4. Dezember 2018 in Kommentar
Vorsichtig und zaghaft weist der Papst darauf hin, dass homoerotische Zuneigungen im priesterlichen Leben keinen Platz hätten. Gastkommentar von Prof. Ulrich Kutschera
Kassel (kath.net) Der atheistische Evolutionsbiologe Prof. Ulrich Kutschera analysiert in diesem Kommentar die aktuellen Aussagen von Papst Franziskus zur Homosexualität als Mode sowie die päpstliche Ablehnung einer Anerkennung homosexueller Paare als Familie mit Verweis auf entsprechende Thesen des Churer Weihbischofs Marian Eleganti.
Obwohl kein sachkundiger Biologe die Schöpfungsmythen des Alten Testaments mit der Tatsache einer Jahrmillionen langen, blinden organismischen Evolution als Konkurrenzmodell akzeptieren würde (1), müssen wir zugestehen, dass in der Bibel zahlreiche Erfahrungen niedergeschrieben sind, die bis heute ihre Gültigkeit bewahrt haben.
In einem aktuellen Spiegel online-Bericht (Papst bezeichnet Homosexualität als Modeerscheinung) wird Papst Franziskus zunächst mit seinem wichtigen Satz zitiert, dass er jegliche Form der Diskriminierung schwuler Männer und lesbischer Frauen ablehnt. Diese Forderung habe auch ich immer wieder ausgesprochen sie kann nicht oft genug wiederholt werden (2). Allerdings bezeichnet der Papst die Homosexualität als Mode, die auch die Kirche negativ beeinflusst. Er interpretiert die homoerotische Neigung katholischer Priester als tief verwurzelte Tendenz eine Bewertung, die im Widerspruch zu seiner Ansicht steht, es gäbe eine Homo-Modeerscheinung in der Gesellschaft. Moden sind wandelbar, während tief verwurzelte Veranlagungen auf biologische Ursachen hinweisen. Weiterhin wiederholte der Papst seine bereits früher ausgesprochene Ansicht, homosexuelle Paare seien für ihn keine Familie: Diese sei als Ebenbild Gottes einzig Mann und Frau.
Homoerotische Neigung als angeborene Eigenschaft und sexueller Missbrauch
Aus Sicht der aktuellen evolutionsbiologisch-physiologischen Forschung muss dem Papst bezüglich seiner Bewertung der Homosexualität als Mode widersprochen werden. Wie ausführlich dargelegt (2), handelt es sich, insbesondere bei Männern, um eine angeborene Veranlagung, die auf vorgeburtlich von der Norm abweichende hormonelle bzw. immunologische Prozesse basiert und somit biologische Ursachen hat. Die allermeisten Homoerotiker werden daher mit dieser Eigenschaft geboren, die zwar von der Gesellschaft aufgewertet werden kann, aber nicht im Sinne einer Mode frei wählbar ist. Der päpstlichen Interpretation der Ehe von Mann und Frau im Sinne einer Ebenbildlichkeit Gottes möchte ich die biologische Tatsache entgegensetzen, dass nicht nur in Kulturnationen, sondern auch bei den letzten (nicht christlichen) Urvölkern der Erde eine Heirat im Wesentlichen der Erzeugung von Nachwuchs dient (2). Da auch in einschlägigen Bibeltexten Kinder als integraler Bestandteil der Mann-Frau-Familie thematisiert werden, gibt es diesbezüglich eine erstaunliche Übereinstimmung zwischen der Heiligen Schrift und den Erkenntnissen biologischer Forschung.
Vorsichtig und zaghaft weist der Papst darauf hin, dass homoerotische Zuneigungen im priesterlichen Leben keinen Platz hätten. An dieser Stelle sollte auf die Analysen und Aussagen des Weihbischofs von Chur, Marian Eleganti, hingewiesen werden, der wiederholt die häufigen Jungen-Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche auf die hohe Anzahl schwuler Priester zurückgeführt hat (Schätzungen liegen, nach verschiedenen Quellen, im Bereich zwischen 30 bis 60 %). Bereits am 28. August 2018 hat der Herr Weihbischof im Zusammenhang mit dem Welt-Familientag darauf hingewiesen, dass in 80 bis 90 % aller sexuellen Übergriffe von Klerikern die Missbrauchsopfer männlich waren (d. h. heranwachsende Jugendliche und erwachsene Seminaristen), wobei die Täter als homosexuelle Männer im Klerikerstand gekennzeichnet werden (Weihbischof Eleganti: Präzisierung zu Missbrauchsfällen und Homosexualität). Nur eine Woche später (5. September 2018) wiederholte Herr Dr. Eleganti seine oben zitierten Thesen mit den folgenden klaren Worten: Dies sind Fakten, die öffentlich nicht ausgesprochen werden dürfen, ein Tabu, dem sich viele Verantwortliche in der Kirche beugen. Wer immer diese Tatsache öffentlich ausspricht, wird diffamiert und als homophob psychopathologisiert. (Weihbischof Marian Eleganti: Homosexuellen-Tabu ist Teil der Vertuschung).
Papst Franziskus und Weihbischof Eleganti haben Recht
Hier muss ich dem Herrn Weihbischof in vollem Umfange Recht geben. Nachdem ich auf kath.net im Juli 2017 biologische Argumente gegen eine Gleichsetzung homosexueller Partnerschaften mit einer Ehe und das damit verbundene Adoptionsrecht kritisiert hatte (Ehe für alle? 'Diese widersinnige Entscheidung überrascht mich nicht'/), wurde ich in unzähligen Medien als homophober Professor diffamiert. Eine Klarstellung meiner Aussagen unter Verweis auf einschlägige Fachliteratur hat diese psychopathologische Psychopathologisierung meiner Person nicht zum Stillstand gebracht.
Wie im Nachfolge-Interview (Homo-Ehe: Staatlich-kirchliche Zementierung von Fehlverhalten?), unter Verweis auf eindeutige Studien dargelegt, haben sowohl Papst Franziskus wie auch Weihbischof Marian Eleganti in ihrer Analyse Recht. Sexueller Missbrauch durch geborene Homoerotiker, die als Stiefväter genetisch nicht verwandter Jungen in ihre Obhut nehmen (hingebungsvolle Kleriker, analog schwuler Männer-Paare als Adoptiveltern), stellt eine nicht zu leugnende Gefährdung potenzieller Opfer dar (2). Mit diesen aus kirchlicher wie biowissenschaftlicher Sicht getroffenen Aussagen sollen aber keineswegs alle schwulen Männer (bzw. lesbischen Frauen) unter Generalverdacht gestellt werden. Wie Weihbischof Eleganti unter Verweis auf seine Quellen (John Jay Report, Final Report Royal Commission) darlegt, handelt es sich bei diesen wissenschaftlichen Analysen um statistische Mittelwerte, ohne ein Individuum anzusprechen. Kurz formuliert: Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein junger Mann (heranwachsender Jugendlicher, Seminarist usw.), der im Schwule-Männer-Milieu aufwächst, als Objekt der Begierde angesehen wird, ist höher als in der heteronormalen Durchschnittsbevölkerung. Dieser Sachverhalt darf nicht tabuisiert werden, obwohl er als politisch inkorrekt angesehen wird.
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Zitierte Fachliteratur
1. Blancke, S., Hjermitslev, H. H., Kjaergaard, P. C. (Eds.) (2014) Creationism in Europe. Johns Hopkins University Press, Baltimore.
2. Kutschera, U. (2018) Das Gender-Paradoxon. Mann und Frau als evolvierte Menschentypen. 2. Auflage. LIT-Verlag, Berlin.
kath.net-Buchtipp
Das Gender-Pardoxon
Mann und Frau als evolvierte Menschentypen
Von Ulrich Kutschera
Taschenbuch, 446 Seiten, 2. Auflage
2018 LIT Verlag
ISBN 978-3-643-13297-0
Preis 25,60 EUR (Österreich)
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Der Evolutionsbiologe Prof. Dr. Ulrich Kutschera
Foto: Prof. Kutschera © Ulrich Kutschera/privat
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