Über 100.000 Christen werden jährlich aufgrund ihres Glaubens getötet

28. November 2016 in Weltkirche


Weihbischof Turnovszky: Behörden übersehen Diskriminierung christlicher Flüchtlinge. Er kritisiert außerdem gewalttätige Gegendemos bei Pro-Life-Veranstaltungen - Michaela Koller: Deutscher Bischof nannte solche Berichte "antiislamisch"


Wien (kath.net/idea) Über 100.000 Christen werden jedes Jahr aufgrund ihres Glaubens getötet. Das sagte der EU-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit, Jan Figel, bei einer internationalen Konferenz über Christenverfolgung und die Verletzung der Religionsfreiheit am 27. November in Wien. Veranstalter war die „Beobachtungsstelle für Intoleranz und Diskriminierung gegen Christen in Europa“ (Wien) in Zusammenarbeit mit Open Doors, CSI, Kirche in Not, der Plattform Christdemokratie.

Laut Figel muss weltweit mehr gegen religiös motivierte Verfolgung getan werden. „Wer Religion und den Missbrauch von Religion nicht versteht, kann nicht verstehen, was derzeit in der Welt geschieht.“ Religion sei ein bedeutsamer weltpolitischer Faktor. 84 Prozent aller Menschen gehörten einer Religionsgemeinschaft an, 74 Prozent lebten in Ländern, in denen religiöse Freiheit unterdrückt werde.

Weihbischof: Behörden übersehen die Diskriminierung christlicher Flüchtlinge

Laut dem katholischen Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky war die Lage von Christen weltweit noch nie so bedenklich wie heute. Auch in Europa habe sich einiges verändert, sagte Turnovszky in einem Grußwort. Es gebe zwar keine echte Verfolgung, aber erschreckende Trends von „Marginalisierung und politisch-medialer Repressalien“ sowie Drohungen gegen Organisationen, die in der Öffentlichkeit für das umfassende Lebensrecht und die Menschenwürde einträten: „Gewalttätige Gegendemonstrationen bei Pro Life-Veranstaltungen sind in vielen Ländern ,normal’ und werden medial kaum kritisiert.“ Er habe den Eindruck, dass das Konzept der Religionsfreiheit zusehends in sinnentstellender Weise umgedeutet werde: „Was ursprünglich als Freiheit für die Religionsausübung eine große Errungenschaft für das Leben entsprechend der Gewissensüberzeugung darstellte, wird mehr und mehr zur Freiheit von Religion im Sinn von Zwang zur Religionslosigkeit zumindest im öffentlichen Raum verdreht.“ Dass Europa mehr und mehr aufhöre, Menschen aufgrund ihrer religiösen Überzeugung zu schützen, treffe christliche Asylsuchende besonders hart: „Nachdem sie ihr Leben aufs Spiel setzten um nach Europa zu gelangen, schlägt ihnen hier oft erneut Gewalt, Bedrohung und Diskriminierung aufgrund ihres christlichen Glaubens entgegen, der von den staatlichen Autoritäten gerne übersehen wird.“

Michaela Koller: Selbst ein katholischer Bischof habe ihnen vorgeworfen, eine anti-islamische Stimmung in Deutschland zu befördern

Die Referentin für Religionsfreiheit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (Frankfurt am Main), Michaela Koller, rief die Teilnehmer in ihrem Vortrag dazu auf, in ihren Heimatländern ein Bewusstsein für das Thema Christenverfolgung zu wecken und sich nicht vor feindseligen Reaktionen zu fürchten. In Deutschland hätten beispielsweise mehrere Menschenrechtsorganisationen Kritik einstecken müssen, nachdem sie öffentlich auf die schwierige Situation von Christen in Flüchtlingsheimen hingewiesen hatten.

Viele Menschen regten sich laut Koller danach nicht über die Attacken durch Muslime auf Christen und andere religiöse Minderheiten auf, sondern über die Veröffentlichung der Vorfälle. Selbst ein katholischer Bischof habe ihnen vorgeworfen, eine anti-islamische Stimmung in Deutschland zu befördern. Niemand sollte sich durch solche Rückmeldungen davon abhalten lassen, die Fakten zu veröffentlichen, betonte Koller. An der Veranstaltung nahmen 120 Personen aus 20 Ländern teil.

Christenverfolgung mitten in Deutschland?



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