14. Mai 2018 in Aktuelles
Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit mahnt in Kirchenzeitung-Interview Kirchen zu positiver Einstellung zum Existenzrecht Israels
Salzburg (kath.netKAP) Boykottaufrufe gegen Israel sind für die katholische Kirche nicht akzeptabel. Das hat Prof. Martin Jäggle, Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, betont. Im Interview mit der Kooperationsredaktion der heimischen Kirchenzeitungen (aktuelle Wochenausgaben) stellte er zugleich das Existenzrecht Israels völlig außer Frage. Jäggle äußerte sich anlässlich des bevorstehenden 70-Jahr-Jubiläums der Gründung des Staates Israel am 14. Mai.
Existenz und politische Entscheidungen Israels seien auf der Basis internationalen Rechts zu beurteilen, so der Theologe. Daraus würden sich für die Kirche folgende Haltungen ergeben: "Erstens eine positive Einstellung zum Existenzrecht Israels. Zweitens darf Israel nicht mit anderen Standards gemessen werden als andere Staaten. Und drittens darf Israel als Staat nicht dämonisiert werden." Nach diesen Kriterien könne man beurteilen, "wo Kritik an israelischer Politik endet und Antisemitismus beginnt", so Jäggle. Dies sei etwa der Fall wenn Israel in einer Diskussion als "Diktatur" bezeichnet werde. "Besonders absurd" sei auch, "wenn man Israel mit der Herrschaft der Hamas im Gaza-Streifen vergleicht".
Jäggle nahm in dem Interview auch zur umstritten BDS-Bewegung (Boycott, Divestment, Sanctions) Stellung, die durch Boykotte israelischer Güter oder des wissenschaftlichen Austauschs Druck auf Israel machen will und auch von einigen Kirchen, christlichen Organisationen und Institutionen unterstützt wird. Die BDS-Bewegung liege klar außerhalb dessen, was für die katholische Kirche akzeptabel ist. Jäggle: "Bei politischen Fragen kann es in der Tradition des Konzils verschiedene Ansichten in der Kirche geben. Aber Boykottaufrufe gegen Israel sind ganz klar nicht mit der katholischen Grundposition vereinbar. Keine christliche Kirche unterstützt die BDS-Bewegung in Österreich - auch aus historischen Gründen."
Kritik an Gebietserweiterung 1967
Im Hinblick auf die Situation der Palästinenser meldet sich im kirchlichen Kontext häufig die Friedensbewegung "Pax Christi" Österreich kritisch zu Wort. "Wir akzeptieren das Recht Israels auf die Gebiete, die es 1949 zugestanden bekam. Die Besetzung weiterer Gebiete 1967 im Sechs-Tage-Krieg lehnen wir aber ab. Hier wurde den Palästinensern die Lebensgrundlage entzogen", so "Pax Christi"-Vizepräsident Meinrad Schneckenleithner im Interview mit der Kooperationsredaktion der Kirchenzeitungen. "Pax Christi" berufe sich in ihrer Argumentation auf verschiedene Resolutionen der Vereinten Nationen wie etwa das Rückkehrrecht der Palästinenser.
Immer wieder werde die von der Organisation vertretene Position von "manchen zionistisch eingestellten Menschen" als Antisemitismus schlecht gemacht und "wir in ein Eck gedrängt werden, wo wir nie gewesen sind", so Schneckenleithner. Ganz im Gegenteil: Man habe eine lange Tradition des Gedenkens an die Shoah und an die NS-Zeit.
Für Schneckenleithner ist der Hinweis auf die "prekäre Situation" der Palästinenser wichtig: "Man muss für die Menschenrechte und für das Völkerrecht eintreten und den Mund aufmachen. Andernfalls könnte ich vor mir selbst als Christ sowie politisch interessierter Mensch nicht bestehen. Wir solidarisieren uns auch mit jüdischen Israelis, die so denken." Dass es unter den Palästinensern Extremismus wie jenen der Hamas gibt, ist für Schneckenleithner auch Folge der Situation, in welcher die Palästinenser in Gaza leben.
Solidarität mit Christen in der Region
Verbindend zwischen den unterschiedlichen Positionen in der Kirche könne die Betroffenheit über die Situation der Christen im Nahen Osten wirken, so Koordinierungsausschuss-Präsident Jäggle: "Es gibt eine Solidarität mit Christen in der Region, von der man nicht absehen kann. Aber das ist kein Spezifikum der Auseinandersetzung zwischen Israelis und Palästinensern. Es kann auch keine Solidarität mit Israel gegen die Palästinenser geben. Die Kirche steht hier auf dem Grundsatz der Zwei-Staaten-Lösung, die auch ein Recht auf Heimat für die Palästinenser beinhaltet." Zum Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern betonte der Theologe, dass dies ein politischer und kein religiöser Konflikt sei.
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