30. August 2018 in Interview
kath.net-Interview mit Weihbischof Marian Eleganti über die Enthüllungen von Erzbischof Viganò, das Schweigen des Papstes und das Homo-Netzwerk in der katholischen Kirche - Von Roland Noe
Chur (kath.net/rn) "Auffallend sind die Versuche, die traditionelle Lehre, die homosexuelle Akte als in sich ungeordnet betrachtet und deshalb ihr Ausleben verbietet, umzuschreiben. Papst Franziskus ist von Kardinälen und Beratern umgeben, die in diese Richtung gehen." Das sagt der Churer Weihbischof und frühere Jugendbischof der Schweizer katholischen Bischofskonferenz im kath.net-Interview.
kath.net: Das Weltfamilientreffen in Dublin wurde nicht nur wegen der Enthüllungen von Erzbischof Carlo Maria Viganò, dem ehemaligen Nuntius in Washington, vom Missbrauchsthema völlig überschattet. Der Papst selber möchte ja zu den Vorwürfen nichts sagen. Was sagen Sie dazu?
Eleganti: Dass Papst Franziskus dazu nicht ein einziges Wort sagen möchte, ist ein klassisches Nicht-Dementi. Lügen kommt ja auch nicht in Frage.
kath.net: Sie haben in Dublin in einem EWTN-Interview eine schonungslose und unabhängige Aufklärung der Ursachen der Missbrauch- und Vertuschungskrise, auch mit Blick auf die Frage einer "homosexuellen Subkultur" in der Kirche gefordert. Ein Schweizer Bistum hat Sie diesbezüglich auf unglaubliche Weise angegriffen. Was sagen Sie dazu?
Eleganti: Wer sich in den kirchlichen Strukturen auskennt, ist darüber nicht überrascht. In der Sache habe ich auf meiner Facebook-Seite mehrere Beiträge, die darauf Antwort geben. James Martin hat am Weltfamilientag verlangt, dass die Kirche die Homosexualität vollumfänglich der Heterosexualität gleichstellt und Homosexuelle in allen kirchlichen Diensten und Ämtern ohne weiteres zulässt, obwohl Papst Franziskus davon abrät, homosexuell empfindende Kandidaten in die Seminare aufzunehmen. Die Skandale und ihre Hintergründe zeigen, dass homosexuelle Kleriker, ihre Freunde und Netzwerke in der Strukturen der Kirche bis auf die höchste Ebene existieren und vertreten sind, unter ihnen sicher viele homosexuell veranlagte Kleriker, die enthaltsam und heilig leben. Von den anderen hören wir aber durch die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle täglich.
kath.net: In einem anderen Interview mit kath.ch sprachen Sie davon, dass diese Frage nur als eine Frage des Machtmissbrauchs bzw. Klerikalismus darzustellen wieder eine Vertuschung seien. Vertritt nicht Papst Franziskus bzw. ein Teil seines Umfeldes selbst diese Ansicht?
Eleganti: Die Frage ist sicher komplex. Es gehört aber zur politischen Korrektheit und gilt als ausgemachtes Dogma, dass Missbrauch und Homosexualität nicht zusammen gebracht werden sollen, ebenso wenig die Möglichkeit der Veränderbarkeit der homosexuellen Ausrichtung auch nur angedacht oder untersucht werden darf. Im Gegensatz dazu behauptet paradoxerweise die Gendertheorie, dass die sexuelle Ausrichtung frei wählbar ist. Judith Butler, eine der bedeutendsten Vordenkerinnen der Gendertheorie, ist lesbisch. Zu behaupten, dass Klerikalismus die ausschliessliche Wurzel von sexuellem Missbrauch ist und dabei nicht auch sexuelle und affektive Bedürfnisse und wohl auch Laster, in Betracht zu ziehen, ist aus meiner Sicht reduktionistisch und ein klassischer Fall von Wirklichkeitsverweigerung, d.h. rein ideologisch und interessengeleitet.
Papst Franziskus hat sich mit einem unbedachten, aber ehrlichen Statement im Flugzeug von Dublin nach Rom in dieses Wespennest gesetzt, indem er anmerkte, man könne bei homosexuell veranlagten Kindern bis zum zwanzigsten Lebensjahr psychiatrisch helfen. Seine Spindoktoren haben in der schriftlichen Version des Interviews deshalb seine Aussagen sogleich zensuriert und das obsolete Wort "Psychiatrie" entfernt und per Twitter erklärt, es handle sich hier um die allgemein psychologische Begleitung derselben. Franziskus hat aber offenbar an etwas anderes gedacht.
kath.net: Sollten Bischöfe, die nachweislich Missbrauchsfälle vertuscht haben, zurücktreten?
Eleganti: Schwer vorstellbar, dass sie im Amt bleiben.
kath.net: Nicht nur in den USA gibt es derzeit eine heiße Diskussion über ein Homo-Netzwerk in der katholischen Kirche? Halten Sie dies für real und gibt es Anzeichen, dass dies im deutschsprachigen Raum (Schweiz, Deutschland, Österreich) agiert?
Eleganti: Auffallend sind die Versuche, die traditionelle Lehre, die homosexuelle Akte als in sich ungeordnet betrachtet und deshalb ihr Ausleben verbietet, umzuschreiben. Papst Franziskus ist von Kardinälen und Beratern umgeben, die in diese Richtung gehen und James Martin, den prominentesten Kämpfer für eine Veränderung der bisherigen Lehre in Bezug auf Homosexualität, offen unterstützen. Zum Teil wurden sie von Papst Franziskus selbst ernannt wie Cupich, Tobin, Farell. Letzterer hat James Martin nach Dublin eingeladen. Was am Haupt der Kirche geschieht, multipliziert sich in ihrem Leib, natürlich auch in unseren deutschsprachigen Ländern. Kard. Marx und andere deutsche Bischöfe haben ja die Segnung von homosexuellen Verbindungen bereits öffentlich angedacht.
kath.net: Danke für das Interview
EWTN - Schweizer Weihbischof und früherer Schweizer Jugendbischof Marian Eleganti über den Missbrauch in der kath. Kirche: Manchmal muss eine Wunde platzen!
© 2018 www.kath.net