17. April 2018 in Kommentar
Es gibt wohl nur wenige Katholiken heute, die nicht schon die Erfahrung mit liturgischen Missbräuchen gemacht haben. kath.net-Klartext von Bischof Andreas Laun
Salzburg-Vatikan (kath.net) Die römische Instruktion Redemptionis sacramentum (Sakrament der Erlösung), 2004 vom afrikanischen Kardinal Arinze noch unter Papst Johannes Paul II. erlassen, will klarstellen, welche Regeln bei der Feier der hl. Messe einzuhalten sind und was zu vermeiden ist. Nicht nur Bischöfe Priester und Diakone, auch die Laien sollen darauf achten und Missbräuche gegebenenfalls dem Bischof melden.
Es gibt wohl nur wenige Katholiken heute, die nicht schon die Erfahrung mit liturgischen Missbräuchen gemacht haben. Wie es zu diesen Auswüchsen kommen konnte, hat sicher viele Ursachen. Ein Grund ist sicher die Glaubenskrise und auch die Diskriminierung jeder legitimen Autorität. Und dieser Geist fließt dann in so harmlos klingende Formulierungen hinein wie: Wir gestalten die Messe, ohne zu bemerken, dass die Messe schon Gestalt hat und gestaltet ist und es nur um eine begleitende Unterstützung der schon vorgegebenen Gestalt gehen kann.
Ich selbst erinnere mich z.B. an einen sehr beliebten und auch von mir geschätzten Priester, der den Messkanon frei, fromm aber theologisch peinlich, persönlich, formulierte. Ich erinnere mich noch, wie ich bei einer Konzelebration mit ihm darunter gelitten habe! Und ich kenne viele Laien, die mir von ähnlichem Leiden erzählen. Heute soll es Priester geben, die überhaupt kein Messbuch mehr verwenden und die ganze Messe noch gültig? aus dem Handgelenk beten.
Um das Anliegen dieses Beitrags noch besser spürbar zu machen, zitiere ich aus den ersten Abschnitten des genannten Dokumentes:
Die Lehre der Kirche über die heiligste Eucharistie, die das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm, enthält, die Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens ist und deren ursächlicher Einfluss sich am Ursprung der Kirche selbst zeigt, ist im Laufe der Jahrhunderte in den Schriften der Konzilien und der Päpste mit großer Sorgfalt und hoher Autorität dargelegt worden. Vor kurzem hat Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika «Ecclesia de Eucharistia» einige grundlegende Aspekte zu diesem Thema für die kirchliche Situation unserer Zeit von neuem vorgelegt. Damit die Kirche dieses so große Mysterium auch heute in der Feier der heiligen Liturgie gebührend schütze, hat der Papst der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung aufgetragen, nach gemeinsamer Beratung mit der Kongregation für die Glaubenslehre diese Instruktion zu verfassen, in der einige Fragen bezüglich der Ordnung des Sakramentes der Eucharistie behandelt werden.
Was in dieser Instruktion dargelegt wird, ist deshalb in Zusammenhang mit der Enzyklika «Ecclesia de Eucharistia» zu lesen. Es wird jedoch nicht beabsichtigt, eine Zusammenfassung aller Normen über die heiligste Eucharistie vorzulegen. Um den tiefen Sinn der liturgischen Normen zu bekräftigen, sollen in dieser Instruktion vielmehr einige geltende Regelungen, die bereits verlautbart und festgesetzt sind, aufgegriffen und andere Bestimmungen getroffen werden, welche die geltenden Normen erklären und vervollständigen, sie den Bischöfen, aber auch den Priestern, den Diakonen und allen christgläubigen Laien vorlegen, damit sie jeder gemäß seinem Amt und den eigenen Möglichkeiten umsetze. Nach einem Wort der Dankbarkeit für die Liturgiereform des Konzil fährt der Text fort: Dennoch fehlt es nicht an Schatten. So kann man nicht verschweigen, daß es Missbräuche, auch sehr schwerwiegender Art, gegen das Wesen der Liturgie und der Sakramente sowie gegen die Tradition und die Autorität der Kirche gibt, die den liturgischen Feiern heute in dem einen oder anderen kirchlichen Umfeld nicht selten schaden. An einigen Orten sind mißbräuchliche Praktiken in der Liturgie zur Gewohnheit geworden. Es ist klar, daß dies nicht zugelassen werden kann und aufhören muß. Und: Was in der vorliegenden Instruktion gesagt wird, möchte zu jener Übereinstimmung unserer Gesinnung mit der Gesinnung Christi hinführen, die in den Worten und Riten der Liturgie zum Ausdruck kommt. Die Missbräuche tragen «zur Verdunkelung des rechten Glaubens und der katholischen Lehre über dieses wunderbare Sakrament» bei.
Um Missverständnisse auszuschalten: Die Kirche unterscheidet zwischen veränderlichen und unveränderlich Elementen in der Feier der Liturgie, die sich anderen Völkern und Kulturen anpassen oder diese verändern. Für solche Veränderungen haben die Verantwortlichen der Kirche zu sorgen aber auch über sie zu wachen.
Aber zugleich gilt: Die Eucharistiefeier verläuft nach einer Grundstruktur, die durch alle Jahrhunderte bis in unsere Zeit gleich geblieben ist.
Ich möchte noch ein persönliches Erlebnis erzählen, das sich, wie einmal in meinem Umfeld, auch jetzt wieder in einer österreichischen Diözese wiederholte und mir von einer Frau erschüttert berichtet wurde:
Bei der Austeilung der hl. Kommunion im Rahmen einer feierlichen Messe im dortigen Dom saß der Bischof auf seinem Stuhl, viele Priester saßen, einige von ihnen teilten zusammen mit Laien Kommunionhelfern aus: Und zwar so, dass die Gläubigen sich die Hostie aus einer Schale selbst nahmen und sie dann in den Kelch eintauchten. Nachher sah man, wirklich nicht überraschend, viele Tropfen auf dem Marmorboden.
Das Dokument kennt diesen Missbrauch und sagt: Es ist den Gläubigen nicht gestattet, die heilige Hostie oder den heiligen Kelch «selbst zu nehmen und noch weniger von Hand zu Hand unter sich weiterzugeben.
Und: Es ist dem Kommunikanten nicht erlaubt, selbst die Hostie in den Kelch einzutauchen oder die eingetauchte Hostie mit der Hand zu empfangen.
Wenn man bedenkt, dass in den beiden Domen der jeweilige Bischof zugegen war, kann man nur noch sagen: Kein Kommentar!
Noch zwei andere Verhaltensweisen des liturgischen Missbrauchs möchte ich anführen:
Wiederum in Redemtionis sacramentum liest man: Es ist nicht erlaubt, die vorgeschriebenen biblischen Lesungen aus eigenem Gutdünken wegzulassen oder zu ersetzen oder gar «die Lesungen und den Antwortpsalm, die das Wort Gottes enthalten, mit anderen, nichtbiblischen Texten auszutauschen.
Und in Erinnerung an ein anderes Erlebnis: Unter keinen Umständen darf jemand zur Konzelebration zugelassen werden, wenn die Messfeier schon begonnen hat.
Und viele andere Geschichten und Erlebnisse könnte man noch erzählen. Und man sollte sich dabei erinnern, was die Priester in der Chrisammesse ihrem Bischof und der ganzen Kirche unter anderem versprechen:
Seid ihr bereit, in der Verkündigung des Evangeliums und in der Darlegung des katholischen Glaubens den Dienst am Wort Gottes treu und gewissenhaft zu erfüllen?
Seid ihr bereit, die Mysterien Christi besonders die Sakramente der Eucharistie und der Versöhnung gemäß der kirchlichen Überlieferung zum Lobe Gottes und zum Heil seines Volkes in gläubiger Ehrfurcht zu feiern?
Und zum Schluss dieser Überlegungen nochmals das Dokument: Die Kirche lehrt, dass die Eucharistie-Feier Höhepunkt und das Heiligste in ihrem Leben ist. Folgt daraus nicht unvermeidbar, dass sich die Kirche kümmern muss um die Gestaltung der hl Messe und darum auch darauf achten muss, dass den liturgischen Gesetzen gehorcht wird?
Videant consules, sagten die Römer, aber richtiger muss es heißen: Alle Katholiken sollen sich, jeder an seinem Platz, auch verantwortlich fühlen für die Feier dieses Geheimnisses, ohne das wir nicht leben können, wie man in der Kirche des Altertums sagte. Es gab nicht wenige Christen, die für dieses Geheimnis Märtyrer wurden.
Und zum Abschluss möchte ich noch den Katechismus (KKK) zitieren, in dem es viele Texte zur Liturgie und ihrer Feier gibt, die es zu betrachten gilt, aber in der Osterzeit dem Leser vorlegen möchte ich die folgenden Abschnitte:
Aus apostolischer Überlieferung, die ihren Ursprung auf den Auferstehungstag Christi zurückführt, feiert die Kirche Christi das Pascha-Mysterium jeweils am achten Tage, der deshalb mit Recht Tag des Herrn oder Herrentag genannt wird (SC 106). Der Tag der Auferstehung des Herrn ist zugleich der erste Tag der Woche, das Gedenken an den ersten Schöpfungstag, und der achte Tag, an dem Christus nach seiner Ruhe des großen Sabbats den Tag anbrechen läßt, den der Herr gemacht, den Tag, der keinen Abend kennt (Byzantinische Liturgie). Das Mahl des Herrn ist sein Zentrum, denn da begegnet die ganze Gemeinschaft der Gläubigen dem auferstandenen Herrn, der sie zu seinem Festmahl einlädt[Vgl. Joh 21,12; Lk 24,30].
Der Tag des Herrn, der Tag der Auferstehung, der Tag der Christen, ist unser Tag. Er wird Tag des Herrn genannt, denn an diesem Tag ist der Herr als Sieger zum Vater aufgestiegen. Wenn die Heiden ihn Tag der Sonne nennen, bekennen auch wir das gerne, denn heute ist das Licht der Welt aufgegangen, heute ist die Sonne der Gerechtigkeit erschienen, deren Strahlen das Heil bringen (Hieronymus, pasch.).
Der Sonntag ist der Tag schlechthin, an dem die Gläubigen zur liturgischen Versammlung zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken und Gott dankzusagen, der sie wiedergeboren hat zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten (SC 106).
Wenn wir, o Christus, über die Wunder nachsinnen, die an diesem Sonntag deiner heiligen Auferstehung sich ereigneten, sagen wir: Gesegnet ist der Sonntag, denn an ihm geschah der Beginn der Schöpfung ... das Heil der Welt die Erneuerung des Menschengeschlechts ... An ihm freuten sich der Himmel und die Erde und wurde das ganze Weltall von Licht erfüllt. Gesegnet ist der Sonntag, denn an ihm wurden die Pforten des Paradieses geöffnet, damit Adam und alle Verbannten ohne Bangen in es eintreten (Fanqîth, Syrisches Offizium von Antiochien, Band 6, Sommerteil, 5. 193b).
Die neue Zeit der Auferstehung erfüllt vom österlichen Triduum als ihrer Lichtquelle her das ganze liturgische Jahr mit ihrer Klarheit. Das Jahr wird vor und nach den drei Österlichen Tagen Schritt für Schritt durch die Liturgie verklärt. Es ist wirklich ein Gnadenjahr des Herrn[Vgl. Lk4,19]. Die Ökonomie des Heiles ist in der Zeit am Werk, aber seitdem sie im Pascha Jesu vollendet und der Heilige Geist ausgegossen wurde, ist das Ende der Geschichte als Vorgeschmack bereits vorweggenommen, und das Reich Gottes tritt in unsere Zeit ein.
Ostern ist deshalb nicht einfach ein Fest unter anderen, sondern das Fest der Feste, die Feier der Feiern, so wie die Eucharistie das Sakrament der Sakramente (das Große Sakrament) ist. Der hl. Athanasius nennt das Osterfest den großen Sonntag (ep. fest. 1), so wie die Heilige Woche im Osten die Große Woche genannt wird. Das Mysterium der Auferstehung, worin Christus den Tod besiegt hat, durchdringt unsere alte Zeit mit seiner mächtigen Kraft, bis alles Christus unterworfen sein wird.
Archivfoto Weihbischof em. Laun
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