Papst betet Kolosseum-Kreuzweg mit Texten von Theologin Pelletier

15. April 2017 in Spirituelles


Meditationstexte zu 14 Stationen, die Weg Jesu zum Kreuz nachzeichnen, stehen unter dem Titel "Die Liebe Gottes erreicht im Kreuz ihr volles Maß".


Vatikanstadt (kath.net/ KAP)
Papst Franziskus betet am Freitagabend die Kreuzwegandacht im Schein tausender Kerzen und Fackeln am römischen Kolosseum. Das Karfreitagsgebet am antiken Amphitheater zählt zu den stimmungsvollsten Momenten der Osterfeierlichkeiten in Rom. Christen aus Italien und der ganzen Welt sind dazu angereist.

Das Gelände rund um das Kolosseum, an dem die "Via Crucis" traditionell stattfindet, wurde am Vormittag weiträumig abgesperrt und mit Metalldetektoren ausgestattet. Die Zugänge werden nach Öffnung am späten Nachmittag streng bewacht.

Während der Feier tragen Gläubige ein schlichtes Holzkreuz aus dem Innern des Kolosseums hinauf auf den Palatin-Hügel. Diesen Dienst übernehmen Laienkatholiken und Ordensleute aus den verschiedenen Kontinenten.

Ratzinger-Preisträgerin zitiert Märtyrer

Die Meditationstexte zu den 14 Stationen, die den Weg Jesu zum Kreuz nachzeichnen, stehen unter dem Titel "Die Liebe Gottes erreicht im Kreuz ihr volles Maß". Verfasst wurden sie von der französischen Theologin und Ratzinger-Preisträgerin Anne-Marie Pelletier. Sie erinnert in ihren Meditationen an die anhaltende Not unzähliger Menschen auf der Welt. So erwähnt sie das Weinen der verängstigten Kinder auf der Flucht und in den Kriegsgebieten, der Verwundeten auf den Schlachtfeldern, die nach einer Mutter rufen, sowie das einsame Weinen der Kranken und der Sterbenden. Das Kolosseum steht als Sinnbild für die Märtyrer des frühen Christentums, die wegen ihres Glaubens getötet wurden.

Pelletier zitiert unter anderem aus dem Tagebuch der in Auschwitz ermordeten jüdischen niederländischen Lehrerin Etty Hillesum (1914-1943), aus den Berichten des Trappisten Frère Jean-Pierre, des einzigen Überlebenden des Massakers an den algerischen Tibherine-Mönchen, aus Texten des von den Nazis hingerichteten deutschen evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) sowie des orthodoxen Theologen Christos Yannaras. Weiters lässt Pelletier die Heilige Katharina von Siena (1347-1380) zu Wort kommen.

Christos Yannaras verbindet die Lehre der griechischen Kirchenväter mit der Existenzphilosophie des Westens. Die sieben Trappistenmönche aus dem algerischen Kloster Tibhirine waren 1996 wohl von islamistischen Extremisten entführt und später enthauptet worden. Der heute 92-jährige Bruder Jean-Pierre arbeitete in Tibhirine im Gästetrakt des Klosters; daher war er nachts bei der Entführung nicht bei den anderen Mönchen. Im Juli 2016 wurde im Vatikan ein Seligsprechungsantrag für die algerischen Märtyrer eingereicht.

Pelletier lehrt Bibelwissenschaft und biblische Hermeneutik in ihrer Heimatstadt Paris. Sie ist Autorin zahlreicher Bücher und Beiträge in Fachzeitschriften, darunter auch zur Rolle der Frau im Christentum und in der Kirche. 2014 wurde sie als erste Frau mit dem Wissenschaftspreis der Vatikan-Stiftung "Joseph Ratzinger - Benedikt XVI." ausgezeichnet. Im Juni 2016 nahm sie auf Einladung der römischen Glaubenskongregation an einem Expertengespräch über die Rolle der Frau in der katholischen Kirche teil.

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