"Wir sind wahre Freunde von Papst Franziskus"

30. September 2019 in Weltkirche


Eine Klarstellung zur Bedeutung der Treue zum Papst - Von Raymond Leo Kardinal Burke und Bischof Athanasius Schneider


Vatikan (kath.net)
Kein ehrlicher Mensch kann länger leugnen, dass eine fast allgemeine Verwirrung in der kirchlichen Lehre unserer Tage herrscht, vor allem wegen Unklarheiten über die Unauflöslichkeit der Ehe, die relativiert wird durch die Praxis der Zulassung zur heiligen Kommunion von Personen, die in irregulären Verhältnissen zusammenleben, wegen der wachsenden Akzeptanz homosexueller Handlungen, die der Natur und dem offenbarten Willen Gottes zuinnerst widersprechen, wegen der Irrtümer über die einzigartige Stellung unseres Herrn Jesus Christus und Seines Erlösungswerks, das durch irrige Erklärungen zur Vielfalt der Religionen relativiert wird, und besonders wegen der Anerkennung verschiedener Formen des Heidentums und von dessen Ritualen durch das Instrumentum Laboris für die bevorstehende Sonderversammlung der Bischofssynode für Pan-Amazonien.

Angesichts dieser Tatsachen verbietet uns das Gewissen zu schweigen. Wir als Brüder im Bischofskollegium sprechen mit Liebe und Respekt, damit der Heilige Vater die offensichtlich falschen Lehraussagen im Instrumentum Laboris für die bevorstehende Sonderversammlung der Bischofssynode für Pan-Amazonien eindeutig zurückweisen kann und der praktischen Abschaffung des priesterlichen Zölibats in der lateinischen Kirche durch die Billigung der Weihe sogenannter “viri probati” nicht zustimmt.

Mit unserer Intervention bringen wir als Hirten der Herde unsere große Liebe zu den Seelen, für die Person von Papst Franziskus selbst und für das göttliche Geschenk des Petrusamtes zum Ausdruck. Wenn wir dies unterließen, begingen wir eine große Sünde der Unterlassung und des Egoismus. Denn schwiegen wir, hätten wir ein ruhigeres Leben und empfingen vielleicht sogar Ehren und Auszeichnungen. Wenn wir jedoch schwiegen, würden wir unserem Gewissen Gewalt antun. In diesem Zusammenhang denken wir an die bekannten Worte Kardinal John Henry Newmans (seine Heiligsprechung soll am 13. Oktober 2019 erfolgen): “Ich erhebe mein Glas auf den Papst, wenn Sie möchten, aber vorher auf das Gewissen, und dann erst auf den Papst” (A Letter Addressed to the Duke of Norfolk on Occasion of Mr. Gladstone’s Recent Expostulation). Wir denken an die denkwürdigen und zutreffenden Worte Melchior Canos, eines der gelehrtesten Bischöfe während des Trienter Konzils: "Petrus braucht unsere Schmeichelei nicht. Diejenigen, die jede Entscheidung des Papstes blind und unüberlegt verteidigen, unterhöhlen am meisten die Autorität des Heiligen Stuhls: sie zerstören seine Fundamente, statt sie zu festigen”.

In letzter Zeit wurde eine Atmosphäre fast totaler Unfehlbarkeit päpstlicher Erklärungen geschaffen, also jedes Wortes aus dem Munde des Papstes, jedweder Verlautbarung und rein pastoraler Dokumente des Heiligen Stuhls. Praktisch abgeschafft ist die überlieferte Regel über die verschiedenen Ebenen der Äußerungen des Papstes und seiner Behörden mit ihren theologischen Bedeutungsgraden und der entsprechenden Zustimmungspflicht der Gläubigen.

Obwohl seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zum Dialog und zu theologischen Debatten ermutigt wurde, scheint es in unseren Tagen unmöglich geworden zu sein, aufrichtige intellektuelle und theologische Debatten abzuhalten und Zweifel zu äußern, wenn Verlautbarungen und Praktiken sowohl das Glaubensgut als auch die Überlieferung der Apostel ernsthaft gefährden und schädigen. Eine solche Situation führt dazu, dass die Vernunft und folglich auch die Wahrheit missachtet werden.

Diejenigen, die unsere Besorgnis kritisieren, bedienen sich im Wesentlichen lediglich sentimentaler Beweisgründe oder solcher der Macht. Sie wollen anscheinend keine ernsthafte theologische Auseinandersetzung. Die Vernunft wird einfach ignoriert und Beweisgründe unterdrückt.

Ehrliche und respektvolle Äußerungen von Besorgnis wegen Angelegenheiten von hoher theologischer und seelsorglicher Bedeutung im Leben der heutigen Kirche auch an die Adresse des Papstes werden sofort unterdrückt, in ein negatives Licht gerückt und mit verleumderischen Vorwürfen überschüttet: Es würden „Zweifel gesät“, man sei „gegen den Papst“ oder gar „schismatisch”.

Das Wort Gottes leitet uns durch die Apostel an, hinsichtlich der universellen und unwandelbaren Wahrheiten unseres Glaubens sicher, fest und kompromisslos zu sein und den Glauben gegen Irrtümer zu bewahren und zu verteidigen, wie der heilige Petrus, der erste Papst, schrieb: “Seid auf eurer Hut, damit ihr euch nicht durch den Irrwahn der Toren mit fortreißen lasset und eures festen Standes verlustig gehet!” (2. Pt. 3,17). Und der hl. Paulus schrieb: “... auf dass wir nicht mehr unmündige Kinder seien, hin- und herschwankend und umhergetrieben von jedem Winde der Lehre, durch die Bosheit der Menschen, durch die Arglist, welche durch Ränke der Irrlehre zu verführen weiß, vielmehr die Wahrheit üben in Liebe, und wachsen in allen Stücken in ihm, der das Haupt ist, Christus” (Eph. 4,14-15).

Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass der Apostel Paulus dem ersten Papst Vorwürfe machte. Es handelte sich um Vorfälle in Antiochien, die weniger schwerwiegend waren als die Irrtümer, die in unseren Tagen in der Kirche verbreitet werden. Der hl. Paulus ermahnte den ersten Papst öffentlich wegen dessen heuchlerischen Verhaltens und der daraus resultierenden Gefahr, die darin bestand, dass die Wahrheit, nach der die Vorschriften des mosaischen Gesetzes für Christen nicht mehr bindend waren, in Zweifel gezogen wurde.

Wie würde der Apostel Paulus heute reagieren, wenn er das Dokument von Abu Dhabi lesen würde, nämlich den Satz, dass Gott in seiner Weisheit gleichermaßen die Vielfalt der Geschlechter, der Nationen und der Religionen gewollt hätte (darunter auch solche Religionen, die Götzenanbetung und Lästerungen gegen Jesus Christus praktizieren)! Eine solche Behauptung führt tatsächlich zur Relativierung der einzigartigen Bedeutung von Jesus Christus und seines Erlösungswerks! Was würden der hl. Paulus, der hl. Athanasius und die anderen großen Gestalten des Christentums sagen, wenn sie einen solchen Satz sowie die Irrtümer im Instrumentum Laboris für die bevorstehende Sonderversammlung der Bischofssynode für Pan-Amazonien lesen würden? Unmöglich zu denken, sie würden schweigen oder sich durch Vorwürfe und Anklagen, sie sprächen “gegen den Papst”, einschüchtern lassen.

Als Papst Honorius I. im siebten Jahrhundert gegenüber der Ausbreitung der monotheletistischen Häresie, die den menschlichen Willen Christi leugnete, eine zweideutige und gefährliche Haltung einnahm, entsandte der hl. Sophronius, Patriarch von Jerusalem, aus Palästina einen Bischof nach Rom, mit dem Auftrag, solange zu reden, zu beten und nicht still zu bleiben, bis der Papst die Häresie verurteilt. Wenn der hl. Sophronius heute lebte, würde er sicher angeklagt werden, “gegen den Papst zu sprechen".

Die Erklärung von Abu Dhabi über die Vielfalt der Religionen und besonders die Irrtümer im Instrumentum Laboris für die bevorstehende Sonderversammlung der Bischofssynode für Pan-Amazonien tragen dazu bei, dass die unvergleichliche Einzigartigkeit der Person Jesu Christi und die Unversehrtheit des katholischen Glaubens verraten werden. Und es geschieht vor den Augen der ganzen Kirche und der Welt. Eine ähnliche Situation bestand im vierten Jahrhundert, als unter dem Schweigen fast aller Bischöfe, die Wesensgleichheit des Gottessohnes zugunsten zweideutiger semi-arianischer Lehren verraten wurde. Kurzzeitig beteiligte sich sogar Papst Liberius an diesem Verrat. Der hl. Athanasius wurde nie müde, diese Zweideutigkeit öffentlich anzuprangern. Papst Liberius exkommunizierte ihn im Jahr 357 "pro bono pacis", d. h. “um des Friedens willen”, um des Friedens willen nämlich mit Kaiser Konstantius und den semi-arianischen Bischöfen des Ostens. Der hl. Hilarius von Poitiers berichtete darüber und tadelte Papst Liberius wegen dessen zweideutiger Haltung. Es ist bezeichnend, daß Papst Liberius, im Gegensatz zu seinen Vorgängern, als erster Papst nicht im Römischen Martyrologium verzeichnet ist.

Unsere öffentliche Stellungnahme entspricht den folgenden Worten unseres heiligen Vaters Papst Franziskus: “Eine allgemeine und grundlegende Bedingung ist die folgende: Ehrlich reden. Niemand soll sagen: ‘Ich kann das nicht sagen, man wird das oder jenes von mir denken ...’. Es ist notwendig, alles, was man fühlt, mit parrhesia zu sagen. … Ein Kardinal schrieb mir: Welche Schande, dass mehrere Kardinäle nicht den Mut hatten, aus Respekt vor dem Papst bestimmte Dinge nicht auszusprechen, vielleicht weil sie dachten, der Papst könnte etwas anderes denken. Das ist nicht gut, es ist gegen das Prinzip der Synodalität, denn es ist nötig, alles, wovon man im Herrn fühlt, dass man es sagen muss, ohne höfliche Ehrerbietung, ohne Zögern zu sagen.” (Grußwort an die Synodenväter bei der ersten Generalversammlung der dritten außerordentlichen Tagung der Bischofssynode am 6. Oktober 2014).

Wir versichern im Angesicht Gottes, der über uns zu Gericht sitzen wird: Wir sind wahre Freunde von Papst Franziskus. Wir hegen eine übernatürliche Hochachtung für seine Person und für die höchste pastorale Autorität des Nachfolgers des hl. Petrus. Wir beten sehr viel für Papst Franziskus und ermutigen die Gläubigen, dies ebenfalls zu tun. Mit der Gnade Gottes sind wir bereit, unser Leben hinzugeben für die Wahrheit des katholischen Glaubens über den Primat des hl. Petrus und seiner Nachfolger, sollten Kirchenverfolger uns auffordern, diese Wahrheit zu verleugnen. Wir blicken auf die großen Vorbilder in der Treue zur katholischen Wahrheit des Primates des hl. Petrus, so auf den hl. John Fisher, Bischof und Kardinal der Kirche, auf den hl. Thomas Morus, einen Laien, und auf viele andere Heilige und Bekenner, und wir rufen ihre Fürbitte an.

Je mehr Laien, Priester und Bischöfe an der Unversehrtheit des Glaubensgutes festhalten und diese verteidigen, umso mehr unterstützen sie tatsächlich den Papst in seinem Petrusamt. Denn zuallererst in der Kirche gilt für den Papst die Mahnung der Heiligen Schrift: “Das Vorbild heilsamer Worte, welche du von mir gehört hast, bewahre im Glauben und in der Liebe, die in Christus Jesus sind. Behüte das anvertraute kostbare Gut durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt” (2. Tim. 1,13-14).


Raymond Leo Kardinal Burke
Bischof Athanasius Schneider

den 24. September 2019
Gedächtnis Mariä vom Loskauf der Gefangenen


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