11. Oktober 2019 in Kultur
GfbV hatte Peter Handke schon 1996 vorgeworfen, alle Belege für Genozid in Bosnien mit 100.000 Toten, etwa 30.000 vergewaltigten Frauen, mit über 100 Konzentrations- und Internierungslagern sowie etwa 750 bisher entdeckten Massengräbern zu ignorieren
Göttingen (kath.net/GfbV) Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert die Verleihung des Nobelpreises für Literatur an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke: Während des Bosnienkrieges hat sich Handke bedingungslos an die Seite serbischer Kriegsverbrecher gestellt, erinnert Jasna Causevic, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung. Anstatt den laufenden Genozid klar zu benennen, fabulierte er von einer weltweiten Journalistenverschwörung zum Nachteil Serbiens. Dem als Kriegsverbrecher angeklagten Slobodan Milosevic habe er bis zu dessen Tod im Den Haager Gefängnis die Treue gehalten. Auf der Beerdigung des serbischen Politikers hielt er eine Trauerrede. Es ist vollkommen unverständlich, warum das Nobelpreiskomitee die intellektuelle Unterstützung für den Völkermord auszeichnet, so Causevic.
Die GfbV hatte dem Schriftsteller schon 1996 vorgeworfen, alle Belege für den Genozid in Bosnien mit 100.000 Toten, etwa 30.000 vergewaltigten Frauen, mit über 100 Konzentrations- und Internierungslagern sowie etwa 750 bisher entdeckten Massengräbern zu ignorieren. Die Menschenrechtsorganisation veröffentlichte damals einen Band mit 16 Beiträgen von Schriftstellern, Journalisten und Menschenrechtlern unter dem Titel Die Angst des Dichters vor der Wirklichkeit, um Handkes kruden Thesen entgegenzutreten.
Handkes Pamphlet Winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien sorgte damals für allgemeines Bestürzen. Darin hatte er Krieg und Völkermord geleugnet. Eine Einladung der GfbV, mit den überlebenden Opfern des Völkermordes in Bosnien zu sprechen und Schauplätze der Massaker zu besuchen, hatte der Schriftsteller abgelehnt. Eine Podiumsdiskussion im Frankfurter Schauspielhaus mit dem damaligen GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch brach Handke nach den ersten Minuten aufgebracht ab, weil Zülch von serbischen Konzentrationslagern in Bosnien gesprochen hatte, mit den Worten: "Zülch, du Arschloch, die Diskussion ist beendet."
Archivfoto: Begräbnis (2007) von 465 identifizierten Opfern des Massaker von Srebrenica 1995 (c) Wikiepdia/Almir Dzanovic/CC BY-SA 3.0
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