2. September 2016 in Kommentar
Ich kann nur mein tiefes Entsetzen zu Ausdruck bringen über Ihre Wortschöpfung Import-Priester! Offener Brief an Thomas Sternberg, Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Von Joachim Schroedel, Import-Priester in Ägypten
Kairo (kath.net) Sehr geehrter Herr Dr. Sternberg,
in der Augsburger Allgemeine vom 29. August war ein Interview zu lesen, in welchem Sie Ihre Besorgnis über die zurück gegangene Zahl der Priesterweihen zum Ausdruck bringen. Diese Sorge teilen wohl alle Katholiken in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Auch in anderen Ländern der Welt schaut man auf die katholische Kirche in Deutschland. Etwa auch hier in Ägypten, wo ich seit 21 Jahren als Import-Priester für die deutschsprachigen Katholiken und für viele Einheimische tätig bin.
Allein die koptisch-katholische Kirche hat etwa 166.00 Mitglieder. Neun (!) Bischöfe stehen den über 160 Pfarreien vor, die von etwa 250 Priestern betreut werden. Auf einen Priester kommen etwa 700 Gläubige.
Natürlich kann man diese Zahlen nicht mit den deutschen Verhältnissen vergleichen. Aber: Es gibt eben nur EINE katholische Kirche, und es ist seit Jahrhunderten üblich, dass sich die Glieder der Kirche weltweit unterstützen. Nicht zu vergessen: Auch derjenige, der mit großer Kraft die Christenheit in unserer Heimat hat erblühen lassen, war ein Ausländer.
Auch ohne Mandat von anderer Seite kann ich nur mein tiefes Entsetzen zu Ausdruck bringen über Ihre Wortschöpfung Import-Priester!
Seit Jahrzehnten arbeiten in allen Diözesen aufopferungsvoll Priester aus Polen, Kroatien, Sri Lanka, Indien, Afrika Südamerika und anderen Gebieten unserer Welt in Deutschland. Sie haben die Sprache erlernen müssen und mussten sich mit der zumeist spröden Mentalität von uns Deutschen zurechtfinden. Sie leisten einen Dienst, oft fern von ihrer Heimat. Und natürlich müssen auch wir uns an sie gewöhnen. Doch glaube ich fest, dass gerade in der Begegnung mit Priestern aus der Weltkirche unserer Nabelschau und dem immer gleichen Jammern über hausgemachte Probleme ein Kontrapunkt gesetzt wird. Nie werde ich allein die indischen Schwestern vergessen, die in meiner Kaplanspfarrei Butzbach so segensreich gewirkt haben. Das war Weltkirche! Ich bitte Sie, diese diskriminierende und vielleicht schon rassistische Äußerung über die ausländischen Priester in Deutschland zurück zu nehmen!
Die Lösungsvorschläge, die Sie in diesem Interview bringen, bedürfen keines weiteren Kommentars; sie sind fast alle theologisch verquer, zum Teil uralt oder schon längst vom Lehramt geklärt. Und wer fordert, Pastoralreferentinnen sollten die Krankensalbung spenden dürften (diese Forderung ist natürlich ebenfalls nicht neu), sollte sich einmal mit der Sakramententheologie befassen.
Lieber Mitkatholik Sternberg; weltweit steigt die Zahl der Priester. In Regionen, in denen Christen benachteiligt oder verfolgt werden, blüht (wenn auch oft heimlich!) der Glaube. Ich lade Sie herzlich ein, einmal einen Besuch in Ägypten zu machen; vielleicht werden Sie dann, etwa im Gespräch mit Bischöfen, von denen einige Deutsch sprechen, weil sie als Import-Priester in Deutschland gewirkt haben, etwas katholischer.
Msgr. Joachim Schroedel, Kairo
Monsignore Joachim Schroedel (Foto) war 19 Jahre im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz Seelsorger der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Kairo, ganz Ägypten und für die deutschsprachigen Katholiken im Nahen Osten. Die DBK hat ihn 2014 von dieser Stelle abberufen und diese Stelle nicht mehr neu besetzt. In Absprache mit seinem Heimatbischof ging Schroedel vorzeitig in Pension und steht - eingeschränkt durch mangelnde finanzielle Unterstützung - den Christen Ägyptens weiterhin als Priester zur Verfügung.
K-TV-Interview mit Msgr. Joachim Schroedel beim 4. Kongress ´Treffpunkt Weltkirche´ von ´KIRCHE IN NOT´
Foto Msgr. Schroedel (c) Kirche in Not
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