Kirche in Verbindung bringen ohne zu weinen“, fragt Seifert. „Lasst uns deshalb mit Jesus weinen, mit tiefem Respekt und Zuneigung für den Papst und mit dem tiefen Schmerz, der aus der Pflicht kommt, seine Fehler kritisieren zu müssen“, fügt er hinzu.

Es sei in der Geschichte der Kirche immer wieder vorgekommen, dass Päpste von der Wahrheit abgewichen seien, ergänzt Seifert mit Hinweis auf Formosus und Honorius I. Um Schaden für die Kirche und die Gläubigen abzuwenden müsse man die Bischöfe und auch den Papst kritisieren, wenn dies notwendig sei, betont Seifert.


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