11. August 2017 in Kommentar
BeneDicta am Freitag mit Isabella Gräfin von Kageneck
Linz (kath.net)
In diesen Tagen fallen zwei Ereignisse mehr oder weniger aufeinander. In den letzten Juli- und ersten Augusttagen des vergangenen Jahres bin ich gemeinsam mit einer Pilgergruppe aus meiner Heimatpfarre nach Polen zum Weltjugendtag aufgebrochen. Am vergangenen Mittwoch, dem 9. August, haben wir wieder der heiligen Edith Stein gedacht, die an diesem Tage vor 75 Jahren in Auschwitz ermordet wurde.
Um ehrlich zu sein: Einer der Hauptgründe, warum ich mich entschlossen hatte zum Weltjugendtag zu fahren, war Edith Stein und unser Besuch in ihrem Elternhaus in Breslau. Ich kann rückblickend gar nicht mehr genau sagen, wann ich Edith zum ersten Mal begegnete. Es muss ungefähr um die Zeit gewesen sein, als ich meine alte Wirkungsstätte, die Politik, verlassen hatte und den beruflichen Neuanfang im Lehrerberuf gewagt habe, der mir ich habe darüber bereits geschrieben unsagbar schöne Momente der Erfüllung geschenkt hat. Auf einmal war sie da. Edith, meine Dozentin, meine Kommilitonin, meine Seelenführerin und meine Freundin. Auf einmal war dort jemand, eine Heilige, die genau wie ich ohne irgendeine pädagogische Vorbildung in den Schuldienst fand. Und sie half mir von der ersten Minute an, mit ihren Texten, ihrer Fürsprache und mit ihrem Dasein.
Am Abend vor unserer Fahrt in ihr Elternhaus nach Breslau sagte ich ihr, wie traurig ich sei, dass wir uns nicht so unterhalten könnten von Angesicht zu Angesicht, so wie ich mich mit einer normalen, realen Freundin hier auf Erden treffen könne. Auch als wir zur Haustür hereinkamen, dachte ich, wie schön es jetzt doch wäre, wenn sie uns mit ihrer frohen Art die Tür geöffnet hätte.
Nachdem wir einen Vortrag über Edith gehört hatten und uns im Haus umschauen konnten, wurden wir zu einem kleinen Imbiss in den Garten und den kleinen Innenhof eingeladen. Es war ein herrlicher und warmer Sommertag in Breslau und wir waren alle froh, etwas verschnaufen zu können. Schon als ich noch auf der Treppe stand, die zum Garten hinunterführte, fiel mir eine wunderschöne große Kastanie in der hinteren linke Ecke des Gartens auf. Neben dem Stamm stand ein Eckstein, der im Schatten der Kastanie stand. Ich kann nicht genau sagen, was es war. Aber irgendetwas zog mich zu dieser Kastanie und zu diesem Stein hin. Meine Gruppe eilte sofort zu den Getränken, während ich mein ruhiges und etwas abgeschottetes Plätzchen im Schatten der Kastanie auf diesem Stein fand. Ich hatte mich gerade dort hingesetzt, als ganz plötzlich eine Mitarbeiterin aus dem Haus auf mich zukam und meinte: Dort, wo Sie gerade sitzen, das war der Lieblingsplatz von Edith Stein. Sie liebte diese Kastanie und schrieb einmal, dass dies einer ihrer Lieblingsorte gewesen sei. Ich war wie von einem Blitz getroffen. Mein Herz schlug auf einmal höher und ich war plötzlich so glücklich. Ich spürte, dass sie da war. Jetzt. Hier. In diesem Moment. Bei mir. Auf einmal ließ mich ein Impuls meinen Rosenkranz aus meiner Tasche holen und ich begann zu beten. Es war, als ob mir Edith auf der anderen Seite des Rosenkranzes entgegengebetet hätte und sich für einen kurzen Moment unsere Seelen in der Mitte getroffen hätten. Tränen rannen über meine Wangen. Es war, als ob sie mir in diesem Augenblick Antwort auf mein Gebet gegeben hätte, indem sie mir sagte, dass wir uns sehr wohl wie zwei Freundinnen treffen und unterhalten könnten, dass wir nicht wirklich getrennt seien und dass sie mir näher sein könne, als so mancher Mensch hier auf der Erde.
In einem Kapitel ihrer Kreuzeswissenschaft schreibt sie dazu: Eine Berührung von Person zu Person ist nur im Innersten möglich; durch eine solche Berührung gibt eine Person der andern ihre Gegenwart kund. Wenn man also in dieser Weise sich innerlich berührt fühlt, so ist man mit einer Person in lebendiger Fühlung.
Nach dem Besuch im Elternhaus brachen wir zur Michaeliskirche auf, wo Edith immer die heilige Messe besucht hatte, wenn sie in Breslau war. Dort feierten wir eine kleine Eucharistiefeier. Edith war mir die ganze Zeit präsent und ich hatte eine solche Freude auf die Eucharistie. Zum ersten Mal begriff ich wirklich, dass wir in der heiligen Eucharistie mit allen Lebenden, Verstorbenen und den Heiligen um den Altar versammelt stehen. Für wenige kurze Augenblicke sind wir alle dort in Christus verbunden. Diese Erkenntnis war das zweite Geschenk, das Edith mir machte.
Nach meiner Rückkehr aus Polen, fuhren mein Mann und ich in den Kölner Karmel. Ich erzählte der dortigen Priorin Sr. Ancilla von meinem Erlebnis in Breslau. Wir beide fielen uns lachend und froh in die Arme und mit Tränen in den Augen sagte Sr. Ancilla: Das war die Edith
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