10. April 2019 in Interview
Prof. Marianne Schlosser reagiert auf Behauptung von Prof. Peter Hünermann, sie hätte der DBK-Glaubenskommission Interna aus der Vatikanischen Studienkommission zum Frauendiakonat weitergegeben. Interview von Maike Hickson/LifeSiteNews
Toronto-München-Wien (kath.net/LifeSiteNews) Professorin Marianne Schlosser, eine deutsche Theologin, Universitätsprofessorin für Theologie der Spiritualität an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und Expertin in der Frage dem Diakonat von Frauen, hat LifeSiteNews ein Interview zur Geschichte der Diakoninnen gegeben und darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, mit dieser Frage differenziert umzugehen.
LifeSiteNews hatte sich an sie gewandt, weil Professor Peter Hünermann neulich in einem Interview mit LifeSiteNews behauptet hatte, Professor Schlosser die auch Mitglied der 2018 abgeschlossenen Vatikanischen Studienkommission des Frauendiakonats war hätte der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz gesagt, was das Ergebnis der Arbeit der Vatikanischen Studienkommission gewesen sei, nämlich dass es nie sakramental ordinierte weibliche Diakone gegeben habe. Der Bericht selbst wurde von Papst Franziskus bisher nicht veröffentlicht.
Schlosser verneint, dass sie jemals mit irgendjemandem über diesen Bericht gesprochen habe, auch nicht mit der Glaubenskommission der deutschen Bischöfe.
Professor Schlosser gab LifeSiteNews darüber hinaus Einblicke in die Geschichte der frühen Kirche und wie diese beim Umgang mit der Frage weiblicher Diakone hilfreich sein könnte.
Die folgenden Antworten sind die persönlichen Ansichten von Professor Schlosser als Expertin in der Frage der weiblichen Diakone. Das Interview erschien zuerst in englischer Sprache in Übersetzung. kath.net dokumentiert die Antworten von Prof. Schlosser im deutschsprachigen Original.
LifeSiteNews: Ist dies wahr, dass Sie einen solchen Bericht an die Glaubenskommission der DBK gegeben haben?
Marianne Schlosser: Das entspricht nicht den Tatsachen. Weder habe ich der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz Informationen über die Arbeit der päpstlichen Kommission gegeben, noch habe mich jemals zu Ergebnissen oder dem Abschlussbericht geäußert.
Über die Ergebnisse einer solchen Kommission oder die dort geführten Diskussionen Auskunft zu geben, sind die Mitglieder nicht befugt. Daher kommt die Behauptung, ich hätte solche Informationen anderen weitergegeben, einer Schädigung meines Rufes gleich ich nehme jedoch nicht an, dass dies beabsichtigt gewesen sei. Die Aussagen Prof. Hünermanns beruhen offenbar auf Mutmaßungen, auf falschen Schlussfolgerungen oder Fehlinformation derjenigen Personen, auf die er sich bezieht.
Jedenfalls haben diese Aussagen ebensowenig Fundament in der Wirklichkeit wie die Behauptung, ich sei Studentin des damaligen Professor Ratzinger. Auch das ist wenngleich zu meinem Bedauern! nicht wahr; ein Blick auf mein Geburtsdatum und Curriculum vitae hätte gezeigt, dass ich noch zur Schule ging, als Joseph Ratzinger 1977 Bischof wurde.
LifeSiteNews: Können Sie uns bestätigen, dass, was Hünermann sagt, korrekt ist, nämlich, dass die Frauendiakonatskommission zum Schluss gekommen ist, dass es in der Geschichte der katholischen Kirche nie geweihte Diakoninnen gab?
Schlosser: Diese Frage kann ich Ihnen leider aus dem gerade genannten Grund nicht beantworten! Ich habe mich zur Kommission in der Vergangenheit nicht geäußert, und ich werde das auch in der Zukunft nicht tun außer der Papst würde die Veröffentlichung des Abschlussberichtes anordnen. Die Ergebnisse solcher Studienkommissionen sind für den Papst bestimmt, und es liegt allein in seinem Ermessen, wie er damit verfährt.
Als Wissenschaftlerin, die sich in ihren Forschungen seit mehreren Jahren mit diesen Fragen beschäftigt hat, möchte ich jedoch auf eine besondere Schwierigkeit hinweisen, die in vielen Diskussionen und auch in Ihrer Fragestellung zutage tritt: Die Antwort auf die Frage Gab es geweihte Diakoninnen?, hängt natürlich davon ab, was man unter geweiht versteht.
In den Quellen der Alten Kirche begegnen uns verschiedene Termini z.B. im Lateinischen ordinare, consecrare, sacramentum , die uns nicht dazu verleiten dürfen, sie in der heute geläufigen Bedeutung zu verstehen. Im 1. Jahrtausend wird der Begriff ordinatio oder ordo umfassender verwendet als in späterer Zeit; heute bezeichnet das Wort fast immer das sacramentum ordinis, das Weihesakrament. Damals bedeutete ordo primär einen Stand, in den jemand mit einer liturgischen Feier (ordinatio) aufgenommen wurde: der Ordo der Mönche, der Witwen, der Presbyter, etc. Bis ins Hochmittelalter finden wir liturgische Texte, die ganz unbefangen von der Ordinierung einer Diacona sprechen. Das ist nichts Neues und längst bekannt!
Bedeutet ordiniert also, dass sie eine sakramentale Weihe empfingen? Hier ist ebenfalls zu beachten, dass der heutige Sakramentsbegriff, wie auch die Siebenzahl, erst im 12. Jh. theologisch geklärt und im 16. Jh. nochmals präzisiert wurde. In den ersten Jahrhunderten war die Trennlinie zu den heute so genannten Sakramentalien nicht so exakt gezogen. Konkret: Es gab und gibt Weihen für Personen, die mehr sind als ein Segen, insofern durch sie eine objektive geistliche Wirklichkeit begründet wird (z.B. die Mönchs-, Nonnen- oder Jungfrauenweihe), und die man gemäß dem Verständnis der Kirchenväter durchaus als sakramental bezeichnen könnte obwohl sie nichts mit der sakramentalen Ordinierung zum geistlichen Amt zu tun haben.
Mir scheint es vorrangig, den theologisch-geistlichen Kern der Ordinatio zur Diakonin in den Blick zu nehmen, wie es schon seit längerem z.B. die amerikanische Theologin Prof. Dr. Sara Butler tut. Für welche Aufgaben wurden Diakoninnen geweiht? Gibt es irgendwelche Hinweise dafür, dass die Alte Kirche diese Weihe als eine Teilhabe am apostolischen Amt aufgefasst hat? Sprechen die liturgischen Texte dafür, dass die Diakoninnen/ Diakonissen schlicht weibliche Diakone waren, oder eher dafür, dass sie etwas anderes, etwas Besonderes waren? Das Faktum, dass die Weihegebete für Diakoninnen- bzw. Diakonen-Weihe in keinem mir bekannten Fall identisch sind das gilt auch für die jeweiligen Formulare des oft genannten byzantinischen Ritus (Codex Barberini, 8.Jh.) müsste Aufmerksamkeit wecken. Nach dem alten Prinzip lex orandi, lex credendi könnte solch ein Vergleich aufschlussreich sein für das Verständnis der Diakoninnen-Weihe in der Alten Kirche.
Fazit: Ja, es ist kompliziert. Aber man kann sich von dieser Komplexität nicht dispensieren, wenn man zu tragfähigen Schlussfolgerungen kommen will. Ich hoffe jedenfalls, dass diese kurzen Anmerkungen erkennen lassen, wie wenig angemessen, und wie missverständlich plakative Aussagen sind.
Teresianischer Karmel - Theologieprofessorin Marianne Schlosser: Vortrag über die ´Innere Burg´ von Teresa von Avila
Rome Reports - Papst Franziskus zeichnet 2018 Theologieprofessorin Marianne Schlosser und Architekt Mario Botta mit dem Ratzinger-Preis aus (engl.)
Foto Prof. Schlosser (c) kathpedia
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