6. Februar 2018 in Kommentar
Sorgen macht mir, dass man in dieser Zeit, in der sowieso schon so viel Chaos und Verwirrung in Politik und Gesellschaft herrscht, durch die Kirche der Narren manche spirituellen Sucher zusätzlich verschaukelt - Diakrisis von Stefan Meetschen
Linz (kath.net)
Es ist Karnevalszeit. Auch in der Kirche. Ein geistliches Dreigestirn tingelt in diesen Tagen am Niederrhein von Narrentreffen zu Narrentreffen und sorgt dazu laut KNA aufgrund seiner interkonfessionellen Besetzung auch noch für Ökumene Alaaf. Auch andere Priester und Prediger sind sich nicht zu schade, um in die Bütt zu steigen und sich dort zum Narren zu machen. Die Botschaft Jesu haben sie dabei mehr oder weniger im Gepäck, vor allem aber Spaß und gute Laune man möchte doch Mensch sein, als Mensch wahrgenommen werden und den Menschen nahe sein. Wie man es heute so schön, oft und mittlerweile, wie ich finde, ziemlich abgedroschen sagt.
Mir hat es deshalb gefallen, dass der Kommunikationswissenschaftler Michael Schaffrath im Interview mit der einzigen katholischen Wochenzeitung im deutschsprachigen Raum, der Tagespost, Kritik an diesem Treiben geäußert hat. Die Hüter des Glaubens karamellisieren hier ihre eigene Glaubwürdigkeit, meinte er, und wehrt sich dagegen, derartige Narrenaktionen als Teil der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit zu verbuchen. Geistliche sollten aus seiner Sicht ihre Dienste dem Gottesvolk anbieten, aber sich nicht auf populistische Art beim Gottesvolk anbiedern. Schaffrath erinnert ferner an Kranke, Sterbende und Trauernde, die es in dieser Zeit natürlich auch gibt und die von der Kirchen nicht vernachlässigt werden dürfen. Der soziale Dienst, so könnte man sagen, darf durch die fünfte Jahreszeit nicht verdrängt werden.
Sorgen macht mir bei allem Karnevalsverständnis, das ich als Rheinländer praktisch in den Genen habe, aber auch, dass man in dieser Zeit, in der sowieso schon so viel Chaos und Verwirrung in Politik und Gesellschaft herrscht, durch die Kirche der Narren manche spirituellen Sucher zusätzlich verschaukelt. Wenn auch mit bester Intention, was ja häufig der Idealweg zum Eigentor ist. So groß scheint das anthropozentrische Bedürfnis mittlerweile zu sein, dass man ganz zu vergessen scheint, dass die so oft zitierten Menschen vielleicht eine schlichte Sehnsucht haben könnten nach einer Institution, von und in der sie eben nicht bespaßt werden. Die eine echte Alternativ- und Gegenwelt anbietet zum profanen Gute Laune- und Ich bin gut drauf-Wahnsinn, der uns von morgens bis abends im Internet, in den Medien oder im Supermarkt umgibt eine Institution, eine Gemeinschaft, die frei nach Mircea Eliade und Rudolf Otto das Heilige, das Sakrale pflegt. Stiller und andächtiger als es die Events der Spaß-Gesellschaft 4.0 können.
Das setzt aber voraus, dass man die kirchliche Sphäre dementsprechend kultiviert. Dass man die eigenen Riten und Bilder ernst nimmt, die Gesetze und Gebote, Symbole und Sakramente. Dass man die katholische Tradition pflegt. Wenn man das nicht tut, darf man sich natürlich nicht wundern, wenn die Menschen da draußen die Kirche und ihre Frömmigkeitskultur auch nicht mehr ernst nehmen. Oder sie überhaupt richtig kennen.
Bei kath.net las ich neulich von einem Bonner Karnevalsverein, der in diesem Jahr mit einem Karnevals-Orden aufwartet, der eine Monstranz mit einem Bierglas zeigt und zwar an der Stelle, wo sich sonst eigentlich die Hostie befindet. Toll, dass nicht nur von katholischer Seite dagegen protestiert wurde, sondern auch von evangelischer. So stelle ich mir die echte Ökumene vor. Und vielleicht ist dadurch den ahnungslosen Narren sogar zum ersten Mal so richtig klar geworden, wem Katholiken die höchste Ehre erweisen. Und wie sie dies tun.
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