30. Juni 2016 in Kommentar
Erstaunlich ist, dass dieselben Politiker, für die Natürlichkeit ein riesiger Wert ist, die Pille für eine große Segnung der Neuzeit halten. Und die straffreie Abtreibung. Und die Pille danach kath.net-Kommentar von Johannes Hartl
Augsburg (kath.net) Ein ehrliches Geständnis vornweg: ich bin nicht der klassische Öko. Und ja, ich empfinde die meisten politischen Ansichten der grünen Partei als irgendwo zwischen humoristisch und schockierend. Doch die ökologische Wende hat unserer Gesellschaft etwas gezeigt, was eigentlich von großer Tragweite ist. Sie hat darauf hingewiesen, dass Fortschritt in eine Richtung führen kann, die nicht mehr gut ist. Und dass Fortschrittlichkeit deshalb nicht immer ein positives Kriterium ist. Nämlich dann, wenn dieser Fortschritt der Ökologie unseres Planeten schadet. Mit viel Eifer wurden daraufhin gesellschaftliche Prozesse so umgelenkt, dass sie nicht mehr nur von der Fortschrittlichkeit gelenkt werden, sondern auf nachhaltigere Weise Werte bewahren, die unser zukünftiges Leben ermöglichen.
Soweit so gut.
Erstaunlich ist immer wieder, dass dieselben Politiker, für die Natürlichkeit ein riesiger Wert ist, die Pille für eine große Segnung der Neuzeit halten. Und die straffreie Abtreibung. Und die Pille danach. Und die staatliche Kinderkrippe, die möglichst baldiges Geldverdienen der Mutter nach der Geburt ermöglicht. Und das Bekanntmachen der Kleinkinder mit allen möglichen Varianten von sexuellen Praktiken.
Irgendwie komisch. In der ganzen Schöpfung wird also die Existenz gewisser ökologischer Gesetze anerkannt, nur an einem Ort nicht: dem Menschen selbst.
Doch warum sollte es für den Menschen nicht auch solche Gesetze geben (Papst Benedikt XVI. hat in seiner historischen Rede vor dem deutschen Bundestag genau darauf hingewiesen)? Und warum ausgerechnet für den sensibelsten Bereich des menschlichen Lebens - der Sexualität - nicht?
Die Art und Weise, wie unsere Körper gebaut sind, wie die Geschlechter und die Fortpflanzung funktionieren: sagt das über den Sinn all dessen nicht eben soviel aus wie man aus der Art und Weise, wie ein Fisch gebaut ist, schlussfolgern kann, dass er dafür gemacht ist, im Wasser zu leben?
Die Fruchtbarkeit - die Fähigkeit eines Menschen, Vater oder Mutter eines anderen Menschen zu werden - ist das unvorstellbarste Geschenk des Schöpfers an den Menschen. Es ist kaum zu ermessen, eine wie große Verantwortung ein Mensch übernimmt, der einem anderen Menschen das Leben (und noch so viel mehr darüber hinaus) weiterschenkt.
Deshalb ist der Akt der Weitergabe des menschlichen Lebens auch unendlich bedeutsam und des größten Schutzes würdig. Er ist das Intimste, was zwei Menschen sich körperlich geben können. Und es ist der Akt, durch den ein neuer Mensch mit einer ewigen, unsterblichen Seele entsteht. Deshalb hat er einzig und allein im treuen, unauflöslichen Liebesbund eines Mannes und einer Frau seinen Platz und seine Bestimmung.
Es ist nicht mehr zeitgemäß, mit Sex bis zur Ehe zu warten oder überhaupt zu heiraten? Oder es ist nicht mehr zeitgemäß, auf die Pille zu verzichten, um natürlich zu verhüten? Es ist nicht zeitgemäß, entschieden gegen Abtreibung zu sein? Die Ehe für unauflöslich zu halten? Den Kindern die ersten Lebensjahre mit einer nicht berufstätigen Mutter von Herzen zu gönnen?
Ja, vielleicht ist all das nicht zeitgemäß und nicht fortschrittlich. Das ist aber überhaupt kein Problem. Denn oft genug schritt der Fortschritt in eine absolut ungute Richtung fort. Und Atomkraftwerke waren in den 70ern auch der letzte Schrei des Fortschritts.
Ihr lieben Grünen: es gibt eine Ökologie des Menschen. Und nur wenn wir ihren Gesetzen gehorchen, geht es dem Herzens-Lebensraum des Menschen gut. Denn der emotionale Klimawandel unserer Gesellschaft ist leider nicht der einer Erderwärmung, sondern der Herzenserkaltung. Eine Wiederentdeckung derjenigen Mutter-Erde, in der die Liebe nicht vom Aussterben bedroht ist, ist aber untrennbar verbunden mit der Entdeckung des VATERS und dem Erbe Eurer Väter, von denen Ihr Euch losgesagt habt. Dieses Heim-kommen wünschte ich von Herzen allen kinderlosen 68ern und ihren vaterlosen Epigonen.
Dr. Johannes Hartl (Foto) ist katholischer Theologe und leitet das Gebetshaus Augsburg. Er ist verheiratet und Familienvater.
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