Soll erklärten Abtreibungsbefürwortern die Kommunion verwehrt werden?

3. Juli 2019 in Prolife


„Zur Wirklichkeit des kirchlichen Lebens gehört auch, dass der Empfang des allerheiligsten Sakramentes offenbar nicht immer mit der gebotenen Ehrfurcht geschieht.“ Gastbeitrag von Martin Lohmann


Bonn (kath.net) Ich wurde als jemand, der seit vielen Jahren im Lebensrecht aktiv ist, von dritter Seite gefragt, ob es sinnvoll sein könnte, erklärten Abtreibungsbefürwortern den Zugang zur heiligen Kommunion zu verwehren. Das ist, wie ich als Theologe sehr wohl weiß, eine sehr schwierige Materie. Und ich kann nicht wirklich einschätzen, ob ein solches Vorgehen tatsächlich am Ende des Tages dem Lebensschutz helfen würde, ob es wirklich Gutes bewirken könnte. Zudem bin ich als jemand, der einen unglaublichen Respekt – oder besser: eine seit früher Kindheit vorhandene Ehrfurcht – vor dem Sakrament der Eucharistie hat, stets vorsichtig, wenn Verbote gefordert werden. Gleichwohl weiß ich, dass dieses Geschenk des Gottessohnes nicht uns „gehört“ und wir darüber nicht verfügen können, aber eine treuhänderische Pflicht besteht. Meine Antwort auf die oben genannte Frage habe ich dennoch versucht:

Könnte ein Verbot des Empfangs des Eucharistischen Herrn dem Lebensschutz helfen? Vor allem in den USA wird hier kräftig diskutiert. In Europa eher nicht. Das Thema wäre vermutlich ein mentales Minenfeld. Fragen tauchen auf: Darf man das? Ist das nicht unbarmherzig? Widerspricht das nicht dem Liebesgebot Gottes? Und anders gefragt: Würde ein solches Verbot wirklich jemanden erreichen und bewegen, der ohnehin nicht mehr wissen möchte, dass bei jeder Abtreibung ein noch nicht geborener Mensch getötet wird? Würde hier nicht auf zwei völlig verschiedenen Ebenen „miteinander“ kommuniziert?

Wer Antworten sucht, muss zunächst einmal sehen (wollen), was ist. Da gibt es einerseits die unstrittige Verurteilung der Tötung noch nicht geborener Menschen durch die Kirche. Das Zweite Vatikanische Konzil spricht im Blick auf die Abtreibung von einem verabscheuungswürdigen Verbrechen (Gaudium et spes, Artikel 51: „Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen. Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuenswürdige Verbrechen.“). Der heilige Johannes Paul II. – und nicht nur er – wusste, dass Abtreibung Mord ist. Auch Franziskus verweist darauf. Das wiederum trifft auf längst auch in Teilen der Kirche heimisch gewordene Vorstellungen, als sei das Töten eines ungeborenen Menschen letztlich ein Frauenrecht, eine „Sache“ der Frauen. Lebensrechtsgegner sprechen gar von einem „Menschenrecht“ auf Tötung.

Man kann nicht übersehen: Die Dauerdebatten von selbsternannten Frauenrechtlern und sogenannten Feministinnen zeigen Wirkung – und schüchtern ein. Selbst Bischöfe mit ihrem göttlichen Auftrag, die Wahrheit angstfrei zu verkünden – ob gelegen oder nicht –, schrecken vor Klarheit zurück und schweigen lieber. Man könnte ja anecken.

Zur Wirklichkeit des kirchlichen Lebens gehört auch, dass der Empfang des allerheiligsten Sakramentes offenbar nicht immer mit der gebotenen Ehrfurcht geschieht. Bisweilen scheint sich der Eindruck aufzudrängen, aus dem Empfang des sich mir schenkenden Gottes in der Brots-Gestalt seines göttlichen Sohnes ist eine Art Recht auf „meine“ Kommunion geworden. Der Glaube, in anbetender Haltung und Reinheit Gott selbst andächtig empfangen zu können, ist nicht selten einer alltäglichen und „berechtigten“ Gewohnheit des Dabeiseins gewichen. Wie sollte hier, im Alltag des Nicht-Wissens, ein Verbot der Kommunion etwas bewirken?

Und doch. Vielleicht muss der Anfang einfach einmal gewagt werden, um wieder ins Bewusstsein zu heben, dass die Heilige Kommunion etwas unsagbar Kostbares, Klares und Reines ist. Es ist die Begegnung mit dem gekreuzigten und auferstandenen Gottessohn, die nach wie vor voraussetzt, dass man sich darum bemüht, diese Privataudienz und dieses Eins-Werden mit Gott selbst nicht im Zustand der schweren Sünde zu suchen. Wer den Leib des Herrn unwürdig empfängt, isst sich das Gericht beziehungsweise macht sich schuldig am Leib des Herrn – heißt es in der Bibel.

Mag sein, dass solche Hinweise ebenso stören wie die Erinnerung, dass Jesus Christus keineswegs ein naiver Seelensoftie war, sondern Klarheit und Wahrheit predigte. Übrigens: ohne Angst vor Anecken. Es gehört zur auf Christus gegründeten Lehre der Kirche, dass man im Zustand der (schweren) Sünde vom Empfang des Sakramentes der Einheit mit Christus ausgeschlossen ist.

So gesehen könnte es helfen, Nachdenken und Erkenntniszuwachs auszulösen. Die heilige Eucharistie darf niemals Mittel zum Zweck sein, aber es ist dringend notwendig, der gelebten Ehrfurcht wieder eine erkennbare Chance zu geben. Sie ist nämlich nicht zuletzt auch ein Unterpfand des absoluten Rechts auf Leben.

Wer zur todbringenden Sünde einlädt, dafür wirbt oder sie begeht, wer zu einer schweren Sünde verführt oder sie verharmlost, der widersetzt sich eklatant dem Liebesgebot Gottes, für das nicht zuletzt die heilige Kommunion, also die heilige Einheit mit dem Gottessohn steht.

Aber, was ebenfalls ganz wichtig ist: Zur notwendigen Verkündigung gehört selbstverständlich auch, dass es Vergebung bei und durch Gott gibt – auch von schweren Sünden. Dazu gehören Reue sowie der Vorsatz, sich künftig von der Sünde abzuwenden. Reinheit ist möglich. Beichte und Kommunion gehören zusammen. Und deshalb ist das, was hier überlegt wird, eine Ermutigung zur Klarheit in der Seelsorge. Vor allem aber ist es ein klares PRO zum Leben – im durchaus möglichen Frieden mit Gott.

Pressefoto Martin Lohmann


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