'Ehe für alle'? Nein danke!

29. Juni 2017 in Kommentar


"Der Begriff 'Ehe für alle' ist verwirrend und polemisch zugleich. Sollen jetzt alle heiraten? Auch die, die das gar nicht wollen?" Von Generalvikar Michael Fuchs


Regensburg (kath.net/Bistum Regensburg) „Ehe“ wirklich „für alle“?

Der Begriff ist verwirrend und polemisch zugleich. Sollen jetzt alle heiraten? Auch die, die das gar nicht wollen? Und falls es nur um das „Können“ geht: Sollen auch Kinder heiraten dürfen? Manche extreme Moslem würden jubeln. Wie wär´s mit einer Vierer-WG? In Kolumbien haben kürzlich drei Männer so etwas wie „geheiratet“ und in Japan „heiraten“ immer mehr Frauen sich selbst, weil die Feier so schön ist. Damit wird der Begriff „Ehe“ beliebig und letztlich abgeschafft. Praktisch ist dann nur noch die Kürze des Wortes, als leere Hülle sozusagen, in die alle, die wollen, schlüpfen können. Fachleute bekennen, dass es jetzt fast nur noch um die Adoption von Kindern ginge, vielleicht wäre daher die Forderung „Kinder für alle“ ehrlicher und entlarvender.

Wieso will das Grundgesetz die Ehe?

Nach dem Krieg war man es satt, Familien und Kinder von staatlichen Ideologen verzwecken zu lassen. Man wollte die besonders schützen, die heiraten und Kindern das Leben schenken. Dies ist natürlich nur für Mann und Frau möglich. Deswegen heißt es in Artikel 6 des Grundgesetzes: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Man kann diesen vielfältigen Schutz (Steuerrecht, Erbrecht, Familienrecht, usw.) auch „Privileg“ nennen oder „Sonderstellung“, aber nicht, um andere Menschen oder Lebensformen zu verunglimpfen, sondern um diejenigen besonders zu unterstützen, die für das Gemeinwohl und die Zukunft der Menschen diese besondere Aufgabe auf sich nehmen. Mehr Stütze bekommt der, der mehr Lasten trägt.

Die „Ehe für alle“ bedeutet hingegen eine Ent-Solidarisierung mit denjenigen, die als Mann und Frau Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Wenn jetzt „alle“ priviligiert werden sollen, wird es keiner mehr. Wenn alle in der ersten Reihe sitzen, gibt es sie nicht mehr. Die „Ehe für alle“ trägt daher wie eine James-Bond-Botschaft in sich den Keim der Selbstauflösung.

Was denken Christen über die Ehe?

Über den staatlichen Schutz hinaus ist die Ehe in christlicher Sicht ein Geschenk Gottes für Mann und Frau, ein lebenslanger Bund, in den Gott grundsätzlich die Fähigkeit gelegt hat, Kindern das Leben zu schenken und sie zu erziehen. Diese religiöse Sicht der Ehe hat die jüdisch-christliche Entwicklung unseres Kontinents über zwei Jahrtausende geprägt und darauf baut auch unser Grundgesetz auf.
Dies schließt ein, dass wir anders lebende Menschen in ihrer Würde und in ihrem Weg achten und sie schätzen. Diese anderen Lebensformen als Ehe zu bezeichnen, wäre Etikettenschwindel. „Tofu-Käse ist kein Käse“, schrieb kürzlich die Kölner Kirchenzeitung. Diese Lebensformen auch als Ehe zu behandeln wäre zutiefst ungerecht und intolerant, weil sie ihr Eigensein nicht ernst nimmt.

Brauchen Kinder Eltern?
Der Wunsch nach mehr Nähe von Vater und Mutter steht auf der Wunschliste aller Kinder ganz oben. Wenn daher ein Elternteil etwa nach einer Trennung nicht da ist, ist das immer schwer für das Kind, und viele solcher Eltern suchen mit Wochenenden und Ferien Lösungen für diese Situationen.

Für die Entwicklung des Kindes - gerade für die Reifung des Mann-Seins oder Frau-Seins - sind Bezugspersonen verschiedenen Geschlechts unabdingbar, am besten Vater und Mutter. Alles andere ist häufig unabwendbaren Situationen geschuldet, es sind jedoch eher Notkonstruktionen und können nicht als Vorbild und Beispiel herhalten. Die Erziehung eines Kindes durch ein homosexuelles Paar jedoch gesetzlich zu fördern und der natürlichen Ehe gleichzusetzen geht daher an den seelischen Bedürfnissen der Kinder vorbei.

Soll sich die Kirche raushalten?

Die Kirche ist für die Seele da, der Staat für den Leib, sagte man früher grob verkürzt. Selbstverständlich soll sich die Kirche nicht in gesetzliche Detailfragen einmischen, wie auch Politiker nicht mit dogmatischen Feinheiten streiten sollten. Bei der „Ehe für alle“ geht es jedoch um Grundsatzfragen, die alle Christen und die christlichen Kirchen angehen. Ein freier Staat soll nicht jede Lebensweise reglementieren, aber jene besonders schützen und stützen, die eine besondere Aufgabe für die Allgemeinheit übernehmen - das sind nun mal Mann und Frau, die als Eltern für ihre Kinder da sind, Zeit, Geld und Herzblut einbringen und - schon demographisch - Zukunft ermöglichen. Wenn an dieser Urzelle unserer gesellschaftlichen Solidarität gerüttelt wird und andere Lebensformen gleichgestellt werden, ist christliches Bekenntnis gefragt, nicht nur der offiziellen Kirchenvertreter, sondern jedes Christen und jedes Menschen guten Willens. Als Staatsbürger schließlich werden wir auch unsere Mitwirkungsrechte, wie etwa Wahlen, entsprechend wahrnehmen und eine Entscheidung treffen.

Michael Fuchs
Generalvikar des Bistums Regensburg


© 2017 www.kath.net