6. Dezember 2019 in Kommentar
Wenn Sie am kommenden Sonntag noch immer nicht die Synodalkerze, sondern die zweite Adventskerze anzünden, sind auch Sie wahrscheinlich ein christlicher Nonkonformist. Gastbeitrag von Thorsten Paprotny
Hannover (kath.net) Am Samstag vor dem Christkönigsfest war ich zu einer Hochzeit eingeladen. Für das Brautamt hatte das Paar eine Lesung aus dem Römerbrief ausgewählt. Das ist so außergewöhnlich wie lobenswert, besonders in Zeiten wie diesen. Empfiehlt uns der heilige Paulus doch Entweltlichung und damit Erneuerung in Christus: Gleicht euch nicht dieser Welt an!
Auch Papst Benedikt XVI. hat am 15. Februar 2012 beim Besuch des Priesterseminars in Rom in seiner Lectio divina über diese Abschnitte meditiert. Adressiert sind die Worte des Apostels historisch an die Gemeinde in Rom, aber da wir als Katholiken auf gewisse Weise alle in Rom geboren und zu Hause sind, gilt sein Wort nicht weniger uns heute. Treue Katholiken sind auch heute angefochten von den Wirrnissen dieser Weltenzeit, irritiert über die Aufbruchsrhetorik der synodalen Experimentalisten und verwundert über die mediale Geschmeidigkeit mancher ihrer Hirten.
Benedikt XVI. empfahl seinerzeit einen christlichen Nonkonformismus. Er kritisierte vor allem die Macht der öffentlichen Meinung, die auch eine Macht des Scheins sein könne: Der Schein überlagert die Wirklichkeit, wird wichtiger als sie, und der Mensch folgt nicht mehr der Wahrheit seines Seins, sondern will vor allem dem Schein folgen, dieser Realität entsprechen. Und auch dagegen gibt es den christlichen Nonkonformismus: Wir wollen nicht immer konform, angepasst sein, gelobt werden, wir wollen nicht den Schein, sondern die Wahrheit, und das gibt uns Freiheit, und zwar die wahre christliche Freiheit: das frei sein von dieser Notwendigkeit, gefallen zu wollen, so zu reden, wie die Masse denkt, dass es sein müsste, und die Freiheit der Wahrheit zu haben, und die Welt neu zu schaffen, so daß sie nicht von der Meinung, vom Schein unterdrückt wird, der die Wirklichkeit nicht mehr hervortreten lässt. Wir sind ja nicht dazu berufen, die Zeichen der Zeit auf- und anzunehmen, sondern Zeugen des Herrn zu sein in der Welt von heute und die Zeitzeichen im Licht des Evangeliums zu deuten. Nicht den Trends und Meinungen dieser Welt, so Benedikt, sollen wir uns unterwerfen, weder unseren eigenen Okkupationen noch jenen, die uns nahegelegt und aufgetragen werden, sondern nur dem Herrn und Seiner Kirche dienen: Der Nonkonformismus des Christen erlöst uns, er gibt uns der Wahrheit zurück. Bitten wir den Herrn, damit er uns helfe, freie Menschen zu sein in diesem Nonkonformismus, der nicht gegen die Welt ist, sondern wahre Liebe zur Welt.
Manchmal kann ich Kritiker der Kirche durchaus verstehen: Der Missbrauchsskandal hat die Kirche in Deutschland erschüttert und gekommen ist nur der Synodale Weg. Einzelne Geistliche haben sich tief in Schuld verstrickt, einige sind Missbrauchstäter geworden und andere erheben oder verstehen einen Generalverdacht gegen Priester überhaupt oder suchen nach systemischen Ursachen, die den Missbrauch begünstigen. Das reicht bis zu der grotesken Behauptung, dass der Zölibat, also die Lebensform Jesu Christi, in Frage gestellt wird. Wer das alles nicht mehr versteht und nur ratlos den Kopf schüttelt, der ist nicht naiv, sondern ein christlicher Nonkonformist. Wenn Sie am kommenden Sonntag noch immer nicht die Synodalkerze, sondern die zweite Adventskerze anzünden, sind auch Sie wahrscheinlich ein christlicher Nonkonformist. Wenn Sie lieber Komm, du Heiland aller Welt als Danke für diesen guten Morgen, danke für den Synodalen Weg singen, sind Sie ein christlicher Nonkonformist. Wenn Sie sich zum Credo der Kirche bekennen, sind Sie ein christlicher Nonkonformist.
Papst Benedikt XVI. sagte zudem: Den Willen Gottes erkennen: das können wir nur lernen auf einem gehorsamen, demütigen Weg, mit dem Wort Gottes, mit der Kirche, mit den Sakramenten, mit der Meditation der Heiligen Schrift. Den Willen Gottes zu kennen und zu unterscheiden, wie gut ist das. Das ist grundlegend in unserem Leben.
Dr. Thorsten Paprotny lehrte von 1998-2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte 2018 den Band Theologisch denken mit Benedikt XVI. im Verlag Traugott Bautz und arbeitet an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.
kath.net-Buchtipp
Theologisch denken mit Benedikt XVI.
Von Thorsten Paprotny
Taschenbuch, 112 Seiten
2018 Bautz
ISBN 978-3-95948-336-0
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♫ Thomanerchor Leipzig, Leitung: Georg Christoph Biller - Johann Sebastian Bach - Nun komm der Heiden Heiland BWV 62
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