17. August 2016 in Deutschland
In einem zehn Jahre zurückliegenden Verdachtsfall von sexuellem Missbrauch eines Minderjährigen durch einen Priester im Bistum Trier steht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in der Kritik.
Trier (kath.net/KNA) In einem zehn Jahre zurückliegenden Verdachtsfall von sexuellem Missbrauch eines Minderjährigen durch einen Priester im Bistum Trier steht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, in der Kritik.
Wie der Saarländische Rundfunk berichtete, wusste Marx als damaliger Trierer Bischof 2006 von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den Geistlichen. Der Beschuldigte habe den Missbrauch eines Jugendlichen teilweise gestanden. Weil die Vorwürfe jedoch strafrechtlich verjährt gewesen seien, habe die Behörde die Ermittlungen eingestellt. Das Bistum Trier habe den Pfarrer zwar befragt, woraufhin dieser die Vorwürfe bestritten habe. Die Akten der Justiz seien jedoch nicht angefordert worden.
Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Saarbrücken am Mittwoch gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte, wurde das Bistum 2006 über die Einstellung des Verfahrens informiert. Dies sei jedoch vermutlich formlos geschehen - ohne Angaben von Gründen, etwa, dass die Einstellung aufgrund einer Verjährung erfolgte.
Ein Sprecher des Erzbistums München und Freising bestätigte am selben Tag, dass Marx 2006 an einer Sitzung der Personalkommission des Bistums Trier teilgenommen habe, in welcher eine Meldung der Anklagebehörde über die Einstellung der Ermittlungen behandelt wurde. Es sei «entsprechend der damals geltenden Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz» aus dem Jahr 2002 verfahren worden. «Heute wird in einem solchen Fall anders verfahren, es würden eigene Ermittlungen angestrengt werden», so der Sprecher. «Die deutschen Bischöfe haben Konsequenzen aus bitteren Erfahrungen gezogen und entsprechende neue Leitlinien beschlossen, die für alle Bistümer gelten.»
Der Umgang der Kirche mit der Staatsanwaltschaft bei Missbrauchsfällen wurde in den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz erst 2010 und dann nochmals 2013 präzisiert. In der Fassung von 2010 heißt es, dass kirchenrechtliche Voruntersuchungen unabhängig von Verfahren der weltlichen Justiz geführt werden müssten. Sie bedienten sich aber soweit gegeben der Ergebnisse der staatlichen Strafverfolger.
2013 wurde erstmals auch der Umgang mit staatsanwaltlich nicht aufgeklärten Fällen geregelt. So heißt es dort in der Nummer 39: Wenn eine Verjährung eingetreten sei, «jedoch tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, die die Annahme eines sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen oder erwachsenen Schutzbefohlenen rechtfertigen, sollen sich die zuständigen kirchlichen Stellen im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst um Aufklärung bemühen».
Wie das Bistum Trier im Mai mitteilte, liefen in den Jahren 2006, 2013 und 2016 staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen den heute 64-Jährigen. Die Verfahren seien jeweils eingestellt worden. Die Akten des Jahres 2006 habe die Diözese erst im Frühjahr 2016 erhalten. Aus diesen Unterlagen ergebe sich ein hinreichender Anfangsverdacht für Taten gegen eine damals minderjährige Person, die zwar nach staatlichem, nicht aber nach kirchlichem Recht verjährt seien. Der Vatikan hat die Verjährungsfristen für solche Verbrechen in den vergangenen Jahren mehrfach verschärft.
Auf dieser Grundlage habe der heutige Trierer Bischof Stephan Ackermann eine kirchliche Voruntersuchung gegen den Geistlichen eingeleitet, so die Diözese. Dem Priester, der rund 30 Jahre in einer saarländischen Pfarrei tätig war, sei es seitdem untersagt, öffentlich Gottesdienste zu feiern und Kontakt zu Kindern und Jugendlichen zu pflegen. Der Geistliche hatte laut Bistum mehrfach Urlaubsfahrten mit Jugendlichen unternommen.
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