9. November 2017 in Weltkirche
Früherer Präfekt der Glaubenskongregation schlägt ein Treffen hochrangigen Vertreter beider Positionen vor, um gemeinsame pastorale Richtlinie zu erarbeiten - Müller bedauert die Reibungen zwischen Kurienkardinal Sarah und Franziskus
Vatikan (kath.net) Kardinal Gerhard Ludwig Müller nimmt Papst Franziskus vor Häresievorwürfen in Schutz. Von Häresie könne man nur dann reden, wenn ein Katholik hartnäckig eine geoffenbarte und von der Kirche verbindlich vorgetragene Glaubenswahrheit leugnet, erläuterte der frühere Präfekt der Glaubenskongregation im Interview mit der Passauer Neuen Presse (PNP). Er konnte sich dies zwar auch bei Päpsten und Bischöfen vorstellen, räumte er ein und führte dazu aus: dazu müssten sie den Gläubigen eine Lehre mit höchstverbindlicher Autorität zu glauben vorlegen, die im Widerspruch stünde zu Gottes Wort in der Heiligen Schrift, zur Apostolischen Tradition sowie zu den bisherigen dogmatischen Entscheidungen der ökumenischen Konzilien. Doch dies sein zweifellos bei Amoris laetitia nicht der Fall. Hier habe dies Müller im Rückgriff auf verbindliche Interpretationsprinzipien lehramtlicher Texte sogar im Detail nachzuweisen versucht. Papst Franziskus habe nie an den Fundamenten des katholischen Glaubens rütteln wollen, auch wolle er nicht die Lehre Christi modernisieren, als ob sie veraltet sei. Es sei sträflicher Leichtsinn gegenüber dem Seelenheil der Betroffenen, hier mit solchen Schlagworten zu argumentieren.
Müller führte zu Amoris laetitia im Einzelnen aus, dass es in den wenigen strittigen Passagen des Schreibens darum gehe, Menschen in schwierigen ehelichen oft sogar tragischen familiären Verhältnissen pastoral beizustehen. Hier könne am Ende auch die volle Versöhnung mit Gott und der Kirche im Sakrament der Buße und danach auch Teilnahme an der Kommunion stehen.
Der frühere Glaubenspräfekt schlug im Interview mit der Passauer Neuen Presse vor, dass herausragende Vertreter beider Positionen sich treffen und anhand der Regeln eines wissenschaftlichen Gesprächs versuchen könnten, eine gemeinsame pastorale Richtlinie zu erarbeiten.
Zu Kardinal Sarah
Müller bedauerte sehr, dass bei der Frage der richtigen und treuen Übersetzung der originalen lateinischen Liturgiesprache des römischen Ritus Reibungen zwischen Papst Franziskus und Kardinal Robert Sarah entstanden seien. Franziskus hatte nach einem kritischen Kommentar Sarahs im Internet (siehe hier in voller Länge dem Präfekten der Gottesdienstkongregation in einem Brief öffentlich widersprochen.
Zur Frage, ob die Harmonie zwischen Papst Franziskus und dem emeritierten Papst Benedikt XVI. verschwunden sei, weil der Emeritus im Vorwort eines Buches geschrieben hatte, die Liturgie sei bei Sarah in guten Händen, wollte sich Müller nicht festlegen. Er erläuterte, es überschreite seine Kompetenz, sich zum Verhältnis des Papstes zu Benedikt XVI. öffentlich zu äußern.
Müller wies aber darauf hin, dass der aus Guinea/Afrika stammende Sarah in der Vergangenheit unter Lebensgefahr unter einer kommunistischen Regierung seinen Glauben bezeugt hatte. Der Kardinal bezeichnete dies gegenüber der Passauer Neuen Presse als eine tiefe spirituelle Voraussetzung, um in der Liturgie die Anbetung Gottes existenziell sowie spirituell zu vollziehen.
Archivfoto (c) Markus Gehling/kath.net
© 2017 www.kath.net