14. September 2018 in Kommentar
Bei einer Widerspruchsregelung würde der Körper des Sterbenden enteignet. Gastbeitrag von Prof. Manfred Spieker
Osnabrück (kath.net) Die Klagen über den Organmangel sind so alt wie die Transplantationschirurgie. In der Regel wird zur Milderung dieses Mangels die Ersetzung der erweiterten Zustimmungsregelung im Transplantationsgesetz von 1997 durch eine Widerspruchsregelung gefordert.
Der Kern des Problems der Organtransplantation wird jedoch fast immer übergangen: die Problematik des Hirntodes. Sie ist der blinde Fleck in der Debatte um die Organspende.
Dass der Hirntod, von dem es weit mehr als zwei Dutzend Definitionen gibt, keine objektive Todesdefinition, sondern eine 1968 in der Harvard-Universität festgelegte, allein vom Zweck der Organbeschaffung diktierte Definition des "Todes" ist, bestreiten auch die Transplantationschirurgen nicht.
Selbst wenn man annimmt, der Hirntod sei ein irreversibler Punkt im Sterbeprozess, so ist der Hirntote doch keine Leiche, sondern ein Sterbender, der ein Recht auf ein Sterben in Würde hat.
Die unter Narkose vorgenommene Organentnahme ist ein gravierender Eingriff in den Sterbeprozess.
Bei einer Widerspruchsregelung würde der Körper des Sterbenden einteignet. Von einer Spende, die immer freiwillig sein muss, kann da keine Rede mehr sein.
Der Bioethikrat des amerikanischen Präsidenten hat 2009 ein Papier zu den Kontroversen um die Todesdefinition veröffentlicht, in dem das Hirntodkonzept problematisiert wird.
Fazit: Die Würde des Sterbenden hat Vorrang gegenüber dem Interesse eines Kranken an einem neuen Organ.
Prof. Dr. Manfred Spieker (Foto) war Professor für Christliche Sozialwissenschaften am Institut für Katholische Theologie der Universität Osnabrück und ist jetzt emeritiert.
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