'Der Kirche wurde ein großer Abfall im Evangelium prognostiziert'

30. Oktober 2017 in Weltkirche


FAZ: Kardinal Brandmüller über Franziskus, Amoris laetitia und weitere Fragen: Das „ständige verkrampfte Bemühen, ja keinen Anstoß zu erregen“ „ist mit dem Evangelium, mit der Existenz des Christen in dieser Welt schlechterdings nicht vereinbar“


Rom (kath.net)
Der römische Kardinal Walter Brandmüller hat in einem aktuellen Interview mit der FAZ zu einigen heißen kirchlichen Fragen Stellung genommen und daran erinnert, dass das Naturrecht, auf das sich die katholische Dogmatik bezieht, die Ehe als Lebensbund zwischen Mann und Frau an mit dem Ziel der Weitergabe des menschlichen Lebens sehe. Diese „natürliche Ehe“ werde durch Christus in eine „übernatürliche, göttliche Sphäre“ gehoben und so zum Sakrament gemacht. Brandmüller erklärt dann, dass Jesus selbst von der „Unauflösbarkeit der Ehe und der Verwerflichkeit des Ehebruchs“ spreche. Die Möglichkeit des Scheiterns wurde laut Brandmüller im kirchlichen Rahmen immer schon Rechnung getragen. Eine Möglichkeit zur Wiederverheiratung habe es aber bis zu Luther nicht gegeben.

Für den Kardinal ist das Christentum in seiner katholischen Ausprägung immer schon ein Ärgernis für die Welt. „Und Christus war und bleibt eine Herausforderung für die Welt. Christentum und Kirche sind nicht auf der hechelnden Jagd nach Plausibilität und Applaus. Das geht nicht“, stellte Brandmüller in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ klar.

Auf die Frage, ob wir auf den Untergang zurauschten, erinnerte Brandmülller an das, was im Evangelium zu finden sei. Dort wurde der Kirche nicht „ein glorioser Triumph des Glaubens sondern ein ‚großer Abfall‘„ prognostiziert. Dazu müsse man nicht einmal die Apokalypse des Hl. Johannes aufschlagen. Entscheidend sei nur, dass die Kirche „an sich nicht untergehe“. Brandmüller erinnert an einen Spruch von Christus „Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn mein Vater hat euch verheißen, euch das Reich zu geben“. Diese Dinge müsse man laut Brandmüller klar erkennen und sagen. „Und dieses ständige verkrampfte Bemühen, ja keinen Anstoß zu erregen, bei allen lieb Kind zu sein, ist mit dem Evangelium, mit der Existenz des Christen in dieser Welt schlechterdings nicht vereinbar“, stellte der Kurienkardinal fest und erinnerte dann daran, dass im Evangelium vom Erkalten der Liebe die Rede sei. Heute habe man eine derartige Erkaltung der Liebe, dass ungeborene Kinder und alte, demente und kranke Menschen umgebracht werden.

Angesprochen auf den die „Dubia“-Anfragen an Papst Franziskus erinnerte Brandmüller, dass die Öffentlichmachung der Fragen nach monatelangem Warten auf Antwort erfolgt sei. Die Fragen wurden auch im Hinblick darauf gestellt, dass viele Gläubige dieselben Fragen hatten und haben und auch auf Antwort warten. „Wir Kardinäle leben nicht außerhalb der Welt.“ Brandmüller erinnerte auch daran, dass man um Audienz gebeten habe, doch auch darauf habe es keine Antwort gegeben. Zur berühmte Fußnote 352 im umstrittenen Schreiben „Amoris laetita“ meinte Brandmüller, dass durch eine Fußnote wohl nicht die gesamte moraltheologische Überlieferung der Kirche außer Kraft gesetzte werden könne. Man habe sich laut Brandmüller dabei auf „einen einzigen Autor“ gestützt. Dieser habe nicht nur schlampig, sondern auch ideologisch gearbeitet. Daher sollte ihm bitte niemand weismachen, dass man sich hier auf die Väter stütze. „Ich sage: Quod non. Das Ganze ist eine unehrliche Geschichte, das ist Manipulation der Quellen.“

Brandmüller habe derzeit große Sorge, dass etwas explodiert. Die Leute seien ja nicht dumm. Eine Bittschrift an den Papst mit Bitte um Klärung habe inzwischen 870.000 Unterschriften. Brandmüller erinnert daran, dass Journalisten bereits festgestellt hätten, dass sich die Stimmung im Vatikan total gewandelt habe. „Man spreche nur noch mit den engsten Freunden. Wenn man telefoniere, benutze man das Handy. Was soll ich dazu sagen?“ Am Ende wird Brandmüller dann gefragt: „Halten Sie ein Schisma tatsächlich für denkbar?“. Seine Antwort: „Das möge Gott verhüten.“

Link zum vollständigen Interview in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“

Archivfoto: Walter Kardinal Brandmüller



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