10. Jänner 2017 in Aktuelles
Franziskus in Santa Marta: die Vollmacht Jesu Dienst, Nähe, Kohärenz. Die klerikalistische Vollmacht der Schriftgelehrten, die sich wie Fürsten fühlen. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) Die Vollmacht Jesu und jene der Pharisäer und Schriftgelehrten: sie bildeten das Thema der Predigt von Papst Franziskus am Dienstag der 1. Woche im Jahreskreis bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Domus Sanctae Marthae. Die Vollmacht Jesu sie sei universal, während die der Pharisäer nur formaler Natur sei.
Das Tagesevangelium (Mk 1,21-28) berichtet vom Staunen der Menschen, denn: In Kafarnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten (22-23). Die Schriftgelehrten seien die Autoritäten des Volkes, doch was sie lehrten, hätte nicht an sein Herz gerührt, während Jesus eine wirkliche Vollmacht gehabt habe. Der Herr sei kein Verführer gewesen, er habe das Gesetz bis zum letzten Punkt gelehrt: er lehrte die Wahrheit, aber mit Vollmacht.
Drei Charakteristiken unterstrich der Papst, durch die sich die Vollmacht Jesu von jener der Gesetzeslehrer unterscheide. Während Jesus voller Demut lehre und zu seinen Jüngern sage: Der Größte unter euch sei Diener aller: er soll zum Kleinsten werden, hätten sich die Pharisäer dagegen wie Fürsten gefühlt:
Jesus diente den Leuten, er erklärte die Dinge, damit die Leute sie gut verstehen: er stand im Dienst der Leute. Er hatte die Haltung eines Dieners, und das verlieh ihm Vollmacht. Diese Gesetzeslehrer dagegen, die die Leute... ja, auf sie hörten die Leute, sie respektierten sie, doch sie spürten nicht, dass sie eine Vollmacht über sie besitzen. Diese hatten die Psychologie von Fürsten: Wir sind die Meister, die Fürsten, und wir lehren euch. Kein Dienst: Wir befehlen, ihr gehorcht. Und Jesus hat sich nie so gegeben, als sei er ein Fürst: immer war er der Diener aller, und das ist es, was ihm Vollmacht verlieh.
Die zweite Charakteristik sei die der Nähe zu den Menschen, was ihm Vollmacht gebe. Diese Nähe unterscheide seine Vollmacht von jener der Pharisäer. Jesus war nicht allergisch auf die Leute: Aussätzige, Kranke zu berühren erregte in ihm keine Abscheu, während die Pharisäer die armen und ignoranten Leute verachtet hätten. Ihnen habe es gefallen, wohl gekleidet auf den Plätzen zu spazieren:
Sie waren getrennt von den Leuten, sie waren nicht nah. Jesus stand den Leuten sehr nahe, und das verlieh ihm Vollmacht. Diese da, die den Abstand wahrten, diese Lehrer: sie hatten eine klerikalistische Psychologie. Sie lehrten mit einer klerikalistischen Vollmacht, das ist der Klerikalismus. Es gefällt mir so sehr, wenn ich von der Nähe zu den Menschen lese, die der selige Paul VI. hatte. In Nummer 48 der Enzyklika Evangelii nuntiandi ist das Herz des nahen Hirten zu sehen: dort liegen die Vollmacht und Autorität jenes Papstes, in der Nähe.
Das dritte Element, das die Vollmacht Jesu unterscheide, sei die Kohärenz. Jesus lebte, was er predigte. Franziskus stellte eine Einheit, eine Harmonie zwischen dem fest, was Jesus gedacht, gefühlt und dann getan habe. Wer sich dagegen wie ein Fürst fühle, nehme eine klerikalistische, also heuchlerische Haltung ein, er sage das eine und tue das andere:
Diese Leute waren nicht kohärent und ihre Persönlichkeit war derart gespalten, dass Jesus seinen Jüngern rät: Tut, was sie euch sagen, aber nicht das, was sie tun. Sie sagten das eine und taten das andere. Mangelnde Kohärenz, Widersprüchlichkeit. Sie waren widersprüchlich. Und das Wort, das Jesus ihnen viele Male sagt, ist Heuchler. Und man versteht, dass einer, der sich wie ein Fürst fühlt, der eine klerikalistische Haltung hat, der ein Heuchler ist, keine Vollmacht hat! Er mag zwar die Wahrheit sagen, aber ohne Vollmacht. Jesus dagegen, der demütig ist, der im Dienst an den anderen steht, der nahe ist, der die Leute nicht verachtet und der kohärent ist, besitzt Vollmacht. Und das ist die Vollmacht, die das Volk Gottes spürt.
Abschließend rief der Papst das Gleichnis vom barmherzigen Samariter in Erinnerung. An einem Mann, den Räuber halbtot auf der Straße liegen gelassen hätten, sei der Priester vorbeigegangen, und gehe fort, da er vielleicht das Blut sehe und denke: Wenn ich ihn berühre, dann werde ich unrein. Auch der Levit gehe vorbei, und vielleicht habe er gedacht: Wenn ich mich da einmische, dann werde ich zum Gericht gehen und Zeugnis ablegen müssen, und er habe so viel anderes zu tun gehabt. So gehe auch er weg.
Zum Schluss komme ein Samariter, ein Sünder, der dagegen Erbarmen habe. Doch da sei noch jemand, so Franziskus: der Wirt. Dieser sei nicht so sehr vom Überfall der Räuber (denn dies geschehe oft auf jener Straße) oder vom Verhalten des Priesters und des Leviten überrascht (denn diese kenne er), als vielmehr vom Samariter. Das Staunen des Wirts angesichts des Samariters: Nun, das ist ja ein Irrer, er ist kein Jude, er ist ein Sünder. Derartiges habe er vielleicht denken können.
So stehe dieses Staunen des Wirts in Verbindung mit dem Staunen der Menschen im heutigen Evangelium angesichts der Vollmacht Jesu: eine demütige Vollmacht des Dienstes, eine Vollnacht, die den Menschen nahe und die kohärent ist.
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