Das Christentum kennt keine Speiseverbote

16. Jänner 2018 in Kommentar


Zur Grünen Woche in Berlin. Sechs Thesen für eine christliche Ethik der Ernährung - Diakrisis am Dienstag von Sebastian Moll


Linz (kath.net)
1. „Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird.“ – 1. Tim 4,4
Das Christentum kennt keine Speiseverbote. Wir kennen die Praxis des bewussten Fastens, wir kennen die Sünde der Völlerei, aber Vorstellungen eines grundsätzlichen Verbots bestimmter Speisen sind uns fremd. Diese Freiheit ist nicht etwa ein Ergebnis moderner Aufklärung, sondern gehört von Beginn an zu den Grundfesten des Christentums, wodurch es sich deutlich von anderen Religionen unterscheidet. Bei aller Freiheit darf aber niemals die Dankbarkeit vergessen werden. Wer aufrichtige Dankbarkeit empfindet, wird das Geschenk genießen und es gleichzeitig mit Respekt behandeln. Dankbarkeit ist somit die beste Grundlage für eine Ethik der Ernährung.


2. „Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt, dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergisst.“ – Dtn 8,10
Dankbarkeit vergeht schnell, sobald Gewöhnung einsetzt. In unserer verschwenderischen Wohlstandsgesellschaft ist das nur allzu deutlich zu spüren. Allerdings ist auch dieses Phänomen keineswegs neu. Die Heilige Schrift kennt zahlreiche Situationen, in denen der angemessene Dank in Vergessenheit gerät (siehe beispielsweise das Verhalten des Volkes gegenüber Moses), und warnt deshalb zu Recht davor, sich über Gott zu erheben.


3. „Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“ – Gen. 2,15
Bebauen und bewahren – mit beiden Tätigkeiten sind wir beauftragt, und doch stehen beide im ständigen Konflikt miteinander. Wer Land bebauen bzw. kultivieren will, muss in den vorgefundenen Zustand eingreifen. Je mehr Menschen ernährt werden müssen, desto mehr Ertrag muss erwirtschaftet werden. Dafür gibt es aber nur zwei Möglichkeiten. Entweder man intensiviert die Landwirtschaft auf den bereits bewirtschafteten Flächen oder man erschließt neue. Beide Strategien bergen Risiken, die sorgsam abgewogen werden müssen. Wer jedoch beide Alternativen kategorisch ablehnt, verweigert sich damit jedweder konstruktiven Lösung.


4. Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel und segnete sie, brach die Brote und gab sie den Jüngern, dass sie dem Volk austeilten. Und sie aßen und wurden alle satt.“ – Lk 9,16-17.
Jesus nimmt sich unserer Bedürfnisse an. Der göttliche Segen liegt auf dem Mehr, nicht auf dem Weniger. Das Ziel ist nicht eine Vermehrung um der Vermehrung willen, sondern die Bereitstellung von genug Nahrung, damit alle davon satt werden können. Heutzutage predigt man lieber den Verzicht, als ob damit den Hungernden dieser Welt in irgendeiner Weise geholfen wäre. Dabei stehen uns mittlerweile unglaubliche technische Mittel zur Verfügung, um mit immer weniger Einsatz immer mehr Ertrag produzieren zu können. Ohne diese Innovationen, insbesondere im Bereich der Grünen Gentechnik, wird es nicht möglich sein, die immer größere werdende Weltbevölkerung nachhaltig zu ernähren.


5. „Denn wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern nur etwas für die Wahrheit.“ – 2. Kor. 13,8
Von Ideologie und Propaganda lassen wir Christen uns nicht beeindrucken. Wir stehen auf Seiten der Wahrheit und auf Seiten der Menschen, im Interesse derer wir nach der bestmöglichen Lösung suchen. Hierzu prüfen wir den Wahrheitsgehalt von Aussagen objektiv, unabhängig davon, wer sie tätigt. Wir hegen keine Vorurteile und sind nicht so naiv zu glauben, dass NGOs immer die Wahrheit sagen, während Konzerne immer lügen.


6. „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ – Gen. 8,22
Gott ist Schöpfer und Erhalter allen Lebens. Die Rede von der ‚Bewahrung der Schöpfung‘ ist ein gut gemeinter Ansatz zur Förderung des Naturschutzes, aber zugleich ein Ausdruck menschlicher Überheblichkeit. Die Bewahrung der Schöpfung liegt letzten Endes nicht in unserer Hand, ebenso wenig wie ihre Zerstörung. Das ist kein Freibrief für Rücksichtslosigkeit, sondern im Gegenteil ein Appell für Maß und Mitte



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