Neue Hoffnung für Kloster Reutberg

19. November 2018 in Deutschland


Bereits im Sommer 2018 hatte die Sachsenkamer Gruppe eine eigene Darstellung der Sache Reutberg an vatikanische Ordenskongregation übermittelt, man hofft, dass das Erzbistum München nun die Entscheidung Roms unterstützt.


Vatikan-München (kath.net/pm) In der Causa Reutberg gibt es in den letzten Tagen und Wochen eine Reihe von neueren und neuesten Entwicklungen, über die wir die Öffentlichkeit gerne informieren würden. Kurz zusammengefasst: Es gibt eine neue Hoffnung für den Reutberg. Der Konvent kann unter der Leitung einer apostolischen Kommissarin weiterbestehen, die direkt Rom unterstellt ist, wird nicht aufgelöst, sondern steht nun vor einer neuen, selbstbestimmten Zukunft. Eine Neubelebung ist dadurch wieder möglich geworden.

Die Eckpunkte dieser Entwicklung sind wie folgt: Bereits vor einigen Monaten, d.h. im Sommer 2018, hatte die Sachsenkamer Gruppe eine eigene Darstellung der Sache Reutberg an die Ordenskongregation in Rom übermittelt. Grundlage dafür war ein hundertseitiges Dokument, das vom Sprecher der Sachsenkamer Gruppe, Ulrich Rührmair, verfasst worden war. Es belegte mit Originaldokumenten und schriftlichen Nachweisen ausführlich die bisherigen Vorgänge rund um den Reutberg, und legte dar, dass es belastbare Möglichkeiten zum Erhalt des Ordenslebens auf dem Reutberg gäbe.

Am 13. Oktober 2018 reiste dann eine Delegation der Sachsenkamer Gruppe nach Rom, nachdem sich Mitarbeiter der Ordenskongregation bereit erklärt hatten, die Sachsenkamer in ihren Räumlichkeiten unmittelbar nahe dem Petersplatz zu empfangen. Bei diesem zweieinhalbstündigen Gespräch zeigten sich die Teilnehmer aus der Ordenskongregation äußerst genau informiert über die Situation und Vorgänge am Reutberg. Die Atmosphäre wurde von den Sachsenkamer Teilnehmern als sehr konstruktiv wahrgenommen. Rom war offenbar bereit, den Laienvertretern aus dem fernen Bayern Gehör zu schenken und sich deren Argumente in Ruhe vortragen zu lassen – darunter die Kernpunkte des genannten hundertseitigen Dokument, aber auch die 12.000 Unterschriften, die für den Reutberg über den Sommer in der Region gesammelt worden waren. „Wir waren sehr beeindruckt von diesem Gespräch und der Offenheit Roms“, so Helmut Rührmair, zweiter Vorsitzender des Vereins der Freunde des Klosters Reutberg e.V. und Mitglied der Sachsenkamer Delegation.

Knapp zwei Wochen später wurde nun von der römischen Ordenskongregation mit Wirkung zum 25. Oktober 2018 per Dekret verfügt, dass Sr. Benedicta Tschugg aus dem Konvent der Klarissen-Kapuzinerinnen von der ewigen Anbetung in Kloster Bethlehem in Koblenz in Zukunft dem Reutberger Schwesternkonvent als sogenannte „Apostolische Kommissarin“ vorstehen soll. Sr. Benedicta ist am Reutberg keine Unbekannte: Bereits von Mai 2017 bis Januar 2018 hatte sie als Gastschwester das Ordensleben am Reutberg bereichert, musste diesen dann aber abrupt auf Anordnung des Münchner Ordinariats verlassen. Die Stellung und Funktion einer Apostolischen Kommissarin ähnelt dabei im Wesentlichen der einer Oberin; sie ist gegenüber den Reutberger Schwestern weisungsbefugt, hat weitgehende eigene Finanzhoheiten am Reutberg und untersteht in ihrem Wirken lediglich dem Apostolischen Stuhl.

Der Reutberg Schwesternkonvent gewinnt so unter der Leitung von Sr. Benedicta seine Selbständigkeit zurück. In Zukunft könnten beispielsweise bei Bedarf neue Schwestern an den Reutberg kommen; eine Neubelebung ist somit wieder möglich geworden. Ebenfalls könnten theoretisch zusammen mit den Schwestern auch Priester am Reutberg ihre Bleibe finden. Diese Priester könnten auch die Großregion um den Reutberg seelsorgerisch mitbetreuen – die so ebenfalls von den neuesten Entwicklungen am Reutberg profitieren würde. Diese Lösungen hatte die Sachsenkamer Gruppe bereits in einem detaillierten Konzeptpapier im März 2017 und in ihrem Kompromissvorschlag vom Frühsommer 2018 vorgebracht; sie könnten nun potentiell nach dem Spruch Roms gemeinsam mit Ordinariat und Schwestern umgesetzt werden. Ein solches Konstrukt wäre übrigens historisch nicht ohne Vorbild: Bereits von 1651 bis 1802 waren gemeinsam mit dem Schwesternkonvent mehrere Ordenspriester am Reutberg, die sich neben der spirituellen Begleitung der Schwestern um Wallfahrt und Seelsorge kümmerten.

Die Entscheidung Roms wurde in den politischen und kirchlichen Gremien der Region sehr positiv und mit großem Respekt aufgenommen. „Die Gemeinde Sachsenkam freut sich, dass der Reutberger Konvent damit vor einer selbstbestimmten Zukunft steht“, so Hans Schneil, Erster Bürgermeister Sachsenkams. In dasselbe Horn stößt der Diözesanratsabgeordnete für die Reutberger Region, Ulrich Rührmair: „Wir freuen uns über die starke und unabhängige Entscheidung Roms, die dem Reutberg eine neue Zukunftsperspektive eröffnet“.

In Sachsenkam und am Reutberg ist man der Ordenskongregation und allen Verantwortlichen im Vatikan außerordentlich dankbar, dass sie zu dieser ausgewogenen Entscheidung gefunden haben. Man freut sich sehr, dass man in Rom die Argumente für den Erhalt des Konventes als stichhaltiger eingestuft hat als alle eventuellen Gründe für eine mögliche Auflösung. Aus Sachsenkamer Sicht wurde ein Gutteil des Vertrauens in die Amtskirche durch das weise und sensible Vorgehen Roms zurückgewonnen. „Dafür sind wir den zuständigen Mitarbeitern der Ordenskongregation wirklich zu großem Dank verpflichtet“, so Gerald Ohlbaum, erster Vorsitzender des Vereins der Freunde des Klosters Reutberg e.V.

Allerdings: Trotz aller dankbaren Euphorie ist es weiterhin nötig, die Vorgänge am Reutberg sehr genau zu beobachten und zu begleiten. Dies gilt für alle politischen und kirchlichen Gremien der Region, aber auch für die breite Öffentlichkeit und die Medien. In Sachsenkam hofft man insbesondere darauf, dass München die Entscheidung Roms nun mit voller Überzeugung unterstützt, und weiterhin konstruktiv mit allen Beteiligten zusammenarbeitet.

Denn noch sind all die möglichen Vorhaben am Reutberg ja nicht umgesetzt. Bis zu einer solchen Umsetzung und der endgültigen Zukunftssicherung kann es noch Jahre dauern. „Dies erfordert von allen Beteiligten letztlich ein waches Auge und einen langen Atem“, so Xaver Waldmann, Vorsitzender des Sachsenkamer Pfarrgemeinderates. „Die Öffentlichkeit und alle politischen und kirchlichen Gremien müssen auch in Zukunft eng mit am Ball bleiben“, so Waldmann weiter.

Ein nachhaltiger Neuanfang am Reutberg dabei kann nach der festen Überzeugung der Sachsenkamer Gruppe nur dann gelingen, wenn er auf den Schultern vieler steht und die Unterstützung der breiten Öffentlichkeit hat. Genau diese Unterstützung hat den Schwestern letztlich bis heute ihr Bleiben auf dem Reutberg ermöglicht; und ein waches Auge der Öffentlichkeit bleibt auch in Zukunft eine wichtige Voraussetzung für einen prosperierenden Reutberg.

In diesem Zusammenhang würde sich die Sachsenkamer Gruppe zusammen mit den Reutberger Schwestern gerne noch einmal von Herzen und tief empfunden bei allen Unterstützern bedanken. „Wir waren und sind immer noch überwältigt, wie geschlossen die Öffentlichkeit in den letzten eineinhalb Jahren zu uns gehalten hat“, so Ulrich Rührmair. „Das war letztlich mit ausschlaggebend dafür, dass die Schwestern nun positive Nachrichten aus Rom erhalten konnten.“

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Foto oben: Kloster Reutberg (c) Peter Seewald


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