Mensch oder Zellhaufen?

21. März 2018 in Prolife


Kristina Hänels Tweet zeigt, worum es der Abtreibungslobby in Deutschland tatsächlich geht: nicht um Information, sondern um Desinformation; nicht um Tatsachen, sondern um Beschönigungen und Halbwahrheiten. Gastkommentar von Cornelia Kaminski


Berlin (kath.net) Kaum jemand hätte gedacht, dass die Debatte um Abtreibung mit einer solchen Wucht in diesem Frühjahr in Deutschland aufbrechen würde. Und noch weniger war zu vermuten, dass im aufgeklärten 21. Jahrhundert dermaßen reflexartig und wenig fundiert argumentiert werden würde – schließlich leben wir doch in einer Zeit, in der so einfach wie nie zuvor alle Informationen per Mausklick vom heimischen Sofa aus jederzeit abrufbar und Falschinformationen schnell als „fake news“ zu entlarven sind.

Die per Twitter und Facebook verbreitete Nachrichtenflut der Abtreibungsbefürworter scheinen sich aber an diesen Tatbestand wenig zu stören. Seit die SPD auf Drängen der CDU hin ihren Gesetzentwurf zur Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen zurückgezogen hat, twittert auch Kristina Hänel, die Ärztin, deren Verurteilung zu einer Geldstrafe von 6000 Euro Auslöser für die jetzige Attacke gegen die bestehende Rechtslage zur Abtreibung gewesen ist.

Einer ihrer ersten Tweets zeigte dabei ein Foto von etwas zerfranst wirkendem Gewebe, daneben ein Maßband und die Information, dies sei eine Fruchtblase in der 7. Schwangerschaftswoche, und kein Mensch könne da mit bloßem Auge einen Embryo erkennen – es sei Zeit, dass mit diesem Bild den völlig falschen Fotos von menschlichen Embryonen, die Abtreibungsgegner im Netz verbreiteten, etwas entgegengesetzt würde.

Nun ist es keinesfalls so, dass ausschließlich Abtreibungsgegner Bilder von Föten im Netz verbreiten. Selbst t-online, ein Unternehmen das ja keinesfalls im Verdacht steht, für das Lebensrecht auf die Straße zu gehen, stellt Informationen zum Verlauf der Schwangerschaft nebst eindrucksvollen Bildern ins Netz. Dort ist beispielsweise ein Embryo zu sehen, bei dem schon in der 5. Schwangerschaftswoche deutlich die Bildung von kleinen Händen zu erkennen ist, und der Leser wird darüber informiert, dass schon in der 6. Schwangerschaftswoche sein Herz schlägt. (Siehe hier).

Nahezu jede Webseite, die sich mit den Themen Schwangerschaft und Geburt befasst, hält solche Bilder in Hülle und Fülle bereit und informiert den Besucher über die Entwicklungsschritte des kleinen Menschen. Von Beginn an handelt es sich dabei um ein eigenständiges Lebewesen: zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung unterscheidet sich das Kind vom mütterlichen Organismus. Es hat natürlich eine eigene DNA, eine eigene Blutgruppe, ein eigenes Immunsystem und entwickelt sich von Anfang an kontinuierlich und zielgerichtet ohne jede Einschnitte weiter.

Die gefährlichste Zeit für den kleinen Menschen beginnt ab der 5. Woche, da ab hier die Mutter überhaupt erstmals bemerkt, dass sie schwanger ist, und reicht bis zur 12. Woche, bis zu der in Deutschland straffrei, wenn auch nicht rechtmäßig abgetrieben werden kann.

Wer im Internet nach Informationen und Bildern von Embryonen bzw. Föten (Bezeichnung ab der 8. Schwangerschaftswoche) sucht, findet eindrucksvolle Bilder von kleinen Menschen, die schon in der 6. Schwangerschaftswoche deutlich menschliche Züge erkennen lassen, in der 7. Schwangerschaftswoche bilden sich die Organe aus und werden die Gesichtszüge erkennbar, eine Woche später hat sich bereits alles, was beim geborenen Menschen zu finden ist, entwickelt. Das Kind wächst rasant heran, bis zur 10. Woche hat es sein Gewicht verzehnfacht und fängt nun auch an, Fruchtwasser zu schlucken. Schon in der 11. Schwangerschaftswoche beginnt das Kind, Gliedmaßen und den Kopf zu bewegen.

Zwei Drittel aller Abtreibungen werden zwischen der 7. und 11. Schwangerschaftswoche durchgeführt, zu einem Zeitpunkt also, bei dem auch im Ultraschall schon das schlagende Herz des Kindes zu sehen ist.

Wer Fotos von undefinierbarem Gewebe twittert und dazu schreibt, das sei eine Fruchtblase in der 7. Schwangerschaftswoche, muss schon auch erklären, warum dieses Gewebe nur wenige Wochen später ganz plötzlich munter im Bauch der Mutter strampelt, auf Licht und Geräusche reagiert und am Daumen lutscht.

Frau Hänels Tweet zeigt damit recht deutlich, worum es der Abtreibungslobby in Deutschland tatsächlich geht: nicht um Information, sondern um Desinformation; nicht um Tatsachen, die sich nicht leugnen lassen, sondern um Beschönigungen und Halbwahrheiten. Die sind notwendig, um die schwangere Frau nicht von ihrem Vorhaben – der Abtreibung – abzubringen. Nicht umsonst verzichten Abtreibungsärzte drauf, den Müttern Ultraschallaufnahmen ihres Kindes zu zeigen und werden etwa in den USA Abtreibungen nahezu immer ohne Ultraschallkontrolle durchgeführt, obwohl das die Sicherheit des Verfahrens für die Mutter erhöhen würde.

Noch etwas fällt bei den Mitteilungen auf, die sich per social media nun rasant schnell im Netz verbreiten: die Verbalattacken gegen die Lebensrechtsbewegung fußen stets auf den gleichen Unterstellungen, denen jede Grundlage entbehrt, und die in der Hysterie, mit der sie wiederholt werden, schon fast komisch wirken. Man wirft ihnen Gewaltbereitschaft vor und ignoriert, dass es die friedlich demonstrierenden Teilnehmer des Marschs für das Leben sind, die jedes Jahr mit massivem Polizeiaufgebot gegen gewalttätige Gegendemonstranten geschützt werden müssen. Man unterstellt, sie seien politisch im rechten Spektrum anzusiedeln und blendet aus, dass die Würde des Menschen und sein Recht auf Leben Grundlage unserer staatlichen Rechtsordnung ist. Man beschimpft sie als Fötusfetischisten und Antifeministen und leugnet dabei die Tatsache, dass Abtreibung zuvorderst frauenfeindlich ist – nicht nur, weil sie Frauen zutiefst verletzt, sondern auch weil Mädchen in zahlreichen Kulturen unerwünscht sind und wesentlich öfter abgetrieben werden als Jungen.

Aber die Zeiten, in denen Fake News wie diese unwidersprochen verbreitet und geglaubt werden sind zum Glück vorbei. Wer im Internet nach Bildern zu Embryonen in der 7. Schwangerschaftswoche sucht, bekommt unzählige beeindruckende Ergebnisse angezeigt. Ein Stück undefinierbares Gewebe ist nicht dabei.

Die Autorin unterrichtet Englisch und Französisch an einem Gymnasium, ist Oberstudienrätin, verheiratet und Mutter dreier Kinder. Sie ist Mitglied bei CDL und stellvertretende Bundesvorsitzende der ALfA.

Zur Dokumentation: Tweet der Abtreibungsärztin Kristina Hänel:

Eine Fruchtblase in der 7.SSW sieht so aus. Bitte erinnert die Presse daran, dass sie sich nicht mit den sogenannten Abtreibungsgegnern gemein machen soll, indem sie immer wieder deren Bilder zeigt. Niemand sieht mit bloßem Auge einen Embryo in der 7.SSW. pic.twitter.com/DJ4eosXN2A

— Kristina Hänel (@haenel_kh) 12. März 2018


Pressefoto Cornelia Kaminski



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