9. April 2017 in Spirituelles
Wie sollen wir uns den Esel vorstellen, auf dem Jesus in Jerusalem einzieht? Gemälde leiten uns auf die falsche Fährte, denn Jesu Esel war kleines gewöhnliches Arbeitstier VIDEO: Heutiger Arbeitsesel in Nazareth Von Petra Lorleberg
Stuttgart (kath.net/pl) Gemälde zum Palmsonntag zeigen uns den Esel, auf dem Jesus in Jerusalem einzieht, gern als großes schönes Tier. Manchmal sieht man sogar ein regelrecht stolzes Reittier, fast wie es sich für einen Herrscher gebührt. Gelegentlich wird der Palmsonntagsesel weiß gezeichnet, weil man die Schimmel schon lange als königliche Farbe empfand. Auch kann man Tiere sehen, die eher Maulesel als Esel sind. Immerhin wird i.d.R. darauf verzichtet, den Palmsonntagsesel als Hengst darzustellen, zu stark hat sich im Bewusstsein einprägt, dass in der Darstellung des Matthäus von einer Eselstute mit Fohlen gesprochen wird. Doch da sich Herrscher durch die Jahrhunderte hindurch nur ungern auf Stuten zeigten (als der "Porsche" unter den Reittieren galt immer der Hengst), behelfen sich manche Gemälde damit, dass die Jesus zugeordneten Reittiere dem geschulten Auge doch öfter einen eher männlichen Ausdruck aufweisen. Vielleicht beziehen sich diese Darstellungen auf die Schilderung der anderen drei Evangelisten, die von einem "jungen Esel" sprechen und keine Mutterstute erwähnen.
Doch diese bildlichen Darstellungen führen uns auf die falsche Spur. Die biblischen Berichte lassen nicht auf ein königliches Reittier schließen. Unter diesem Beitrag findet sich ein kurzes Video von Pater Andreas Fritsch FSO, das einen Arbeitsesel im heutigen Dorf Nazareth (einer Art Freilichtmuseum) zeigt. Dieser Esel (hier ein geduldiger Wallach) ist zwar immer noch größer als die damaligen Tiere vermutlich waren, aber er mag uns trotzdem eine Vorstellung des braven Tieres vermitteln, das Jesus damals ritt. Vielleicht zog Jesu Esel später auch einmal eine Ölpresse oder lief im Kreis, um Wasser aus einem Brunnen hochzubefördern. Jedenfalls nennt Matthäus das Jungtier ausdrücklich "das Fohlen eines Lasttiers". Wir dürfen uns Jesu Palmsonntagsesel als ein Tier vorstellen, das im Laufe seines Lebens sowohl geritten wie auch für Arbeiten herangezogen wurde: Kein verwöhntes Luxusgeschöpf, sondern ein zähes, hart arbeitendes Tier, das sich nach "Feierabend" auch sein Futter selbst suchen musste. Von Hafer in der Krippe konnte so ein Esel wohl nur träumen. Der Kontrast dazu, dass vor diesem Esel Kleider auf den Weg gelegt wurden, um Jesus zu ehren, muss den damals lebenden Menschen regelrecht ins Auge gesprungen sein: Wer lässt schon ein gewöhnliches Arbeitstier feierlich über den "roten Teppich" schreiten?
Auch der Hinweis von Markus und Lukas, wonach auf dem jungen Esel "noch nie ein Mensch gesessen hatte", ließ den damaligen Zuhörer möglicherweise aufhorchen. Auf einem nicht eingerittenen Jungtier eine jubelnde Menge durchreiten? Das kann nur wohl Jener, dem auch Wind und Wellen gehorchen.
Gleichzeitig aber war damals der Besitz eines Esels durchaus willkommen. Wer wirklich arm war - ein Tagelöhner vielleicht - konnte sich nicht einmal einen Esel leisten.
Wenn wir Jesu Wahl des Reittieres in die uns heute besser vertraute Autowelt übersetzen, dann sehen wir, dass Papst Franziskus mit seiner Liebe zu unpompösen Kleinwagen und gebrauchten Autos völlig auf der Linie Jesu liegt, der auf einem recht banalen Tier nach Jerusalem einreitet. Mit seinem "hundsgewöhnlichen" Esel nutzte Jesus hier sozusagen ein "Alltagsauto".
Und noch ein Gedanke sei angefügt: Sollten wir uns nicht hie und da einfach als "Arbeitsesel Jesu" empfinden...?
Pater Andreas Fritsch FSO filmte eine Esel-Ölpresse im Dorf Nazareth
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