7. März 2017 in Kommentar
Gut ist das Tun der Kirche nur dann, wenn es sich aus den Sakramenten speist. Organisationsberatung führt nicht zum Heil. Ein kath.net-Kommentar zum Pastoralen Prozess im Erzbistum Paderborn von Peter Winnemöller
Paderborn (kath.net/pw) Wozu ist die Kirche da? Das kann man sich in diesen Tagen durchaus so manches Mal fragen. Angesichts verschiedenster Nachrichten, erhält diese Frage doch eine ganz neue Qualität. Große Milliardenvermögen horten die Diözesen in Deutschland. Oft genug sind diese sehr gewinnträchtig angelegt. Ist die Kirche eine Bank? Einen milliardenschweren Treuhandfonds Medien hütet der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD). Aus dessen Ertrag finanziert die Kirche unter anderem ihre zahlreichen mehr oder weniger guten Medienaktivitäten. Ist die Kirche ein Medienhaus? Man könnte diese Fragerunde noch weiter fortsetzen. Was ist die Kirche in unserem Land eigentlich noch?
Eine regelrechte Sinnkrise scheint sich im Erzbistum Paderborn zu zeigen. Im Jahr 2014 war dort das Zukunftsbild verabschiedet, veröffentlicht und in Kraft gesetzt worden. Seitdem geht im westfälischen Erzbistum nichts mehr ohne Zukunftsbild. Hinter vorgehaltener Hand reden Priester davon, dass man als Gegner des Zukunftsbildes kein Pfarrer werden könne. Herrscht da womöglich ein Klima der Angst und Resignation unter denen, die keine Kirche wollen, die dem Primat der Organisationsberatung folgt? Dem gegenüber steht eine Aufbruchsrhetorik, die keine Entsprechung in der Wirklichkeit hat. Auf eine Formel gebracht: Setzen wir doch nur das Zukunftsbild ganz um, dann wird alles wieder in Ordnung sein.
Nichts wird in Ordnung sein. Auch im Erzbistum Paderborn wird mit allen Mitteln versucht, den Untergang der Volkskirche mit Mitteln der Volkskirche zu gestalten. Motto: Wenn wir nur lang genug aushalten, dann wird alles wieder gut. Wie das aussieht und wie sich eine solche Praxis auswirkt, hat der frühere Münsteraner Pfarrer Thomas Frings in seinem Buch Aus, Amen, Ende? beschrieben.
Die Last der Arbeit für die Hauptamtlichen wird immer mehr. Die pastoralen Räume werden immer größer. Selbst engagierte Ehrenamtliche resignieren irgendwann. Man muss wohl sehr naiv sein, wenn man glaubt, dass die jetzt umschriebenen Pastoralen Räume ganz gleich in welchem Bistum - schon die endgültige Größe erreicht haben. Da kann man, hält man im Kern am Alten fest, durchaus in eine Sinnkrise geraten. Der Erzbischof von Hamburg schrieb in diesem Jahr keinen Fastenhirtenbrief. Es gab einen Krisenbrief im vergangenen Herbst. Mehr hat der Erzbischof von Hamburg nicht mehr zu sagen? Da ist wohl auch schon Aus, Amen, Ende.
Wozu bist Du da, Kirche von Paderborn? Diese Frage steht über dem Zukunftsbild des Erzbistums. Wozu bist Du da, Kirche von Kleinmuckelsdorf?, steht als Frage über dem Auftakt der pastoralen Prozesse, wenn im Erzbistum ein neuer Pastoraler Raum errichtet wird. Am Ende steht ein Pastoralkonzept, in dem die Haupt- und Ehrenamtlichen eines Pastoralen Raumes beschreiben, was die Kirche denn in ihrem Raum tun soll. Das ist zuweilen wirklich sehr phantasievoll, was die Gremien und ihre Seelsorger sich da ausdenken. Bei manchem Pastoralkonzept kommt einem sofort der Gedanke, wie realitätsfremd das ist. Andere formulieren raffinierter, so dass man es nicht direkt merkt. In jedem Falle allerdings soll die Kirche in einem Teil einer Teilkirche neu erfunden werden. Eine absurde Idee, könnte man denken. Doch weit gefehlt. Der Dekonstruktivismus hat Methode. Der Untergang der Volkskirche will gestaltet werden. Die Kirche am Ort soll auch ohne Pfarrer präsent bleiben. Sie soll Volkskirche bleiben. Dazu dekonstruiert man alles, was die Kirche in Wirklichkeit ist.
Man kann sich entspannt zurück lehnen und die Zukunft abwarten, denn die Zukunft der Kirche liegt in Gottes Hand und der Kirche ist von ihrem Herrn Bestand verheißen. Was für die Universalkirche gilt, gilt aber nicht für jede Teilkirche. Wir kennen durchaus untergegangene Bistümer. Was bisher noch nicht bekannt war, ist dieser Dekonstruktivismus, der den Sinn der Kirche in einer Teilkirche grundsätzlich in Frage stellt. Stellen wir uns vor, der FC Bayern (oder irgendein anderer Fußballclub) würde öffentlich sich fragen: Wozu bist du da, FC Bayern?, kommentierte Engelbert Recktenwald FSSP, ein Pater der Petrusbruderschaft, auf Facebook. In der Tat würde man wohl bei jeder anderen Organisation davon ausgehen, dass nach einer derart öffentlich gestellten Frage das Ende wohl bald nahe ist.
Die Kirche von Paderborn, das sei an dieser Stelle betont, ist wie die Universalkirche dazu da, das Evangelium zu verkünden und die Sakramente zu spenden. Diese Gnadenmittel dienen dazu, die Menschen in den Himmel zu führen, in das Reich Gottes, das in Gestalt der Kirche in die Zeit hinein greift. Damit ist eigentlich alles gesagt. Wo die Kirche ihre Sakramentalität und die Sakramentalität der Seelsorge aufgibt, da verliert sie ihren Sinn. Da verliert aber auch ihr caritatives Tun seinen Sinn, denn das alles kann jeder weltliche Sozialverein genauso tun. Gut ist das Tun der Kirche nur dann, wenn es sich aus den Sakramenten speist. Organisationsberatung führt nicht zum Heil. Die Kirche nicht und den Einzelnen auch nicht.
Die Dekonstruktion der Kirche, die sich mit dem Pastoralen Prozess im Erzbistums Paderborn ereignet, gibt sich paradoxerweise einen geistlichen Anstrich. Bereits in dem 360 Seiten umfassenden Zukunftsbild wird die Bistumsentwicklung als geistlicher Prozess beschrieben. Das an sich wäre tatsächlich einen zweiten Blick wert, läge dem ein tragfähiges geistliches Konzept zu Grunde. Doch auch hier Fehlanzeige. Die grundsätzliche Hinterfragung des Sinns der Kirche zeigt sich auch dort.
Um diesem geistlichen Prozess eine Form zu geben, ist jetzt ein Blog online gegangen, das zuvor nach eigener Aussage schon als internes Blog geführt wurde. Msgr. Martin Reinhard und sechs weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Erzbistums Paderborn machen sich damit auf den Weg, um geistliche Antworten darauf zu finden, wozu die Kirche von Paderborn dient. Ein geistlicher Prozess dekonstruktivistischer Suche nach Sinn in einer Teilkirche. Man kann sich so etwas gar nicht ausdenken. Auf dem diözesanen Forum der Erzbistums Paderborn im September sollen dann die Autoren des Blogs die Veranstaltung mit geistlichen Impulsen begleiten. Damit wird dann der dekonstruktivistische Prozess in ein geistliches Kleid gesteckt.
Paderborn ist kein Einzelfall. Viele sogenannte Erneuerungsprozesse deutscher Diözesen tragen diesen dekonstruktivistischen Touch. Es ist wohl eine Folge von zu viel Geld und zu wenig Glauben, aber das wissen wir auch nicht erst seit gestern.
Foto Peter Winnemöller (c) kath.net/Michael Hesemann
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