5. Juni 2018 in Kommentar
Alles ist möglich, nichts ist falsch. Dieses Fazit einer Fronleichnamspredigt irgendwo zwischen Münster und Bozen unterstreicht, dass Kardinal Woelki in der Predigt zu Fronleichnam 2018 nicht überdramatisiert hat. Gastkommentar von Helmut Müller
Vallendar (kath.net) Meine subjektive Zusammenfassung eben erwähnter Predigt lautet daran anschließend: Jeder kann denken, was er will, so der Prediger und meine Ergänzung: nur seid nett zueinander. Was war geschehen? Der Prediger begann seine Predigt mit: Heute predigt jeder mal für sich selbst. Das habe ich hiermit getan, aber behalte es nicht für mich alleine:
Der Prediger wies dabei auf ein abstraktes Gemälde vor dem Ambo mit dem Titel Begegnung hin. Erkennbar waren zwei rote Vierecke in Opposition zueinander. Dazwischen viel grün und rundum viel blau. Jeder sollte sich mit seinem Nachbarn darüber unterhalten. Ich sagte zu meinem Nebenmann: Man muss das nicht für gut empfinden. Heftiges Nicken. Dann schwiegen wir zusammen. Inzwischen ging der Prediger mit dem Mikrofon durch die verdutzten Reihen. Neben ein paar brauchbaren Äußerungen, auch die eines erwachsenen männlichen Zuhörers: Ein fünfjähriges Kind hätte das besser hin gekriegt. Darauf allgemeines Lachen. Eine Quintessenz des Predigers lautet w. o. schon gesagt: Alles ist möglich, nichts ist falsch. Die sakramentale Christusbegegnung wurde in der ganzen Feier explizit nur als Brot des Lebens begrifflich klar. M. E. auch nicht falsch, aber wenn ich mir erlauben darf: Zu wenig richtig. In der nachfolgenden Prozession ist dann Begegnung in ihrer Vielfältigkeit immerhin gut zum Ausdruck gekommen. Die von Papst Franziskus ständig beklagte pelagianische Frömmigkeit ließ - nach dem was begrifflich zum Ausdruck kam allerdings nicht mehr als Jesus, unser Freund und Bruder zu, Herr und Gott kam nicht vor. Brot des Lebens auf diese Ebene gebracht, belebt dann vielleicht nicht mehr, als ein starker Kaffee munter macht und die Teilnehmer eines Kaffeekränzchens Menschen miteinander ins Gespräch bringt. Wie gesagt: Alles richtig, nur zu wenig richtig.
Ich stellte mir vor, ein Atheist oder Agnostiker sitze in den Reihen der Zuhörer, was der wohl an Häme nicht sparend -denkt? Miteinander reden und sich dabei nicht die Köpfe einschlagen, so einander begegnen, das hatte schon Sokrates gewusst. Aber warum um alles in der Welt verwandelt sich Gott in einen Keks und in eine Flüssigkeit, die bei Weinfesten nicht nur wünschenswerte Folgen hat? Und um das irgendwie auf rätselhafte Weise zu ermöglichen, lässt er sich pudelfasernackt am Galgen der Antike vor aller Augen zu Tode schinden. Das Kreuz wird ja offensichtlich wieder so begriffen: als Marterwerkzeug, nicht als Zeichen der Erlösung. Dieser Gott muss doch ein Rad ab und seine an ihn Glaubenden nicht alle Tassen im Schrank haben; so was mit sich machen zu lassen! Klar, Sokrates hat man schließlich einen Schierlingsbecher gereicht, der ihn das Leben kostete. Das war beinahe ein schöner Tod, jedenfalls sehr viel stimmungsvoller, als das barbarische Sterben des Galiläers. Zudem waren seine Gedanken schon zu Lebzeiten des Gottessohn Genannten in der Welt und sind es auch heute noch. Ist dieser Gott so unbelesen, dass er die Botschaft des Sokrates nicht mitgekriegt hat und auch nicht wie es demselben erging?
Soweit meine Selbstpredigt und die möglichen Gedanken eines Agnostikers oder Atheisten. Kein Wunder, dass sich die Kirchen leeren und die dramatischen Worte des Kölner Kardinals ins Schwarze treffen, angesichts solcher auch über den deutschen Sprachraum hinaus reichenden pelagianischen Kontexte: Christus wird immer weniger Herr und Gott genannt, der allein durch seinen Sühnetod die Sünden der Welt und ihre Folgen hinweg nimmt, sondern er ist eher wie die Polizei, dein Freund und Helfer. Auch richtig, aber zu wenig richtig.
kath.net-Lesetipp:
Unterirdische Ansichten eines Oberteufels über die Kirche in der Welt von heute
Von Helmut Müller
80 Seiten
2015 Dominus Verlag
ISBN 978-3-940879-38-7
Preis 5.10 EUR
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