11. September 2017 in Weltkirche
"Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten." - Ein Nachruf an seinen großen Lehrer und geistigen Vater Kardinal Carlo Caffarra von Professor Livio Melina, ehem. Präsident des Päpstlichen Instituts Johannes Paul II.
Rom (kath.net/LaNuovaBussolaQuotidiana) Wenn sich die Emotionen langsam im Gebet beruhigen, wandelt sich die erste Fassungslosigkeit über den nicht wieder gut zu machenden Verlust eines großen Lehrers und Vaters in das dankbare Bewusstsein über das empfangene Geschenk, so wertvoll und einzigartig, dass nicht einmal der Tod es nehmen kann, da es in Gott verwurzelt ist. Wer uns Vater in der Wahrheit war, bleibt Vater für immer.
Tatsächlich hat Kardinal Caffarra, wie jeder echte Lehrer, die Schüler nicht an sich oder an seine eigenen Ideen gebunden, sondern dabei geholfen, gemeinsam auf eine größere Wahrheit zu schauen, die man lieben, suchen und ehren muss ohne menschliche Berechnung und Vorbehalte. Eine Wahrheit, die für ihn eine Person war. Wem es geschenkt war, sein Schüler zu sein, kann die faszinierende Erfahrung der Klarheit nicht vergessen, in die seine Vorlesungen eingeführt haben, während sie eine neue Vision der Moraltheologie boten.
Er überwand die Schematismen des kasuistischen Ansatzes, der Norm und Gewissen gegeneinander stellt und in der fruchtlosen Debatte zwischen Rigorismus und Laxismus hängen bleibt, indem er uns zeigte, dass der Ursprung der moralischen Dynamik in der Begegnung mit Christus besteht; er zeigte uns, wie die Wahrheit über das Gute einen Weg der Fülle des Lebens eröffnet, in Harmonie mit dem Plan, den der Schöpfergott in das Herz jedes Menschen geschrieben hat.
Die kristallene Klarheit seiner Lehre war daher keineswegs eine Starre, die von der Komplexität des konkreten Lebens nichts weiß, sondern ein Licht, das in Bewegung setzt, auf einen Weg der Bekehrung und des Wachstums, hin zur Erfüllung der eigenen Menschlichkeit, im Vertrauen darauf, dass die Gnade Gottes immer möglich macht, was sie befiehlt.
Sein Verständnis des Ehesakraments wurzelte im Geschenk des Bundes zwischen Christus und der Kirche. Somit legte er das Ehesakrament als eine Heimstatt zum Aufbau des Menschen und der Kirche dar sowie als wirklichen Weg zur Heiligkeit.
Wie die östliche Weisheit erkennt, sind wahre Lehrer die Eltern des Herzens, und daher auch die Väter unseres Geistes. Sie leben und wirken in uns weiter, bitten unsere Freiheit darum, sie anzuhören und aufzunehmen, und sie bringen Frucht in unseren Taten.
Als begeisterter Priester Christi und der Kirche übte Kard. Caffarra eine Vaterschaft aus, die von einfachem und konkretem Eifer für die Personen genährt war, und er hatte eine ausgeprägte Fähigkeit, um sich herum eine Gemeinschaft des Lebens und einen Geist der Geschwisterlichkeit zu schaffen und für die gemeinsame Arbeit zu begeistern.
Die große Wertschätzung und Freundschaft, mit der ihn der Hl. Johannes Paul II. auszeichnete, konkretisierte sich auf einzigartige Weise in der Errichtung des Päpstlichen Instituts für Studien über Ehe und Familie, für das er seine Kräfte, seine Liebe und seine Kreativität hingab. Und dann entwickelte er es gemäß der neuen Dimensionen als Erzbischof von Ferrara und dann von Bologna weiter, ohne je die Zentralität der Ehe und der Familie in der Neuevangelisierung zu vergessen.
Die vorbehaltlose Liebe für Christus, die Kirche und den Papst trug für ihn immer die Form eines reinen und freimütigen Zeugnisses für die Wahrheit, frei von Kompromissen und Verstellung zum persönlichen Vorteil oder aus Liebe zur Bequemlichkeit.
Daher hat er es bis zum Schluss verstanden, sich zu verausgaben und zu exponieren, und er hat dabei Unverständnis, Feindschaft und sogar Demütigungen und Verspottung auf sich genommen. Er tat es in der Überzeugung, dass die wahrste Form der Liebe und der beste Dienst, den er der Kirche und dem Papst geben konnte, die Treue zum eigenen Gewissen war und zur Stimme Gottes, die darin zu hören ist.
Er starb im hundertsten Jahr nach den Botschaften von Fatima; der geheimnisvolle Brief, den ihm Schwester Lucia im Hinblick auf seine Sendung zur Gründung des Instituts geschrieben hat, erlaubte ihm, die gegenwärtige Zeit als Teil der endgültigen Konfrontation zwischen Christus und dem Feind zu begreifen, die gemäß den Worten der Seherin genau auf dem Gebiet der Ehe und der christlichen Familie stattfinden würde.
Er hat sein Leben dafür gegeben, mit großzügigem und reinem Zeugnis. Der Herr lasse dieses Opfer für uns fruchtbar werden, in einem so dramatischen Zeitpunkt im Leben der Kirche und der Welt!
Für ihn sind daher die Worte des Apostels Paulus besonders passend: Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, aber nicht nur mir, sondern allen, die sehnsüchtig auf sein Erscheinen warten (2 Tim 4, 8).
Msgr. Livio Melina ist Ordentlicher Professor für Moraltheologie am Institut Johannes Paul II. für Studien über Ehe und Familie in Rom, dem er auch von 2006-2016 vorstand. Der erste von Johannes Paul II. eingesetzte Institutsvorstand war Carlo Caffarra (1981-1995).
Aus dem Italienischen für kath.net übersetzt von Maria Cavagno
Foto: (c) Stift Heiligenkreuz
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