Gott aufnehmen; den Sohn Gottes aufnehmen und an ihn glauben

27. Dezember 2017 in Schweiz


Gott ist die Wahrheit. Jesus Christus ist die Wahrheit. Sein Wort ist die Wahrheit. Alles, was von ihm ausgeht, ist die Wahr­heit - Die Weihnachtspredigt von Bischof Vitus Huonder im Wortlaut


Chur (kath.net)
kath.net dokumentiert die Homilie von Bischof Vitus Huonder am Hochfest von Weihnachten, 25. Dezember 2017

Brüder und Schwestern im Herrn,

„Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr“ (Lk 2,10-11). Das ist die Botschaft der Feier der Heiligen Nacht: Uns ist der Retter, der Erlöser geboren.

Der Evan­gelist Johannes nimmt diese Botschaft auf und führt sie fort, indem er sagt: „Denn das Gesetz wurde durch Moses geben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus“ (Joh 1,17). Darf ich diesem Kernsatz des Evangelisten den Hinweis beifügen: Das ist heute geschehen. Mit der Geburt unseres Herrn Jesus Christus ist die Gnade und die Wahr­heit in diese Welt gekommen. Das Gesetz, die Gebote Gottes, wurden ergänzt und zur Vollendung geführt durch die Gnade und die Wahrheit. Oder darf ich das auch so formulieren, vor allem in Anlehnung an den Apostel Paulus: Was der Mensch nicht vermochte, das hat der Sohn Gottes, das Wort, das Fleisch geworden ist, bewirkt. Diese Feststellung dürfen wir auch in die Gegenwart setzen: Was der Mensch nicht vermag, das bewirkt der Sohn Gottes, das Wort, das Fleis­ch geworden ist. Denkt in Eurem Alltag daran.

Das Gesetz ist fordernd. Das Gesetz ist auch unerbittlich. Wer nicht nach dem Gesetz handelt, wird zur Rechenschaft gezogen und allenfalls bestraft. Auch das Gesetz Gottes ist fordernd und unerbittlich. Deshalb ist es für den Menschen eine Überforderung; für den Menschen, der sich im jetzigen Zustand befindet, für den von der Sünde gezeichneten Menschen. Der Mens­ch ist von einer geistigen Betrachtungsweise aus ein Verwundeter, ein Hinkender, ein Angeschlagener, ein Sündhafter. Wer es nicht glaubt, möge die Weltereignisse zur Kenntnis nehmen. Deshalb habe ich in der Mitternachtsmesse gesagt: Die Probleme der Menschen kommen von den Sünden, von der Missachtung der Schöp­fungsordnung, von der Verletzung der Gebote Gottes, letztendlich von der Abwendung von Gott, vom Mangel an Gottesglauben.

Diesem Menschen begegnet nun jener, der Gnade und Wahrheit in diese Welt brachte. Auch die Wahrheit ist, wie das Gesetz, unerbittlich. Denn sie stellt uns die Dinge vor Augen, wie sie sind, und nicht wie wir sie uns zurecht legen. Sie überlässt uns nicht der Täuschung. Dabei müssen wir bedenken: Die Wahr­heit, auf den Ur­sprung zurückgeführt, ist Gott selber. Gott ist die Wahrheit. Jesus Christus ist die Wahrheit. Sein Wort ist die Wahrheit. Alles, was von ihm ausgeht, ist die Wahr­heit. Das Kommen des Wortes in diese Welt stellt uns unmittelbar vor die Wahrheit. Es gibt eine Konfrontation mit der Wahrheit.

Dieser Konfrontation könnten wir nicht standhalten, wenn ihr nicht etwas anderes vorausginge: die Gnade. Und mit Gnade müssen wir unbedingt den Ausdruck Begnadigung verbinden. Wir könnten der Wahrheit nie standhalten, wenn Gott uns nicht begnadigen würde; wenn Gott nicht alle Sünden wegwischen, zunichte machen würde. Das ist durch Christus, der die Gnade in Person ist, geschehen.

Schließlich bleibt noch eines, und das ist nicht ganz unwichtig: Es bleibt der bedenkenswerte Satz des Evangelisten: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen die an seinen Namen glauben“ (Joh 1,12). Das ist der Angelpunkt des heutigen Evangeliums: Gott aufnehmen; den Sohn Gottes aufnehmen und an ihn glauben. Von nun an hängt unser Geschick nicht mehr am Gesetz, sondern am Glauben, das bedeutet an dem, durch den Gnade und Wahrheit in die Welt gekommen ist: an Jesus Christus, dem einzigen Sohn vom Vater (vgl. Joh 1,14). Ihn wollen wir aufnehmen. Amen.


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