Die Darstellungen gehen auseinander: Knien bei der Prozession

25. Juni 2019 in Deutschland


Durften bei der Fronleichnamsprozession des Erzbistums Berlin die Teilnehmer vor dem Allerheiligsten hinknien, wenn sie dies wollten? Von Petra Lorleberg


Berlin (kath.net/pl) Die Darstellungen gehen auseinander: Wurde den Teilnehmern des zentralen Fronleichnamsgottesdienstes mit Erzbischof Heiner Koch auf dem Gendarmenmarkt bei der anschließenden Prozession zur Sankt Hedwigs-Kathedrale untersagt, bei einem Altar vor dem eucharistischen Herrn zu knien?

Das Knien sei erlaubt gewesen, erläuterte Stefan Förner, Pressesprecher des Erzbistums Berlin, gegenüber kath.net auf Anfrage. Vor Beginn des Gottesdienstes auf dem Gendarmenmarkt sei dazu folgende Vermeldung verlesen worden: „Ich darf Sie sehr herzlich bitten, den freundlichen Anweisungen unserer Helferinnen und Helfer zu folgen, um einen würdigen, aber auch flüssigen Verlauf der Prozession zu gewährleisten. Auf der Höhe des Hauses Unter den Linden 15 passieren Sie den diesjährigen Transitaltar, auf dem das Allerheiligste in der Monstranz präsent ist. Gerne können Sie dort eine Verehrungsgeste vornehmen, jedoch bitten wir Sie inständig und herzlich, dort nicht stehen zu bleiben, sondern den Prozessionsweg zum Bebelplatz fortzusetzen.“

Weiter erläuterte er auf die Nachfrage für nicht Ortskundige: „Die Idee eines ‚Transitaltars‘ hat Erzbischof Koch in Berlin eingeführt. Wie der Name (von dem ich nicht weiß, ob es sich wirklich um einen liturgischen Terminus Technicus handelt) schon sagt, ist es ein Altar, an dem die Gläubigen vorbeiziehen sollen, nicht ohne ‚dort eine Verehrungsgeste‘ vorzunehmen … also eine Kniebeuge, auch die doppelte Kniebeuge, bei der man komplett niederkniet. Es beginnt also die Prozession mit dem Allerheiligsten an ihrem Anfang, beim Transitaltar zieht die Prozession am Allerheiligsten vorbei, so dass das Allerheiligste in mitten der versammelten Gemeinde auf den Stufen der Sankt Hedwigs-Kathedrale ankommt. Eine schöne und passende ‚Choreographie‘, wie ich finde.“

Förner weist weiter darauf hin, dass dies aber eine „logistische“ Herausforderung sei, „da die Prozession sich ohnehin schon immer auseinander und in die Länge zieht. Daher auch die ‚inständige Bitte‘, nach der persönlichen Verehrungsgeste weiterzugehen. Die ersten warten bis zu eine halbe Stunde, bis das Ende der Prozession auf dem Bebelplatz eintrifft. Die ‚Lautsprecherdurchsage‘ sind die üblichen Vermeldungen zum Ablauf von Gottesdienst und Prozession. Sie müssen an diesem Tag sehr präzise sein, da wir mit einer sehr bunten Mischung rechnen: Gläubige aus aller Welt, insbesondere aus den fremdsprachigen Gemeinden, Touristen aus den Teilen Deutschlands, an denen an Fronleichnam gesetzlicher Feiertag ist, Passanten, Neugierige, Polizei und Sicherheit und nicht zuletzt einen Betrunkenen, der von der Treppe des Konzerthauses zu fallen drohte und einen Feuerwehreinsatz auslöste. Entsprechend unterschiedlich sind auch die geistlichen Traditionen, die berücksichtigt werden sollen, aber auch die Unwägbarkeiten, die es an diesem Tag zu beachten gilt.“

Demgegenüber hat die Berliner Katholikin Claudia Sperlich in einem Beschwerdebrief an das Erzbistum Berlin geschildert, dass „auch dieses Jahr“ „den Gläubigen anlässlich der Fronleichnamsprozession explizit untersagt“ worden sei, „vor dem Eucharistischen Herrn niederzuknien“. Sie habe dies „bereits letztes Jahr erlebt, damals noch grausiger, weil ich unvorbereitet auf dies Unding war und die Ordner damals regelrecht gescheucht haben. Heuer war ich, Dank sei Gott, nicht die Einzige, die dennoch vor dem Eucharistischen Herrn die angemessene Haltung eingenommen hat.“

Weitere Katholiken bestätigten die Darstellung Sperlichs, man habe den Herrn „da auf dem Altar abgestellt, ohne Statio“. Jemand schilderte, dass er wegen genau dieser Ankündigung mit Untersagen des Kniens während der Prozession bereits vor Beginn der Messe weggegangen sei, anderswo wenigstens eine stille Anbetung vor dem Allerheiligsten gehalten habe und abends zur Messfeier gegangen sei.


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