(Un-)menschlicher Christbaumschmuck!

10. Dezember 2017 in Kommentar


Die Vermarktung von Weihnachten ist ein leidiges Thema. Doch erst, wo der Mensch selbst zur Ware gemacht wird, wird das Fest der Geburt Jesu in seinem Kern getroffen. Von Dominik Lusser, Stiftung Zukunft CH.


Engelberg (kath.net)
Alles dreht sich nur noch um Konsum und das grosse Geschäft, wird vielerorts zu Recht beklagt. Anderseits gilt es zu bedenken, dass die Wirtschaft von jeher ein Begleiter menschlicher Feste war. Ohne materielle Grundlage und Schmuck sind Feierlichkeiten, die diesen Namen verdienen, schlicht nicht vorstellbar. Im Kern getroffen wird das Weihnachtsfest jedoch dort, wo der Mensch selbst zur Ware wird.

Die Wertschätzung jedes menschlichen Lebens, die im Glauben an die Menschwerdung Gottes zum Ausdruck kommt, hat unsere Kultur über viele Jahrhunderte geprägt. Der an Weihnachten erschienenen Menschenfreundlichkeit Gottes (Titus-Brief 3,4) verdanken wir – kulturhistorisch betrachtet – nichts weniger als „die Erfindung des Individuums“ (Larry Siedentop) und das Fundament der Menschenrechte.

In dem Masse aber, in dem das Christentum zurückgedrängt wird, kommt der Mensch unter Druck. Wie dieses Jahr in deutschsprachigen Medien bekannt wurde, bietet die australische Firma „Baby Bee Hummingbirds“ an, Embryonen zu „Andenken“ zu verarbeiten: Paare, die nach einer künstlichen Befruchtung entscheiden müssen, was mit ihren überzähligen Embryonen geschehen soll, können diese ungeborenen Kinder zu Asche verbrennen lassen. Die Asche, in der die DNA erhalten bleibt, wird mit Harz versetzt und zu Anhängern oder Ringen verarbeitet. Oder zu Weihnachtsbaumschmuck, wie die Firma auf ihrer Facebook-Seite wirbt.

Die Firma nennt ihre Produkte „Erinnerungsstücke fürs Leben“, und scheint die zynische Widersprüchlichkeit nicht zu bemerken: Kinder, die künstlich erzeugt, aber nie geboren werden, weil ihnen das Leben genommen wird, sollen zu Schmuck verarbeitete Erinnerungsstücke „fürs Leben“ sein? Das Unternehmen wirbt auch bei Männern, und zwar mit einem „exklusiven Geschenk“ für ihre Frau. „Gibt es eine bessere Form, um ihr kostbarstes Geschenk, ihr Kind, mit einem Schmuckstück zu feiern?“, lautet der Werbetext, der einem den Atem stocken lässt: Nicht das Kind leben zu lassen soll das kostbare Geschenk sein, sondern ein teures Schmuckstück aus seinen sterblichen Überresten!

Doch das innere Wissen der Eltern, dass es sich nicht bloss um Zellklumpen handelt, lässt sich nicht so einfach verdrängen. In Internetforen würden, wie die Bioethikerin Susanne Kummer bemerkt, tiefgefrorene Embryonen als „Eisbärlis“ oder „Schneeflocken“ bezeichnet. Hier zeige sich der innere Widerspruch der künstlichen Befruchtung: „Das Zur-Welt-Bringen des einen Kindes bedeutet zugleich das Vernichten von anderen Embryonen.“ Doch statt diese Todeserfahrung entsprechend aufzuarbeiten, wird daraus ein profitables Geschäft geschlagen. „Das ist ein perfider Versuch, das innere Wissen um die Kostbarkeit jedes Menschen ästhetisch-konsumistisch zu sublimieren.“ Aus Menschen, die selbst hätten leben und Schmuck tragen können, werden Schmuckstücke gemacht. Der Embryo wird damit endgültig zur Ware.

Auch in der Schweiz „fielen“ bisher jährlich mehr als 1'000 „überzählige Embryonen an“. Nach Inkrafttreten des neuen Fortpflanzungsmedizingesetzes am 1. September 2017 dürfte diese Zahl noch drastisch ansteigen. Die „sauberen“ Eidgenossen stapeln ihre überschüssigen Kinder aber lieber diskret im Labor, als sie sich um den Hals oder an den Weihnachtsbaum zu hängen. Überzählige Embryonen müssen in der „konservativen“ Schweiz eingefroren oder zu Forschungszwecken verbraucht werden. Doch die Verwertungs-Kultur, die dem Weihnachtsfest direkt entgegensteht, ist in Europa und in „Down Under“ die gleiche. Der Weg zu einem Kind durch künstliche Befruchtung führt in aller Regel über die Leichen ausselektierter, überzähliger Kinder – ganz egal, nach welchem „Geschmack“ man mit dem weggeworfenen Leben anschliessend verfährt.

Was gegenwärtig in der Reproduktionsmedizin und den ihr angehängten Industriezweigen läuft, dürfte durch die Einführung der sogenannten „Ehe für alle“ in Deutschland, Österreich und Australien noch zunehmen. Andreas Lombard hat die „Homosexualität“ zurecht als gross angelegtes Täuschungsmanöver und Türöffner für den reproduktionstechnischen Markt bezeichnet.

Weihnachten ist auch das Fest der Geschenke. Ein Geschenk aber, das sollte jeder Beschenkte aus eigener Erfahrung wissen, ist immer die Frucht freier Zuwendung und Liebe; und damit der eigenen Verfügbarkeit entzogen. So ist auch ein Kind, wenn es menschlich zu- und hergeht, die Frucht der liebenden Vereinigung seiner Eltern. Werden nun auch gleichgeschlechtliche „Paare“, in deren Beziehungen sich neues Leben prinzipiell nicht als Geschenk ereignen kann, zu reproduktionstechnischen Verfahren aller Art zugelassen, wird die Vermarktung und Verwertung des ungeborenen Lebens zunehmend zur gesellschaftlichen Normalität.

Immer mehr Kinder werden nicht mehr „empfangen“, wie man früher schön zu sagen pflegte, sondern nach Katalog konfiguriert, bestellt, hergestellt, verkauft und gekauft. Zu befürchten ist, dass solche Wunschzettel-Kinder in vielen Fällen nie als das angenommen werden, was sie wirklich sind: ein einmaliges Geschenk – und nicht die egoistische Erfüllung eigener Wünsche, die über Leichen geht.

Unsere Gesellschaft hat sich von der weihnächtlichen Botschaft über den Menschen, der Gottes Wohlgefallen geniesst (Lukasevangelium 2, 14), schon sehr weit entfernt. Sie gleicht immer mehr der Regentschaft des Herodes, der seiner Gier nach Macht und Besitz unschuldige Kinder opferte. Doch Heilig Abend ist noch keineswegs aller Tage Abend. Die Botschaft vom Kind in der Krippe, die keines fühlenden Menschen Herz unberührt lassen kann, ist immer auch eine Gelegenheit zur Umkehr.

Der Autor ist Leiter des Fachbereichs Werte und Gesellschaft bei der Stiftung Zukunft CH, einer überkonfessionell christlichen Stiftung mit Sitz in Engelberg. Diese setzt sich ein für zukunftstragende Werte, insbesondere für die Menschenrechte (1948) sowie für Ehe und Familie: www.zukunft-ch.ch


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