14. August 2003 in Spirituelles
Die Hände, welche die Heilige Kommunion empfangen und zum Mund führen, stehen für den ganzen Menschen, in dessen Herz Christus Einzug halten will. Ein Beitrag von Bischof Heinz Josef Algermissen aus Fulda.
Fulda (kath.net/pdf)
"Die einfachen Dinge um uns her haben weithin ihreSprache verloren. Undwir, die wir ihr Wort nicht mehr hören, gleichen Analphabeten angesichts desBuches der Schöpfung." (Hans-Urs von Balthasar). Mit dem Verstummen deralltäglichen Dinge (z. B. Wasser, Öl, Salz, Brot, Wein, Asche) droht auchdie Aussagekraft der kirchlichen Zeichen und Geheimnisse verloren zu gehen.Infolgedessen muss kirchliche Katechese immer wieder neu die Menschenabholen und den Weg von der Schale bis Kern führen. Je mehr die Glieder desGottesvolkes, vom Geist Gottes geleitet, zum Kern der Liturgie gelangen oderdoch zu ihm unterwegs sind, desto lebendiger und frohmachender wird derGottesdienst. Es geht also um ein tieferes Verstehen der Zeichen, die unsimmer wieder begegnen.
Ich möchte Sie, liebe Leserinnen und Leser, einladen, über die Haltung beimEmpfang der Hl. Kommunion tiefer nachzudenken. Dazu biete ich Ihnenkatechetische Überlegungen des Paderborner Liturgieprofessors Dr. MichaelKunzler an: Viel wurde einstmals darüber gestritten, was die würdigere WeisedesKommunizierens sei: Handkommunion oder Mundkommunion. Noch heute kann manzuweilen auf Kampfschriften einschlägiger Gruppen stoßen, nach denen Jesusselbst die Einführung der Handkommunion als Gotteslästerung mit furchtbarenKatastrophen bestrafen wird. All dies hält einer geschichtlichen und erstrecht theologischen Betrachtung nicht stand.
Unstrittig ist die Handkommunion die ältere Kommunionweise. Sie verschwandnicht nur deshalb,weil die Ehrfurcht der Menschen vor dem Kommunionempfang einer tiefen Furchtvor der unwürdigen Kommunion wich, so dass man immer seltener kommunizierte,sondern auch zur Verhütung abergläubischen Missbrauchs des Allerheiligsten.Man legte die Kommunion den Menschen auf die Zunge und sollte genau genommensogar darauf achten, dass diese die eucharistische Speise auchrunterschluckten, sie nicht mit nach Hause nahmen und als nur oberflächlichBekehrte damit Unsinn trieben.
Der zeitliche Vorrang der Handkommunion zeigt sich schon durch die exakteBeschreibung der Haltung der Hände, die einen Thron bilden sollen. Sie istenthalten in den mystagogischen Katechesen des Cyrill von Jerusalem (313-387n. Chr.): "Wenn du dann hingehst, komm nicht mit vorgestreckten Handflächenoder gespreizten Fingern. Mache die Linke zum Thron für die Rechte, die denKönig empfangen soll. Mache die Hand hohl, empfange so den Leib Christi undsage ,Amen' dazu. Nimm es vorsichtig, heilige die Augen durch die Berührungmit dem Heiligen Leib und pass auf, dass du nichts davon verlierst. Dennwenn du etwas verlierst, so ist das, als littest du an deinen eigenenGliedern Schaden. Sag mir: Wenn dir jemand Goldstaub gäbe, würdest du ihndann nicht mit großer Sorgfalt festhalten und aufpassen, dass du nichtsdavon verlierst und Schaden leidest? Wirst du also nicht noch vielsorgfältiger auf das achten, was wertvoller ist als Gold und Edelsteine, umkeine Stücke davon fallen zu lassen? Nachdem du Anteil genommen hast amLeibe Christi, komm auch zum Kelch des Blutes" (Mystagogische Katechesen V,21 - hrsg. v. G. Röwekamp, Fontes Christiani 7, 1992, 162f.).
Es ist müßig, darüber zu diskutieren, welcher Körperteil edler ist und dahereher für die Berührung mit dem Allerheiligsten in Frage kommt. Um es aufeine Formel zu bringen: Sündigt der Mensch mehr mit der Hand oder eher mitdem Mund? Natürlich ist und bleibt der ganze Mensch ein Sünder, der dererbarmungsvollen Vergebung durch Gott bedarf. Für diesen sündigen Menschenstehen die Hände als Symbol. Es sind die Hände des Vaters, mit denen er fürseine Familie den Lebensunterhalt erwirbt; es sind die Hände der Mutter, diefür das umfassende Wohl der Familie sorgen. Zu allem, was der Mensch ist undwas er tut, benötigt er seine Hände. So sieht es auch der Bischof Cyrill vonJerusalem. Die Hände, welche die Heilige Kommunion empfangen und zum Mundführen, stehen für den ganzen Menschen, in dessen Herz - wieder ein Symbol,diesmal für das Zentrum der Persönlichkeit - Christus Einzug halten will.Die geöffneten Hände des/r Kommunizierenden sind der für die Ankunft Christiaufnahmebereite Thron.
Was Menschen derart mit ihren Händen beim Kommunionempfang machen, ist einThema der ostkirchlichen Ikonenfrömmigkeit und wirkt sich sogar auf dieGestalt des Altares aus. Es gibt Ikonen, die zeigen einen leeren Altar undbezeichnen ihn als den "bereitstehenden Thron" für die Wiederkunft Christi.Was sich am Ende der Zeit sichtbar in aller Herrlichkeit ereignen wird, dasereignet sich in jeder heiligen Messe in der Wandlung: Christus kommt immerneu auf den Altar hernieder, aber verborgen in den Gestalten von Brot undWein. Darum ist der Altar der für seine eucharistische Ankunftbereitstehende Thron, auf dem keine Blumen, noch nicht einmal Kerzenleuchterabgestellt werden dürfen. Es ist "heiliges Land", das der Herr selbstbetritt. Auch die Hände der Gläubigen, die zur Kommunion herantreten, sind"Altar und "heiliges Land". Wer das weiß, kann die Handkommunion eigentlichnur würdig vollziehen.
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