22. August 2016 in Kommentar
Hans-Joachim Vieweger im Bayrischen Rundfunk: Fast 400.000 Menschen sind im vergangenen Jahr aus einer der beiden großen Kirchen ausgetreten, aber größere Diskussionen darüber, wie man darauf reagieren könnte, habe ich nicht vernommen.
München (kath.net) Die kirchlichen Pressestellen haben bei der Veröffentlichung der Daten auch das gemacht, was von Wirtschaftsunternehmen bekannt sind: Sie haben die schlechten Zahlen hinter guten Zahlen versteckt. Dies stellte Hans-Joachim Vieweger in seinem Kommentar im Bayrischen Rundfunk fest. Vieweger ist Journalist beim BR, Buchautor und praktizierender evangelischer Christ. Schlagzeilen zum Thema hätten beispielsweise gelautet: Kirchliches Leben in Bayern ist stabil; Mehr Taufen und Kircheneintritte im Erzbistum, so Vieweger weiter, und ja, Austritte habe es auch gegeben, aber deren Zahl sei schließlich rückläufig. Das stimmt, im Vergleich zum Vorjahr, nur es war eben immer noch die zweithöchste Zahl der Austritte in den vergangenen zwanzig Jahren.
Doch seien die Kirchenaustritte praktisch kein Thema, erläuterte Viehweger. Meine Vermutung: Es hängt damit zusammen, dass die Kirchen nicht in ihrem Mark getroffen sind, sprich: bei den Finanzen. Denn trotz sinkender Mitgliederzahl steigen die Einnahmen aus der Kirchensteuer weiterhin. Doch mache die Kirchensteuer leicht bequemlich, so hilfreich sie bei der Planung der vielfältigen kirchlichen Ausgaben ist.
Zwar sei schon seit Jahren davon die Rede, dass sich die Struktur der Kirche verändert: weg von der Volkskirche, in der der Glaube zumindest aus Tradition weitergegeben wurde, hin zur Entscheidungskirche einer Kirche, in der sich Menschen bewusst zu ihrer Kirche bekennen.
Doch Vieweger frage sich, wo sich die Kirchen auf diesen Übergang einstellen? Wie viel Zeit und Geld werde darauf verwendet, Menschen ganz neu das Evangelium zu verkünden, zu evangelisieren und zu missionieren nicht weit weg, in fernen Ländern, sondern hier, in Deutschland, wo die Glaubenssubstanz wegbricht. Papst Benedikt sprach einmal von der Abwesenheit des Glaubens bis tief in die Kirche hinein. Ich fürchte, er hat Recht.
Was werde eigentlich in den Mittelpunkt kirchlichen Handelns gestellt? Aktuell brauche es Mut zur Katechese, zu neuen Formen des Glaubensunterrichts. Mut zu Glaubenskursen. Mut dazu, Menschen zur Entscheidung zum Glauben zu rufen.
Link zum Kommentar im Bayrischen Rundfunk in voller Länge: Kirchenaustritte kein Thema?
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