15. April 2019 in Kommentar
Will die Giordano-Bruno-Stiftung ernsthaft behaupten, durch Atheisten, Agnostiker oder Humanisten würden keine Verbrechen begangen? Gastkommentar von Markus Gehling
Berlin (kath.net) Es ist wieder soweit: Die Giordano-Bruno-Stiftung macht sich mit einem recht auffälligen Doppeldecker-Bus auf den Weg durch deutsche Städte. Vor Jahren haben sie uns damit erklärt, dass es Gott sei Dank keinen Gott gäbe und wir uns ein schönes Leben gönnen könnten. (Was ich nie verstanden habe, weil ich ja dank Gott ein schönes Leben habe.) Diesmal läuft die säkulare Buskampagne unter dem Motto Schluss machen jetzt! und zeigt lauter Leute, die per Whatsapp oder SMS mit Gott, der Kirche und dem Glauben Schluss machen. (Was ja schon im ganz normalen Liebes-Leben ein ziemlich schlechter Stil ist.)
Wie vermutlich erhofft, spielt nicht jeder der bezahlten Partner der Kampagne auch mit. Die Deutsche Bahn will mit der Begründung fehlender Neutralität für die im Mai startende Aktion keine Großplakate in Berliner Bahnhöfen kleben lassen. Endlich ein veritabler Skandal! jubelten vermutlich die Macher und freuten sich über die erwünschte Aufmerksamkeit, denn ausgerechnet die Bahn, die sei ja sogar Partner des Kirchentages.
So gehen die Kampagnenmacher mit diesem Skandälchen breit in die in die sozialen Medien und die Presse. Als Beispiel für die indizierten Plakatmotive verbreiten sie ein harmloses Bildchen einer attraktiven jungen Frau, die mit ihrem Handy der Kirche die Nachricht schreibt, dass endlich Schluss sein müsse mit der Kirchenfinanzierung durch den Staat. Das ist im Grunde sogar ganz lustig gemacht und ein Anliegen, das wohl auch manche Katholiken teilen.
Was dazu dann in den Kommentarspalten geschrieben wird, kann ich Ihnen ersparen, man kann es sich weitgehend vorstellen. Der lange Arm der Kirchen!, Unterdrückung der Konfessionslosen!, Verfassungsbruch! und so weiter. Das generiert natürlich Klickzahlen!
In der Pressemeldung klingt der leise Jubel des unvermeidlichen Michael Schmidt-Salomon geradezu durch: Diese Farce zeigt nur, wie wichtig die Anliegen der Säkularen Buskampagne sind. und Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in den 1960er Jahren klargestellt, dass nur ein strikt weltanschaulich neutraler Staat eine Heimstatt für alle Bürgerinnen und Bürger sein kann.
Dann beweist seine Stiftung noch mit zahlreichen Bildern, dass die Deutsche Bahn religiöse Werbung zulasse und es ihr daher selbst an Neutralität mangele. Sie stelle also die Atheisten und Konfessionslosen ganz bewusst schlechter.
Das zweite Plakatmotiv der Stiftung erscheint einigermaßen absurd, denn hier wird verlangt, was im Grunde selbstverständlich ist: dass Gesetze im Bundestag nicht aufgrund von Glaubensüberzeugungen gemacht werden dürften. Aber möglicherweise lautet die dahinter stehende Haltung, dass explizit religiöse Menschen im Namen der Religionsneutralität ihr passives Wahlreicht verlieren sollten?
Wirklich geschmacklos finde ich das nächste Bild der Kampagne, für das sich ausgerechnet Philipp Möller hat ablichten lassen, neben Hamed Abdel-Samat der wohl prominenteste Kopf der Atheistenorganisation und Dauergast in gewissen Talkshows. Sein Thema lautet: Missbrauch durch Priester straffrei. und er behauptet, dass in kirchlichen Einrichtungen Hunderttausende (sic!) von Kindern körperlich und psychisch misshandelt oder sexuell missbraucht worden seien. Der Staat habe die Täter geschützt und die Opfer seien bisher kaum entschädigt worden. Damit müsse Schluss sein.
Das Motiv macht erst einmal sprachlos. Möller tippt in sein Handy, seine Frage an Gott, wie es sein könne, dass dieser das Universum erschaffen haben wolle, aber sein Bodenpersonal nicht im Griff habe.
Wie geschmacklos ist es, mit dem Schicksal von Menschen, die in kirchlichen Einrichtungen, durch Priester oder andere Personen, Gewalt oder sexuellen Missbrauch erlitten, Werbung für den eigenen Verein und dessen Forderungen und Kampagnen zu machen? Oder soll damit der Eindruck erweckt werden, dass Leute, die nicht an Gott glauben, keine Verbrechen vergehen? Will die Giordano-Bruno-Stiftung ernsthaft behaupten, durch Atheisten, Agnostiker oder Humanisten würden keine Verbrechen begangen? Oder möchte man diese Verantwortung dann doch lieber nur für den recht überschaubaren Kreis der eigenen Mitglieder und Anhänger übernehmen, obwohl man doch ansonsten so gern für alle Religionslosen insgesamt sprechen will und dieses Drittel der deutschen Bevölkerung politisch und gesellschaftlich zu vertreten vorgibt? Was war da noch los an der ausgesprochen humanistischen Odenwaldschule? Was geschah in den Kinderheimen der DDR? Man stelle sich mal vor, die evangelische Kirche würde mit einem solchen Motiv werben, im Sinne von kommt zu uns, bei den Katholiken wurden hunderttausende, ja Milliarden von Kindern misshandelt und missbraucht, bei uns aber ist es anders.
Ja, dass es in erschütterndem Maße körperliche, psychische und sexuelle Gewalt in Räumen der Kirche gegeben hat, und dies durch Menschen, die das Evangelium verkünden sollten, das ist extrem schmerzhaft für jeden Katholiken. Aber wegen der Menschen, die die Ideale der Kirche verraten und die Gebote Gottes mit Füßen treten, müssen wir der Kirche sicher nicht den Rücken kehren und uns der Giordano Bruno Stiftung zuwenden.
Ebenfalls einigermaßen absurd erscheint das letzte Plakatmotiv, auf dem sich eine junge, orientalische Frau vom lieben Islam verabschiedet, der ihr einfach zu alt sei. Da wendet sie sich vermutlich lieber dem jungen Priester und Philosophen zu, der im Jahre 1600 in Rom hingerichtet wurde, ein Urteil, das Papst Johannes Paul II. 400 Jahre später ja als Unrecht bezeichnete. Der war aber, wenn auch in damals ketzerischer, aber heute wieder aktueller pantheistischer Weise, immerhin alles Andere als Atheist.
Überhaupt: Humanisten, kann sich nicht jemand mal den Begriff schützen lassen? Aber dann für echte Humanisten vom Schlage eines Erasmus von Rotterdam, Albertus Magnus oder Thomas von Aquin.
Markus Gehling ist Pastoralreferent in Voerde/Bistum Münster und führt den Blog Kreuzzeichen. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern.
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