Israel: Kirchen dementieren Gerüchte über weitere Schließungen

27. Februar 2018 in Weltkirche


Grabeskirche in Jerusalem im Streit um Steuerforderungen und Landenteignungen weiterhin geschlossen - Österreich-Hospiz-Rektor Bugnyar hat kein Verständnis für Protest


Jerusalem (kath.net/KAP) Vertreter der katholischen Kirche im Heiligen Land haben Gerüchten widersprochen, wonach im Protest gegen Israel am Dienstag außer der Grabeskirche auch die Geburtskirche in Bethlehem sowie die Verkündigungsbasilika in Nazareth geschlossen werden. "Die Geburtskirche ist und bleibt offen", sagte der Guardian der Bethlehemer Franziskaner, Artemio Vitores, der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur KNA.

In dem Streit gehe es auch um das Verhältnis der Kirchen zum israelischen Staat; die Geburtskirche befinde sich aber auf palästinensischem Gebiet, erinnerte der Franziskaner. Auch der katholische Patriarchalvikar in Israel mit Sitz in Nazareth, Hanna Kildani, sagte auf KNA-Anfrage, er wisse von keiner geplanten Kirchenschließung in Nazareth. Zuvor hatte sich die deutschsprachige evangelisch-lutherische Gemeinde Jerusalems am Montag solidarisch mit den Protestaktionen verschiedener Kirchen erklärt und die lutherische Erlöserkirche in der Jerusalemer Altstadt für Besucher geschlossen.

Die Schließung der Grabeskirche ging am Dienstag in den dritten Tag. Der Kustos der Franziskaner, Francesco Patton, sagte der französischen Tageszeitung "Le Figaro", die Wiedereröffnung der Kirche hänge von Signalen der israelischen Behörden ab. Am Vormittag sei zudem ein Treffen der Leiter der 13 anerkannten Jerusalemer Kirchen vorgesehen. Einheimische Christen riefen unterdessen für Dienstagnachmittag zu einer Protestkundgebung in der Jerusalemer Altstadt auf.

Hintergrund des Streits sind zum einen Steuerforderungen der Stadt Jerusalem an die Kirchen, die der seit osmanischer Zeit geltenden Steuerbefreiung der Kirchen widersprechen, samt Steuernachzahlungen in Millionenhöhe. Für Verärgerung der Kirchen sorgt auch ein Gesetzentwurf, der Israel ermöglichen soll, von Kirchen an Privatinvestoren verkauftes Land zu enteignen. Beide Vorhaben seien klare Verstöße gegen bestehende Abkommen und diskriminierten die Christen, so der Standpunkt der Kirchen.

Patton: "Keine leichte Entscheidung"

Der gegenwärtige Protest der Kirchen sei nicht gegen den israelischen Staat gerichtet, "aber es ist an der Zeit, dass seine Führer eine Bestandsaufnahme unseres Beitrags zum örtlichen Leben machen", sagte Franziskaner-Kustos Patton der Zeitung "Le Figaro". Zwei Erklärungen der Kirchen gegen die Maßnahmen der israelischen Behörden aus den vergangenen Monaten seien ungehört verhallt, erläuterte Patton den Entschluss der Kirchenführer, die touristisch wichtige Grabeskirche bis auf weiteres zu schließen. "Dies ist natürlich keine leichte Entscheidung, vor allem, weil es viele Pilger betrifft und jeder weiß, dass wir die Basilika bis Ostern nicht geschlossen halten können."

Das Gesetzesvorhaben, an Private verkauftes Kirchenland zu enteignen, bezeichnete der italienische Ordensmann als diskriminierend. Zum zweiten Streitpunkt sagte Patton, die Kirchen lehnten nicht grundsätzlich ab, Steuern zu zahlen. Allerdings werde das Verhältnis der Kirchen zum Staat durch den aus osmanischer Zeit stammenden sogenannten Status quo definiert. Dieser nehme die Kirchen wegen ihrer wichtigen sozialen Funktion von Steuerzahlungen aus. Mögliche Änderungen an dieser überlieferten Regelung müssten "von allen Parteien akzeptiert werden".

Österreichisches Hospiz zahlt Steuern

Kein Verständnis für die Schließung der Grabeskirche hat indes der Rektor des Österreichischen Hospizes in Jerusalem, Markus Bugnyar. Das an der Via Dolorosa in der Jerusalemer Altstadt gelegene Hospiz zahle seit 1985 Gemeindesteuern, berichtete Bugnyar der Tageszeitung "Der Standard" (Dienstag) - wenn auch nur ein Drittel dessen, was in Hinblick auf die Größe des Geländes fällig wäre. "Ich verstehe die Argumentation der Stadt und halte sie nicht für verwerflich. Es ist doch normal, dass eine Stadt ihre Bürger zum Zahlen der Steuern auffordert", so Bugnyar. "Das bisher war eine reine Ausnahmesituation, einmalig auf der Welt. Ich bin eher dankbar, dass wir so lange das Privileg genießen durften."

Kritik übt Bugnyar auch an der Wortwahl, mit der Franziskanerkustos Patton, der griechisch-orthodoxe Patriarchen Theophilos III. und der armenische Patriarch Nourhan Manougian am Sonntag in einer Erklärung den Gesetzentwurf der möglichen Enteignung von verkauftem Kirchengrund verurteilten. "Dies erinnert uns alle an Gesetze ähnlicher Natur, die gegen die Juden in den dunklen Zeiten in Europa erlassen wurden", hatten die drei Kirchenvertreter dazu festgehalten.

Für Hospiz-Rektor Bugnyar ist das eine Wortwahl, die schon in eine antisemitische Richtung geht: "Jetzt mit Christenverfolgung zu kommen und Vergleiche zu ziehen - da muss ich gerade als Leiter einer österreichischen, katholischen Einrichtung sagen: So kann und darf man nicht argumentieren", betonte er gegenüber dem "Standard".

Mogherini fordert Einigung

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat derweil zu einer friedlichen Lösung im Streit um die Grabeskirche aufgerufen. Der besondere Charakter Jerusalems als heilige Stadt der drei monotheistischen Religionen müsse erhalten bleiben und von allen respektiert werden, sagte sie in Brüssel.

Der jordanische Außenminister Aiman al-Safadi bezeichnete die Schließung der Grabeskirche als "Aufruf zum Handeln". Al-Safadi betonte, dass es eine Verantwortung gebe, die Öffnung aller religiösen Stätten in Jerusalem für alle Gläubigen zu gewährleisten. Die aktuelle Entwicklung bedrohe die Präsenz der Christen im Heiligen Land.

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