16. September 2016 in Deutschland
In der EKD ist man sich uneins Gegner kündigen Proteste an - Regensburger Bischof Voderholzer wird Abschlussgottesdienst leiten - CDU-Vize Klöckner dankt dem Marsch für das Leben
Berlin (kath.net/idea) Führende Vertreter der katholischen Kirche, der evangelikalen Bewegung und der Freikirchen haben sich hinter den Marsch für das Leben am 17. September in Berlin gestellt. Eine Mitwirkung zugesagt haben bisher von katholischer Seite unter anderen der Berliner Erzbischof Heiner Koch und der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der auch den Abschlussgottesdienst leitet. Für den evangelikalen Dachverband, die Deutsche Evangelische Allianz, nehmen der Generalsekretär, Hartmut Steeb (Stuttgart), und der Zweite Vorsitzende, Ekkehart Vetter (Mülheim/Ruhr), teil. Veranstalter ist der Bundesverband Lebensrecht, der sich für ein Europa ohne Abtreibung und Euthanasie einsetzt. Ihm zufolge hat jeder Mensch ob geboren oder ungeboren das Recht auf Leben und Achtung seiner Würde. Im vergangenen Jahr zählte der Schweigemarsch rund 7.000 Teilnehmer, die vor linksradikalen Störern durch die Polizei geschützt werden mussten.
Landesbischof Rentzing pro Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz kontra
Die EKD ist in Sachen Marsch des Lebens gespalten: Während der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Carsten Rentzing (Dresden), der Anti-Abtreibungs-Demonstration wünscht, dass sie einen Beitrag für eine Kultur des Lebens leiste, rät die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) ihren Gemeinden von einer Teilnahme ab. Der Grund: Sie stehe anders als der Bundesverband Lebensrecht für eine ergebnisoffene Schwangerschaftskonfliktberatung, die die Gewissensentscheidung von Frauen und Paaren unterstütze, so ihr Sprecher Christoph Heil. Bereits 2014 hatte sich die Kirchenleitung gegen eine Beteiligung gewandt. Sie begründete das mit inhaltlichen Differenzen und der aggressiven Art und Weise, in der der Bundesverband seine Positionen vertrete. Der Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht, Martin Lohmann (Bonn), widersprach den kirchlichen Äußerungen. Sie unterstellten friedliebenden Menschen Übles, die ohne Aggression nichts weiter als ein klares Ja zum Leben fordern. Damit würden Demonstranten diskreditiert, die sich sowohl auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen als auch dem Wort Gottes treu sind.
Parzany: Kirchliche Gegner werden sich vor Gott verantworten müssen
Auch der Vorsitzende des Netzwerks Bibel und Bekenntnis, der Evangelist Ulrich Parzany (Kassel), kritisierte die Ablehnung des Marsches durch die EKBO scharf: Das werden die Verantwortlichen vor Gott verantworten müssen. Parzany hofft, dass durch den Marsch die Gewissen vieler Menschen aufgerüttelt werden. Wir dürfen nicht schweigend hinnehmen, dass massenhaft ungeborene Kinder getötet werden, schreibt er in seinem Grußwort.
Bekennende Gemeinschaften: Die EKD versagt beim Schutz ungeborener Kinder
Die Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen Deutschlands begrüßt den Marsch als ermutigendes und mutiges Zeichen gegen die Bedrohung menschlichen Lebens vor der Geburt. Nach Ansicht des theologisch konservativen Zusammenschlusses müsste die EKD als Anwalt für den Lebensschutz ungeborener Kinder auftreten. Aber sie schweigt bzw. distanziert sich, kritisierte der Vorsitzende der Konferenz, Pastor Ulrich Rüß (Hamburg). Die evangelische Kirche versage bei einer ethisch wichtigen Frage und werde dem biblischen Anspruch, Leben zu schützen, nicht gerecht. Ebenso ermutigen andere prominente Christen die Marschteilnehmer.
Der Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden, Ansgar Hörsting (Witten), erklärte: Wir stehen auf gegen die Meinungsmache, als sei eine Abtreibung ein kleiner Unfall. Sie ist und bleibt Tötung. Menschen in Gewissensnöten brauchten echte Hilfe statt schlechte Ratschläge, so Hörsting, der auch Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen ist.
CDU-Vize Klöckner dankt dem Marsch für das Leben
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner äußert in ihrem Grußwort, sie setze sich zusammen mit ihrer Partei für den konsequenten Lebensschutz in allen Bereichen ein. Gerade das ungeborene Leben brauche eine Lobby. Klöckner dankt dem Marsch für das Leben dafür, dass er gegen die Unterkühlung unserer Zeit ankämpfe, und wünscht den Teilnehmern Gottes Segen.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich bezeichnet es in seinen Grüßen als Skandal, Leben zu selektieren und abzubrechen. Der Politiker ist Mitglied im Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz. Das Maß der Anfeindung gegen den friedlichen Schweigemarsch erschrecke ihn.
Linke Parteien machen Front gegen den Marsch
Bündnis 90/Die Grünen, die Partei Die Linke und weite Teile der SPD in Berlin machen dagegen Front gegen den Marsch. Sie unterstützen das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, das zu einer Gegendemonstration aufgerufen hat. Dahinter hat sich auch der Regierende Bürgermeister Berlins, Michael Müller (SPD), gestellt. Auch die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, steht als Feministin und Sozialistin hinter den Protesten. Der Marsch für das Leben widerspreche dem Recht der Frau auf sexuelle Selbstbestimmung und sei gegen die Abschaffung des Paragrafen 218. Das halte ich für rückschrittlich und falsch, schrieb Kipping an den scheidenden Beauftragten der Deutschen Evangelischen Allianz beim Bundestag und am Sitz der Bundesregierung, Wolfgang Baake.
Grüne: Lebensschützer sind Fundamentalisten AfD-Vize nimmt am Marsch teil
Die Landesvorsitzende der Berliner Grünen, Bettina Jarasch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken , erklärte auf idea-Anfrage, zur Lebensrechts- oder auch Lebensschutzbewegung gehörten vor allem christliche Fundamentalisten, die traditionell konservative Familien- und Rollenbilder als einzig richtige Lebensweisen erachten. Sie stellten sich gleichermaßen gegen sexuelle Vielfalt, Regenbogenfamilien (gleichgeschlechtliche Partner mit Kindern/d. Red.) und ein modernes Rollenverständnis: Das ist mit grünen Positionen und unseren Vorstellungen einer offenen und geschlechtergerechten Gesellschaft nicht vereinbar.
Unterstützt wird der Marsch dagegen von der Berliner AfD. Deren Sprecher Ronald Gläser kündigte an, dass neben vielen Parteimitgliedern auch die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende, Beatrix von Storch, teilnehmen werde. Er nannte es skandalös, dass der Regierende Bürgermeister Müller die Gegendemonstration unterstütze.
Der Marsch für das Leben beginnt um 13 Uhr mit einer Kundgebung vor dem Reichstag, die der Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht, Martin Lohmann, moderieren wird. Der Schweigemarsch durch Berlin-Mitte endet mit einem Ökumenischen Gottesdienst, in dem der evangelische Pfarrer Werner Neuer predigen wird. Er ist Dozent am Theologischen Seminar St. Chrischona (Bettingen bei Basel).
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