8. Jänner 2019 in Spirituelles
Bischof em. Algermissen in Predigt zum Dreikönigsfest: Eine schreckliche Vision von Kirche, die da aufsteigt: Sie weiß die richtigen Wege Gottes zu den Menschen, aber sie selber geht diese Wege nicht!
Fulda (kath.net/bpf) Jesus ist der Christus, der Retter: nicht nur für die Hirten, nicht nur für das auserwählte Volk, sondern für alle Völker, alle Zeiten. Dies unterstrich der emeritierte Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen am Sonntagmorgen im Hohen Dom zu Fulda. In einem Pontifikalamt zum Hochfest der Erscheinung des Herrn (Epiphanie), auch bekannt als Dreikönigsfest, stellte der Oberhirte heraus, dass Gott jeden Menschen auf seine Weise rufe. Es kommt darauf an, dass sie seinen Ruf hören und aufbrechen, sonst finden sie ihn nicht, sagte er mit Bezug auf die drei Magier, die dem Stern nach Bethlehem folgten.
Gott führte die Sterndeuter zunächst nach Jerusalem. Doch die Sterne verblassten in dieser alten Königsstadt. Die irdische Macht und Gewalt sei blind für den neuen König und sein Reich gewesen. Sie habe Konkurrenz gewittert, die es auszuschalten galt. Die Priester und Schriftgelehrten gruben in ihren Buchstaben und wussten alles, doch sie bewegten sich nicht. Die religiösen Führer wissen zwar Bescheid, wo es langgeht, aber sie selbst bleiben zu Hause. Eine schreckliche Vision von Kirche, die da aufsteigt: Sie weiß die richtigen Wege Gottes zu den Menschen, aber sie selber geht diese Wege nicht! Die heutigen Menschen gingen den Zug der Sterndeuter mit ─ mit all den unterschiedlichen Erfahrungen, die ein jeder mit sich bringe. Es ist nicht immer leicht, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Da gibt es dunkle Erfahrungen, wo Gottes Sterne verblassen: Trauer, Enttäuschung, Verzweiflung ─ auch geistliche Wüste und Trockenheit.
Vielleicht kann so beschrieben werden, was Kirche sein könnte und sollte und auch ist, fuhr der Bischof fort: Weggemeinschaft auf Christus hin; gegenseitige Stütze und Hilfe auf diesem Weg; solidarische Weggemeinschaft durch alle Dunkelheiten und Fragen hindurch, die unsere zerrissene und blutende Welt uns stellt. Von Menschen, die miteinander unterwegs seien, lasse Gott sich finden. Die Sterndeuter fanden das Ziel, zu dem sie unterwegs waren. Die Offenheit dieser Männer bezeichnete Algermissen als erstaunlich, denn sie hätten einen König erwartet und ein Kind irgendwo am Rande der Welt gefunden. Er interpretierte es so: Sie legten Gott nicht auf ihre Erwartung fest, sondern waren offen für seine ganz neue, unerwartete Gestalt. Man dürfe auch heute Gott nicht einfach auf eine bestimmte Erscheinungsform festlegen, sondern müsse ihn so wahrnehmen, wie er sei. Anbetung ist nicht Unterwerfung, sondern dankbares Anerkennen, dass Er sich von uns finden lässt, wie Er ist ─ nicht, wie wir ihn haben wollen. Dies sei die Urgebärde des freien Menschen (P. Alfred Delp SJ), der seine Bedürftigkeit erkenne. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott bei uns bleibt ─ auch wenn wir das nicht immer spüren. Die Begegnung mit ihm ändert uns. Doch diese Änderung, diese Erfahrung muss dann wieder durch die Dunkelheiten unseres Lebens hindurch bis wir ihn endgültig finden werden im Lichte seiner Herrlichkeit, so der Bischof am Ende seiner Predigt.
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