Kardinal Kasper: Franziskus ist ein prophetischer Papst

21. Februar 2018 in Weltkirche


Früherer Präsident des Einheitsrates: In der Ökumene "wäre theologisch mehr möglich als wir gegenwärtig tun" - Franziskus gehe es um "eine grundsätzliche Neuausrichtung am Evangelium" - Kasper: Priesterweihe für "viri probati" gegen Priestermangel


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Der frühere Kurienkardinal Walter Kasper lobt die Amtsführung von Papst Franziskus und hat seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass in der Ökumene "theologisch mehr möglich ist als wir gegenwärtig tun". Die Amtsführung des Papstes habe "etwas Prophetisches", so Kasper am Montag in einem Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur "Kathpress". Franziskus sei der erste "nach-konstantinische Papst", weil er nicht aus dem Bereich des alten Römischen Reiches komme, sondern aus der südlichen Hemisphäre. Damit leite er eine neue Epoche der Kirche ein: eine Kirche, "im missionarischen Aufbruch, eine arme Kirche für die Armen".

Besonders gut komme das in seiner Sprache, seinen Gesten und seinem Amts- und Lebensstil zum Ausdruck, so Kasper. Franziskus gehe es um "eine grundsätzliche Neuausrichtung am Evangelium". "Wie alle Propheten und Jesus selbst" errege der Papst damit Anstoß und werde verkannt. Seine Reformen der Kurie und anderer Institutionen seien nicht sein Hauptanliegen, so Kasper. Das werde oft missverstanden.

Die Amtsführung des Papstes sei ein "Pontifikat großer prophetischer Perspektiven", die Franziskus selbst nicht alle werde zu Ende führen können. Kasper, der den Papst bereits als Erzbischof von Buenos Aires kennenlernte, hofft aber, "dass seine Impulse weit über dieses Pontifikat hinaus wirken". "Ich bin dankbar für dieses Pontifikat", sagte der Kardinal.

Kasper war von 1999 bis 2010 Leiter des Päpstlichen Ökumenerates und davor Bischof von Rottenburg-Stuttgart (1989-1999). Am 5. März feiert er seinen 85. Geburtstag.

In Ökumene mehr möglich

In der Ökumene sind nach Ansicht des Einheitsrats-Leiters mehr konkrete Schritte möglich. Nach dem Reformationsjahr 2017 komme es darauf an, dessen Früchte umzusetzen "in konkrete Vereinbarungen und Annäherungen, die Bestand haben. Sonst verfliegt alles wieder", meinte Kasper in dem Interview.

Gemäß dem Schritt-für-Schritt-Prinzip von Papst Franziskus sollten die Kirchen "jetzt die Schritte tun, die möglich sind", so der Kardinal. Seiner Ansicht nach "wäre theologisch mehr möglich als wir gegenwärtig tun". Mit der evangelisch-lutherischen Kirche etwa sei man "in der Eucharistie- und Amtslehre zwar nicht völlig einig, aber doch sehr, sehr nah". Viele theologische Arbeiten, auch im Dialog mit den Ostkirchen, verstaubten in Regalen, anstatt dass die Kirchen die Impulse wirklich aufgriffen.

Die Idee sogenannter "viri probati" - die Priesterweihe für lebenserfahrene, bewährte und verheiratete Männer - hält Kasper für eine Möglichkeit, dem Priestermangel zu begegnen. Man solle "gründlich und zeitig darüber nachdenken: Welche Leute für welche Situationen brauchen wir, wie soll deren Ausbildung aussehen?". Mit einzelnen ständigen Diakonen könne man "anfangen und mit ihnen modellhaft einen Weg ausprobieren". Entscheiden müssten das die Bischöfe. Die Regelform in der katholischen Kirche bleibe aber der zölibatäre Priester, so Kasper.

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