Abtreibung ist gegenüber der Frau wie dem Kind menschenverachtend

11. Oktober 2019 in Schweiz


Seelische Folgen der Abtreibung werden in Deutschland mit staatlicher Hilfe untersucht und mit finanzieller Hilfe unterstützt. Warum in der Schweiz nicht? - Gastkommentar von Pius Stössel, Präsident des Stiftungsrates JA ZUM LEBEN Schweiz


Zürich (kath.net)
Der deutsche Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erhält für eine Studie zu den stark zunehmenden seelischen, psychischen Folgen von Abtreibungen fünf Millionen Euro extra aus dem Bundeshaushalt. Laut der Kabinettsvorlage gebe es für die Jahre 2020 bis 2023 jeweils 1,25 Millionen Euro!

Begründung: Nach Angaben von Experten leiden immer mehr Frauen nach einer Abtreibung unter psychosomatischen Störungen. Die Symptome reichen von Antriebs-, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, starken Stimmungsschwankungen, einem verminderten Selbstwertgefühl, Panikattaken bis zu Selbstmordgedanken. Bei manchen Betroffenen träten die Symptome erst Jahre später auf, wenn sie wieder schwanger werden, oder wenn sie eine schwangere Frau sähen oder eine Frau mit Kinderwagen. Frauen würden teilweise jahrelang erfolglos psychotherapeutisch behandelt, weil in der Therapie gar nicht über die Abtreibung als Ursache gesprochen werde! Viele Ärzte würden die Folgeerkrankung «Post- Abortion-Syndrom» – die Leiden der Frauen nach Abtreibung – nicht kennen oder nähmen sie nicht ernst.

Der weltberühmte Embryologe Professor Dr. med. Erich Blechschmidt aus Göttingen stellte eindeutig fest: «Ein Mensch wird nicht Mensch, sondern ist Mensch, in jeder Phase seiner Entwicklung, von der Befruchtung an.» Das Herz schlägt bereits seit dem 18. – 25. Tag. Jedes Leben ist ein Geschenk Gottes. Alle Menschen sind nach dem Abbild Gottes geschaffen. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Doch die Menschenwürde ist angetastet. In den letzten Jahrzehnten scheint unsere Gesellschaft ihren moralischen Kontakt verloren zu haben. Abtreibungen gelten als «gesellschaftlich» akzeptiert. Der Mutterleib ist zu einem ungeschützten Ort geworden. Abtreibung ist weltweit die Todesursache Nummer 1!

Das RECHT AUF LEBEN und die Menschenwürde der Ungeborenen, der Embryonen, wird durch die Pränataldiagnostik immer mehr gefährdet. Pränataldiagnose heisst kurz gesagt: «Nachschauen, um vielleicht zu töten!» Die vorgeburtlichen Untersuchungen setzen die Eltern des Kindes unter einen enormen Druck. Wer heute schwanger wird, ist oft nicht mehr freudig oder «guter Hoffnung». Die Schwangerschaft ist in zwei Phasen geteilt: Zunächst die Frage, ob das Kind jetzt willkommen ist bzw. ob das Kind nach einer unauffälliger PID akzeptiert wird. Dann kann es heissen: «Wollen Sie das Kind trotzdem?» Bei der PID werden bis zu 7 Embryonen hergestellt, maximal 2 werden dann der Frau implantiert. Bei der PID wird der Embryo zum Objekt, seine Tötung ist Voraussetzung und einkalkuliert. Mit der Zulassung der PID hat der Staat Rahmenbedingungen geschaffen, die nicht nur die Würde aller Menschen nicht schützen, sondern die ein gestuftes, graduelles bzw. qualitatives Würdeverständnis propagieren. Doch die Würde des Menschen muss unantastbar bleiben, d. h. muss wieder unantastbar werden! Zum menschlichen Leben gehört auch das Ungeborene. Auch ihm gehört der Schutz des Staates!

Ich denke, angesichts der täglichen massenhaft stattfindenden Menschenrechtsverletzung gegenüber Ungeborenen ist es nicht übertrieben, zu sagen, dass es einen blinden Fleck in der Gesellschaft und Politik, ja sogar in unseren Gesetzen gibt. Wir sind auf dem Weg in eine eugenische Gesellschaft! Es gibt keinen Weg, es gibt kein gutes Töten! Die vorgeburtliche Selektion von Embryonen ist menschenverachtend und muss gestoppt werden!

Beim Thema Abtreibung könnten unsere Gesellschaft und unsere Politik auch sofort beginnen.

– Wer Frauen wirklich helfen will, bewahrt sie vor Schaden und bereichert sich nicht an ihrer Konfliktlage.
– Wer Frauen wirklich helfen will, löst ihre tatsächlichen Probleme und beseitigt nicht ihre Kinder.
– Wer Frauen wirklich helfen will, bietet ihnen nicht die Tötung ihrer eigenen Kinder als Lösung an.

Abtreibung ist gegenüber der Frau wie dem Kind menschenverachtend. Wie wir mit den Schwächsten unserer Gesellschaft umgehen, wird unsere Kultur des Zusammenlebens nachhaltig prägen. Familien werden zudem finanziell mit jedem Kind mehr durch die Ausgaben für den Lebensunterhalt belastet, obwohl sie entlastet werden müssten.

Die Häufigkeit seelischer und psychischer Störungen (Post-Abortion-Syndrom) nach einer Abtreibung nehmen aufgrund unserer bisherigen 45-jährigen Erfahrung von Jahr zu Jahr immer mehr zu, machmal sogar bis zum Lebensende. In der Öffentlichkeit gelten Abtreibungen oft als schnelle «Problemlösung» im Falle einer unwillkommenen Schwangerschaft. Seit Inkrafttreten der Fristenlösung am 1. Oktober 2002 wurden in der Schweiz ca. 200 000 ungeborene Kinder im Mutterleib getötet! Jedes Jahr sind es gemäss eidg. Statistik mehr als 10 000 ungeborene Kinder! Die Uno selbst beziffert die offiziellen Opferzahlen der so im Mutterleib schutzlos um ihr Leben gebrachten ungeborenen Kinder auf der ganzen Welt mit dem beinahe unvorstellbaren Ausmass von 55 bis 65 Millionen pro Jahr!

Es gibt nur einen Weg: Die gesetzliche Rücknahme der straffreien Abtreibung und unsere intensiven, erdenklichen Anstrengungen zum unantastbaren Schutz des menschlichen Lebens und zur Förderung unserer Familien!

Bereits vor 24 Jahren hat unser Stiftungsrat auf die gravierenden, schwerwiegenden Probleme der Folgen der Abtreibung in unserem Buch «Myriam, warum weinst Du?» aufgrund kompetenter Fachärzte und authentischer Erlebnisberichte betroffenen Frauen hingewiesen. Anlässlich zahlreicher Beratungsgespräche mit betroffener Frauen, die unter der Abtreibung seelisch und psychisch sehr leiden, haben wir uns sehr intensiv mit diesem seelischen-psychischen Leiden dieser Frauen befasst.

Mit der Herausgabe unseres Buches «Myriam, warum weinst Du? – die Leiden der Frauen», haben wir auf die sehr vielen Leiden der Frauen nach einer Abtreibung aufmerksam machen wollen. Inzwischen ist unser Buch in 20 Sprachen übersetzt und in 31 Ländern verbreitet worden. Im Inselstaat Ostasien, Taiwan, Republik China, ist «Myriam» nun in die chinesische Sprache übersetzt und mit grossem Erfolg verbreitet worden.

25 000 Personen haben die an unsere Landesregierung gerichtete Petition «Abtreibungsfolgen öffentlich machen» unterzeichnet. Der Bundesrat wurde gebeten, ein umfassendes Bild über die schwerwiegenden Folgen der Abtreibung zu verschaffen und eine Verbesserung der Informationspflicht durch Ärzte, Beratungsstellen an Schulen und Spitälern zu verlangen. Doch die Antwort vom zuständigen Amt, von Bundesrat Berset, ist sehr enttäuschend und auch unverständlich. Er zeigt kein Interesse, die gravierenden seelischen Folgen der Abtreibung anzugehen, obwohl die Zahl der leidenden Frauen in unserem Lande immer mehr zunehmen.

Wir stellen eindeutig fest, dass über die gravierenden Folgen der Abtreibung in unserem Lande viel zu wenig gesprochen wird. Es darf doch nicht sein, dass wir uns der Leiden dieser Frauen nicht annehmen wollen und so viele ungeborene Kinder jedes Jahr getötet werden!

Ich habe zwei grosse Bitten an unsere Bundesparlamentarier:

1. Zur Bewusstseinsbildung in unserem Volke beschliessen Sie bitte einen «Tag des ungeborenen Kindes!» als Sensibilisierung für die dringende Notwendigkeit des Schutzes des ungeborenen Lebens.

2. Bitte beschliessen Sie infolge der zunehmenden, gravierenden, schwerwiegenden, psychischen Folgen nach einer Abtreibung untersuchen zu lassen und bewilligen Sie auch entsprechende Kosten zur Abklärung: «Folgen der Abtreibung» für die nächsten fünf Jahre im Parlament.

Wer einen Staat der Zukunft haben will, schützt die unbedingte und unverlierbare Würde seiner Bürger, insbesondere die ungeborenen, wehrlosen Kinder und bietet den Frauen Hilfe in psychischer, seelischer Not. Nur wenn es den schwächsten Gliedern des Staates gut geht, geht es auch langfristig gesehen allen gut. So steht es ja auch in der Präambel: Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen. Im Namen vieler Frauen, die unter ihrer Abtreibung sehr leiden, und der vielen ungeborenen Kinder in unserem Lande, die leben dürfen, danke ich Ihnen sehr herzlich für Ihre Unterstützung. Gott möge Ihnen Ihren vorbildlichen Einsatz zum Wohle unserer Leidenden und der ungeborenen Kinder in unserem Lande reichlich vergelten.

Pius Stössel ist Präsident des Stiftungsrates JA ZUM LEBEN – Mütter in Not in der Schweiz

Archivfoto: Symbolbild


© 2019 www.kath.net