Reform der Reform als Zukunft

29. März 2017 in Kommentar


Warum die Liturgie so wichtig ist - Die 18. Kölner Internationale Liturgische Tagung in Herzogenrath bei Aachen beginnt heute - kath.net-Bericht von Martin Lohmann


Aachen (kath.net) Heute beginnt sie, die 18. Kölner Internationale Liturgische Tagung in Herzogenrath bei Aachen. Es ist diesmal eine ganz besondere Tagung, was schon das Tagungsthema verrät: Quelle der Zukunft – 10 Jahre Motu Proprio „Summorum Pontificum“ Papst Benedikts XVI.“ Denn am 7. Juli 2017 ist es genau zehn Jahre her, dass der heute emeritierte Pontifex die Brücke vorstellte, mit der es zu einer Aussöhnung und gegenseitigen Befruchtung von „alter“ und „neuer“ Liturgie kommen sollte.

Das Anliegen des damaligen Papstes war es, aus dem in Jahrzenten entstandenen Gegeneinander ein Miteinander zu ermöglichen. Jene Liturgie, die bis zur Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil über Jahrhunderte die normale Form der Messfeier gewesen ist, war seither mehr oder weniger in eine Ecke des Vergessens und auch der Verstaubtheit gedrängt worden. Bisweilen wurden diejenigen, die der Alten Messe anhingen und deren Kostbarkeiten nicht aufgeben wollten, mit dem Verdacht der hoffnungslosen Rückwärtsgewandtheit belegt. Bis heute hält sich das in die Umgangssprache hineinverpflanzte Missverständnis, dass beim alten Ritus der Priester ja „mit dem Rücken zum Volk“ zelebriere – als sei die gemeinsame Gebetsausrichtung auf den real anwesenden Gott eine Minderachtung des Gottesvolkes.

In den zehn Jahren, in denen durch das päpstliche Schreiben Papst Benedikts der jetzt außerordentlich genannte Ritus der Messfeier wieder „normal“ ist, hat sich vor Ort vielfach viel bewegt. Jedenfalls sind es keineswegs nur Nostalgiker, die aus eigener Erinnerung an früher den Wert der für Subjektivismen nicht vorgesehenen oder geradezu unmöglichen außerordentlichen Liturgie eine Wertschätzung entgegenbringen. Immer wieder sind es jüngere Katholiken, die den Zugang zu dieser – man sagt auch gerne: objektiven – Liturgie finden und spüren, dass bisweilen sowohl die lateinische Sprache als auch der verlässliche nachhaltige Ritus immer wieder Herz und Seele Räume des Erahnens des Mysteriums öffnen. Zur Bilanz nach zehn Jahren „Summorum Pontificum“ gehört zweifellos, dass die gegenseitige Befruchtung von zwei Formen der einen Liturgie begonnen und teilweise auch aktiv in Bewegung ist.

Aber es gehören auch Enttäuschungen zur Bilanz, trotz aller Versuche, den Schatz der liturgischen und in Jahrhunderten mit bewährter Reife und Würde versehenen Tradition in die normale Mitte des kirchlichen Lebens zu holen. Manche Vorurteile halten sich hartnäckig und werden – meist aus ignoranter Bequemlichkeit – auch gerne gepflegt. Als pars pro toto stehen die Begriffe „Nostalgiker“ und „Rücken zum Volk“.

Zu den Irritationen gehören auch Nachrichten, wie sie gelegentlich aus Rom zu hören sind. Den noch von Kardinal Ratzinger 2002 eingeführten Begriff der „Reform der Reform“ scheint sein Nachfolger als Papst weniger zu schätzen. Dabei ist mit diesem „Programm“ nichts anderes gemeint als die abgleichende Überprüfung dessen, was das Zweite Vatikanische Konzil einst wirklich meinte und was die Liturgiereform tatsächlich daraus machte beziehungsweise zuließ.

Nicht von ungefähr hatte das Konzil als erstes Dokument eine ziemlich eindeutige Erklärung zum heiligen Charakter der heiligen Messfeier in „Sacrosanctum Concilium“ ganz nach oben gestellt. Vieles von dem, was damals selbstverständlich gefordert wurde, wurde anschließend faktisch beiseite geschoben. Die Bedeutung des Chorals zum Beispiel. Und vieles von dem, was heute liturgisch normal zu sein scheint, hat mit dem Konzil nichts zu tun. So wurde die Zelebrationsrichtung zur Gemeinde damals zwar ermöglicht, aber keineswegs empfohlen. Darauf hat auch Robert Kardinal Sarah, der Präfekt der Ritenkongregation, mehrfach hingewiesen. Doch sein Aufruf, ad Orientem zu zelebrieren, verpuffte. Eine Unterstützung von Franziskus gab es hierfür nicht.

Der Ausrichter und Mitveranstalter der Liturgischen Tagung, der Herzogenrather Pfarrer Guido Rodheudt, bedauert es daher sehr, dass Kardinal Sarah trotz mehrfacher schriftlicher Zusagen zur persönlichen Teilnahme an der Tagung schließlich doch absagen musste. Aber, und dies wird nicht nur von den rund 200 Teilnehmern mit Spannung erwartet: Der Kardinal wird dennoch gleichsam anwesend sein, weil er ein eigenes Referat vorbereitet hat und seinen Vortrag verlesen lässt.

Guido Rodheudt, der zusammen mit Pfarrer Uwe Winkel (Bonifatius-TV) und anderen im Priesternetzwerk rund 500 Priester verbindet, geht es um Dialog und Verständigung. Ihm ist es ein Anliegen, dass lehramtstreue Verkündigung und ordnungsgemäße Sakramentenspendung nichts Schräges oder Verstaubtes oder gar Rückwärtsgewandtes sind. Die Tagung ist also auch so etwas wie ein großes Forum des respektvollen Austausches und der gegenseitigen Stärkung, also letztlich etwas durch und durch Katholisches.

„Leider“, so Rodheudt, „ist das noch nicht in allen Bischöflichen Ordinariaten so angekommen, so dass wir immer noch gegen ein Klima der Verdächtigung ankämpfen müssen.“ Offenbar ist bei manchen, die seit Jahren das Wort Dialog pudern und vergolden, hier noch eine kräftige Dialoglücke oder Dialogphobie vorhanden. Ein unverstellter Blick auf das Anliegen von Papst Benedikt sowie auf die Liturgische Tagung könnte buchstäblich erhellend sein.

Für Pfarrer Guido Rodheudt – und nicht nur für ihn – war das jetzt zehn Jahre alte Motu Propio „Summorum Pontificum“ ein „Befreiungsschlag“. Denn „grundsätzlich war es ein Fehler, das Rückgrat der abendländischen Kultur wie eine verstaubte Antiquität zu behandeln“. Liturgie sei vor allem getragen von Sakralität und Ehrfurcht. Das Geheimnis des Glaubens braucht Raum, der das Geheimnisvolle zulässt und schützt. Insofern ist eine Tagung, auf der diese Räume bedacht, erschlossen und geachtet werden, eine Initiative für die Zukunft des Glaubens und seiner Kraft der Mission. Und genau das braucht die Kirche, genau das hat und bringt Zukunft. Eine heilige Liturgie ist die Quelle für alles. Auf diese Quelle darf nicht verzichtet werden. Die Messfeier ist die konsequente Ausrichtung auf und die intime Begegnung mit Gott selbst.

Hinweis: kath.net berichtet bis zum kommenden Samstag täglich über diese Tagung.

Programm der 18. Kölner Liturgischen Tagung in Herzogenrath

Foto Martin Lohmann


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